Eine Welt ohne Amerika?

Ein britischer Internet-Sender, der konservative Gegenaufklärung und Kampagnen realisiert, hat ein "virales Video" gegen die grassierende Anti-USA-Stimmung produziert

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In Großbritannien haben Konservative Ende des letzten Jahres ein neues Projekt gestartet, um mit Filmen oder Fernsehen über das Web die politische Kultur zu beeinflussen. Der Internetsender heißt wie die Straße, in der sich das Büro befindet: 18 Doughty Street TV. Gegründet wurde er von konservativen Bloggern Iain Dale und Tim Montgomerie, das Geld stammt von Stephen Shakespeare, den Gründer des Meinungsinstituts YouGov. Ein Unterprojekt ist BritainandAmerica.com, womit die "spezielle Beziehung zwischen Großbritannien und den USA" gepflegt und den amerikakritischen britischen Medien USA-freundliche Informationen entgegengesetzt werden sollen. Jetzt hat man ein Video als eine Hymne an die USA in YouTube gestellt, um "viral" die Botschaft unter den skeptischen Menschen zu verbreiten (wozu nun auch Telepolis noch beigetragen hat).

Angeblich ist das "erste britische Web-TV", das Nachrichten, Diskussionen und Interviews (Talk-TV) sendet, Blogs veröffentlicht, politische Clips produziert und Kampagnen durchführt, politisch "unabhängig von allen Parteien". Auch wenn die vier Direktoren Mitglieder der Konservativen Partei sind, würde man das hintansetzen und sich auch schon einmal kritisch mit dieser beschäftigen. Aber eher geht es doch gegen die Liberalen oder die Labour-Partei, bei den Medien steht besonders die BBC unter Beschuss. Ansonsten sei man "anti-establishment" und will den britischen Politikern beibringen, wie man in den USA politische Kampagnen durchführt und das Internet benutzt.

So hat man beispielsweise die besten britischen Blogger eingeladen, sich zu beteiligen, und will den Bürgerjournalismus fördern. Wer mitmacht, erhält einen Camcorder und kann losziehen. Ein Netzwerk von 100 solcher Bürgerjournalisten soll aufgebaut werden. Registrieren kann man sich schon, wann das Projekt startet, ist unbekannt.

Wie man Kampagnen macht, soll nun wohl A World Without America vorführen. Das Video wurde auf YouTube gepostet und soll sich auch über E-Mails verbreiten. Gegen den "grassierenden Antiamerikanismus" will man zeigen, dass die Welt ohne die USA "weniger frei, weniger gesund und weniger wohlhabend" wäre. Und auch wenn die Unterstützung der Irak-Politik des Weißen Hauses in den USA selbst massiv bröckelt, wollen die britischen Konservativen noch einmal dafür werben, dass der Einmarsch richtig war:

Den Großteil der letzten 50 Jahre hat Europa vom Sicherheitsschirm Amerikas und von der Dynamik der amerikanischen Wirtschaft und Wissenschaft profitiert. Der Werbeclip endet mit der Behauptung, dass die Welt, wenn die von den USA geführte Koalition nicht in den Irak einmarschiert wäre, jetzt vielleicht von einem Saddam Hussein mit Atomwaffen als Geisel gehalten werden könnte.

Tim Montgomerie

Das ist schon ziemlich plump, gerade nach all den Lügen über den angeblichen Besitz von Massenvernichtungswaffen. Oder scheint da möglicherweise – wohl ungewollt - eine leise Ironie auf? Den konservativen Bloggern aus den USA scheint der Clip jedenfalls zu gefallen.

Auch ansonsten scheut man nicht drastische Veranschaulichungen, was gewesen ware, hätte es die USA nicht gegeben. In den 50er Jahren wären die Russen unter Stalin in Paris einmarschiert, in den 60ger Jahren würde sich wieder Kinderlähmung ausbreiten, in den 70er Jahren wären arabische Truppen mit russischer Luftunterstützung in Tel Aviv einmarschiert und hätten die Israelis vertrieben, in den 80er wäre der Hunger in Asien gewachsen, Ende der 90er hätte Hussein Atomwaffen gehabt. Am Schluss gehen die fiktiven Nachrichten in Begriffe über, die auf dem Bildschirm auftauchen und verschwinden, um daran zu erinnern, was die Welt den USA verdankt, beispielsweise ein freies Afghanistan, Nylon, Elvis Presley, ein demokratisches Nicaragua, den Schutz der Handelsrouten, Coca Cola, Tiefkühllebensmittel, das Auto oder den Büstenhalter.