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Weltweit tüfteln Forscher an winzigen Verbrennungsmotoren für Laptops und Handys

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Der neue Turbo-Power-Notebook mit 3,5 GHz macht Krach, wird heiß, riecht komisch und hat nach einer Stunde den ewig schweren Akku geleert? Nun, es könnte noch schlimmer kommen…

Akkus nerven. Ständig muss man sie aufladen, und wenn man Pech hat, fällt ihre Leistungskurve ausgerechnet dann steil nach unten ab, wenn man sie am nötigsten braucht. Der Grund dafür ist simpel: Akkus haben – ebenso wie Batterien – einen geringen Energieinhalt. Lithium-Ionen Akkus zum Beispiel haben eine Energiedichte von 1,2 Megajoule pro Kilogramm, Alkali-Batterien bringen es gerade mal auf die Hälfte. Im Gegensatz dazu sind in flüssigen Kohlenwasserstoffen wie Propan oder Butan ganze 45 Megajoule pro Kilogramm enthalten. Mit anderen Worten: in jedem Wegwerf-Feuerzeug steckt mehr Power als in einer Baby-Zelle.

Forscher geraten bei solchen Zahlen ins Schwärmen. Kein Wunder, dass sie, wie der New Scientist berichtet, alles unternehmen, um Butan & Co. auch in Handys, Laptops und Gameboys einzubauen. Forscher wie Paul Ronney von der University of Southern California in Los Angeles halten es gar für möglich, dass es eines Tages zur Fusion des Feuerzeug-Giganten BIC mit dem Chiphersteller Intel kommt. Klingt wie ein Witz, ist es aber nicht. Insbesondere in den Vereinigten Staaten wird derzeit in mehreren Labors am Mini-Verbrennungsmotor getüftelt. Dabei werden die unterschiedlichsten Motorentypen geschrumpft und auf ihre Leistungsfähigkeit geprobt.

Power-Notebook mit 50 PS?

Carlos Fernandez-Pello und seine Kollegen von der University of California in Berkeley zum Beispiel haben einen winzigen Wankelmotor gebaut, der nicht viel größer ist als ein Häufchen Kleingeld. Das Herzstück dieses Motors ist eine erdnussförmige Kammer, in der sich ein dreieckiger Rotor mit etwa einem Zentimeter Durchmesser befindet. Der Winzling – den man auf der Website des Instituts in Aktion sehen kann – produziert rund 10 Watt, doch die Forscher wollen es auf 30 bis 60 Watt bringen. Soviel braucht es mindestens, um Laptops, PDAs und andere Gerätschaften anzutreiben.

Den Forschern ist bewusst, dass sie noch einiges vor sich haben, aber sie sind überzeugt davon, das Schwierigste hinter sich zu haben. Bislang galt ein Motor mit etwa fünf Zentimetern Durchmesser, wie er in Modellflugzeugen verwendet wird, als kleinstmögliche Lösung. Denn je kleiner der Motor, desto ungünstiger das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen. Die Folge: Die Flammen kommen in Kontakt mit einer großen, kühlen Oberfläche und erlöschen. Fernandez-Pello und seinem Team gelang es, die Wände warm zu halten, indem sie mehrere Motoren übereinanderstapelten und die Abgase recycelten.

Allerdings mussten sie Kompromisse eingehen, was den Treibstoff angeht: der Winz-Wankelmotor läuft mit Wasserstoff. "Wasserstoff entzündet sich schneller und brennt schneller als Butan" sagt Fernandez-Pello. Dadurch läuft der Motor schneller und liefert mehr Energie. Außerdem wird der Treibstoff komplett verbrannt. Langfristig jedoch wollen die Forscher mit Butan arbeiten, denn Butan ist bei Raumtemperatur flüssig und damit einfacher zu transportieren.

Kolbenmotor oder Gasturbine?

Einen anderen Motortyp haben Forscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an der Katholischen Universität im belgischen Leuven im Visier: Sie arbeiten an Gas-Turbinen-Motoren auf Mikroskala. Und am Georgia Institute of Technology in Atlanta tüftelt man an einem Motor, bei dem sich ein Kolben innerhalb einer zylindrischen Kammer frei bewegt. Beide Enden des Zylinders fungieren als Brennkammern und indem auf beiden Seiten Treibstoff verbrannt wird, wird der Kolben in Bewegung gehalten.

Im Zentrum all dieser Versuche stehen konventionelle Motorentypen, doch darüber hinaus gibt es auch Teams, die an neuartigen Lösungen arbeiten. Paul Ronney von der University of Southern California in Los Angeles zum Beispiel verfolgt eine Idee, die Felix Weinberg vom Imperial College in London vor über 30 Jahren aufgebracht hat. Weinbergs Ziel war eine Apparatur, die in der Lage ist, schwache Treibstoff-Luft Gemische zu verbrennen. Das Problem: Um eine solche Verbrennung am Laufen zu halten, müssen sowohl die Wände der Brennkammer als auch der Treibstoff selbst unentwegt warm gehalten werden. Um das zu gewährleisten, entwickelte er einen Wärmeaustauscher, in welchem das einströmende, kühle Gasgemisch parallel zu den ausströmendem, heißen Abgasen geleitet wird. Um die Wärmewirkung zu erhöhen, verwandelte er das Ganze in eine Spirale. Der Vorteil: doppelter Wärmeaustausch im Inneren der Spirale und minimaler Wärmeverlust an der Außenseite. Die Apparatur erhielt den Namen "Swiss roll" (Biskuitrolle).

Ronney und sein Team glauben, dass die "Swiss roll" der Schlüssel zum Erfolg ist. Sie bauten einen winzigen Prototyp aus Titan und Keramik, kaum größer als ein Stück Würfelzucker. Um die Verbrennung am Laufen zu halten befindet sich im Inneren der Brennkammer ein Katalysator in Form eines Fitzelchens Platin. Indem Treibstoff und Wände vorgewärmt werden, kann die Verbrennung selbst bei Temperaturen zwischen 500 und 700 Grad Celsius ablaufen. Dabei hat das Team etwas entdeckt, das wichtige Hinweise darauf gibt, wie Verbrennungen im Miniaturmaßstab ablaufen. Und zwar konnten die Forscher im Inneren der Brennkammer keine Flamme entdecken. Normalerweise müssten blaue Flammen zu sehen sein – so wie bei jedem Küchenherd oder Bunsenbrenner. Ronneys Motor dagegen produzierte unsichtbare Flammen. Die Forscher vermuten nun, dass Verbrennung im Miniaturmaßstab eine "kühle Flamme" (New Scientist, 5. Juni 2004, Seite 28), produziert, die bei weitaus geringeren Temperaturen brennt als die Alltagsflamme.

Bislang nur heiße Luft

Noch ist Ronneys Motor nicht einsatzfähig, denn bislang produziert er nichts als heiße Luft. Das Problem ist der hohe Wärmeverlust, der dazu führt, dass für den Antrieb selbst keine Energie mehr übrig bleibt. Deshalb will sein Team thermoelektrische Elemente in die "Swiss roll" einbauen und die Hitze direkt in Energie verwandeln. Auch die kalifornische Firma Microfabrica experimentiert mit der "Swiss roll", und Ronney ist überzeugt davon, dass sich mit der Apparatur mindestens 150 Milliwatt an Energie erzeugen lassen, genug, um Alkalibatterien zu ersetzen.

In eine andere Richtung forschen Sossina Haile und ihr Team am California Institute of Technology in Pasadena: Sie haben eine Brennstoffzelle innerhalb der Wärmespirale platziert. Allerdings haben sie dazu keine herkömmliche Brennstoffzelle verwendet. Denn die haben eine Reihe von Nachteilen. Zum Beispiel brauchen sie eine hohe Betriebstemperatur, was eine Verwendung in tragbaren Geräten bislang unmöglich machte. Hailes Team jedoch entwickelte eine neuartige Brennstoffzelle – eine Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC, Solid Oxide Fuel Cell), die im Inneren eine Hitze von mehreren hundert Grad Celsius produziert – und außen mit bloßer Hand berührt werden kann. Die Kombination dieser Brennstoffzelle mit der "Swiss roll" könnte die ideale Kombination sein.

Wie so viele Cutting-Edge-Technologien wird auch die Operation Winzmotor von DARPA, der Forschungsabteilung des US-Militärs, gefördert. Schließlich versprechen Minimotoren mehr Mobilität, und die steht auf der Wunschliste der Generäle ganz oben. Wenn es nach Professor Fernandez-Pello geht, dann dürfen die Herrschaften hoffen. Denn nachdem es Fernandez-Pello gelungen ist, einen Motor auf Zentimetergröße zu schrumpfen, ist sein nächstes Ziel ein Motor, der auf einen Chip passt – "der neue Pentium-Prozessor mit 8 GHz und 3 PS"…oder die wirklich Formel-1-mäßige Digitalkamera