Elektrogeräterecycling macht Probleme

Grafik: TP

Elektrische und elektronische Geräte können seit vielen Jahren über die öffentlichen Recyclinghöfe zurückgegeben werden - Inzwischen gibt es auch die Möglichkeit, diese Geräte im einschlägigen Handel zurückzugeben

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Die abfallwirtschaftliche Ziele in Deutschland lauten: Vermeiden, Wiederverwendung, Recycling. Die ersten beiden Ziele werden in der Praxis jedoch nur gegen große Widerstände erreicht. Hersteller, die besonders langlebige Produkte verkaufen, haben mit dem systembedingten Nachteil zu kämpfen, dass ihre Produkte vielfach deutlich schwerer sind als die billigen Wettbewerber. Daher fallen entsprechende höhere Kosten für die Absicherung des Recyclings an, auch wenn diese Produkte aufgrund ihres Wertes und ihrer Langlebigkeit gar nicht recycled werden.

Viele dieser hochwertigen Geräte bleiben in der Praxis länger in der Familie als die Kinder. Dennoch müssen ihre Hersteller neben den höheren Gebühren im Rahmen ihrer Recyclingverpflichtung auch völlig andere Elektrogeräte zurücknehmen, von welchen kein einziges Teil in ihrer Produktion wieder eingesetzt werden kann.

Wollte man Geräte nicht nur stofflich recyclen, sondern Teile auch wiederverwenden, so würden für diese Geräte nicht nur Demontageanleitungen vom Hersteller zur Verfügung gestellt werden, sondern eindeutige Dokumentationen zu den einzelnen Bauteilen. Derartige Informationen werden den üblichen Elektrogeräten jedoch schon seit Generationen nicht mehr beigefügt und sind auch im Netz nicht erhältlich. Nach vorliegenden Informationen untersagen große Hersteller in ihren Ausschreibungen eine Wiederverwendung sogar ausdrücklich.

Onlinehandel durch fernöstliche Anbieter und Automobilindustrie

Derzeit gibt es zwei Bereiche, welche nach dem ElektroG zwar formal der Recyclingpflicht und den dafür anfallenden Kostenbelastung unterliegen, in der Praxis jedoch davon ausgenommen sind. Und dies ganz einfach, weil niemand die Verstöße verfolgt.

Im Onlinehandel können Anbieter aus China oder Hongkong ihre Webshops mit .de-Endung betreiben und die Ware auch nach Deutschland liefern, ohne die einschlägigen Gesetze zu erfüllen. Die Ware wird dazu palettenweise in Zollfreilager innerhalb des EU-Binnenmarkts geliefert, wo sie weder verzollt, noch versteuert werden müssen. Und von diesen Fulfillment-Centern geht es dann unter dem Schutz des Postgeheimnisses zum Empfänger in Deutschland. Für diese Produkte werden einerseits keine Recycling-Abgaben abgeführt, wie sie von inländischen Herstellern oder Händlern zu bezahlen sind.

Andererseits besteht auch faktische keine Möglichkeit die Geräte auf die Einhaltung von Ökodesign-, EMV- und Sicherheitsvorschriften zu überprüfen. Dass der Besteller in diesen Fällen keine Herstellergarantie in Anspruch nehmen kann, wird aufgrund des niedrigen Kaufpreises meist akzeptiert. Es hat jedoch auch schon Fälle gegeben, in welchen der Käufer eines minderwertigen Fake-Produkts vom Originalimporteur gefordert hat, dass dieser ihm das Fake-Produkt kostenlos gegen eine Originalversion austauscht.

Wie man die Umgehungslieferungen mit Hilfe der zollfreien Fulfillment-Centern im EU-Binnenmarkt verhindern könnte, zählt schon seit Jahren zu den großen Fragezeichen. Da die Zolleinnahmen an der EU-Außengrenze nicht dem Land, das sie erhebt, zufließen, sondern an die EU nach Brüssel abgeführt werden müssen, ist das Interesse daran bei den lokalen Behörden eher gering. Das Gleiche gilt für die Einfuhrumsatzsteuer, die bei der Ausfuhr wieder zu erstatten wäre, als nicht im Lande verbleiben würde. Der deutsche Zoll kann den innergemeinschaftlichen Warenfluss in der hier vorliegenden Kleinteiligkeit auch nicht überwachen. Die zuständigen Behörden haben vor dem beschriebenen Handelsweg vollständig kapituliert.

Ein weiteres Feld, das lange Zeit nicht beachtet wurde, sind die elektrischen und elektronischen Zubehörgeräte, die für den Einsatz im Automobil verkauft werden. Automobile unterliegen nicht dem ElektroG. Dies betrifft auch alles elektrische und elektronische Fahrzeugzubehör, das vom Fachmann fest mit dem Fahrzeug verbunden wird. Das wandert nach der Nutzungszeit des Fahrzeugs mit diesem in die große Presse. Anders sieht die Zuständigkeit bei Produkten aus, die der Nutzer selbst im Fahrzeug anbringen kann.

Rücknahmestellen-Verzeichnis ist nicht praxisgerecht

Auf der Seite der Stiftung EAR gibt es ein Verzeichnis der verpflichteten Rücknahmestellen. Dies ist jedoch keinesfalls praxistauglich. So wurden bei der Eingabe der Postleitzahl eines als Beispiel eingegebenen Dorfes mit etwa 2.500 Einwohnern, das über keine einzige Rücknahmestelle verfügt, über 450 verpflichtete Rücknahmestellen aufgeführt. Bei der Durchsicht zeigt sich dann, dass die Mehrzahl der dort aufgeführten Rücknahmestellen schon aufgrund des genannten Firmennamens weit außerhalb der Region sind.

Einen Link zu den gelisteten Händlern findet man auf der Seite der Stiftung EAR jedoch nicht, sondern nur zu deren Recycling-Dienstleister. Der nimmt Elektrogeräte jedoch nur über einen Auftrag von seinen Händler-Kunden zurück. Den entsprechenden Link findet man zumeist auf der Website des Online-Händlers. Da es für die Verlinkung jedoch keine Vorschriften gibt, muss man den Link zur jeweiligen Rücknahmeseite erst suchen.

Bei manchen Rücknahme-Systemen wie beispielsweise dem "Rücknahmesystem Elektroaltgeräte Deutsche Post DHL" wird man nur auf die Standortsuche des Konzerns verlinkt. Beim Deutsche Post-Konzern wird man zum Thema Elektrogeräte-Recycling fündig, wenn man nach "Electroreturn" sucht. Dort wird man auch landen, wenn man Elektrogeräte mit einer größten Kantenlänge von 25 Zentimeter über den Rücknahme-Service von Amazon.de abwickeln will.

Es gibt jedoch auch Rücknahmedienstleister wie "take-e-back", die über eine eigene Suchfunktion verfügen. Dort können Endkunden nach Eingabe ihrer Postleitzahl den nächsten Händler ausfindig machen können, der seine Rücknahmeverpflichtung in Kooperation mit diesem Dienstleister erfüllt.

Die Stiftung EAR hat auf Nachfrage zugesagt, zu prüfen, wie die Suche nach Rückgabestellen auf ihrer Website verbessert werden kann und will auch die dort verlinkten Entsorgungsdienstleister in die Pflicht nehmen, die Suche kundenfreundlicher zu gestalten.

Wer überwacht die Rücknahmeverpflichtung des Handels?

Wie bei zahlreichen anderen aktuellen Vorschriften im Bereich der Elektrogeräte und des Handels mit diesen Geräten, wird die Rücknahmeverpflichtung des Handels von den deutschen Behörden nicht überwacht. Es wird zwar mit einer Strafe von bis zu 100.000 Euro im Falle eines Verstoßes gegen die Rücknahmepflicht gedroht. Es ist bislang jedoch kein einziger Fall bekannt, in welchem diese Strafe verhängt worden wäre.

Die einzige Institution, die in diesem Zusammenhang systematisch tätig wird, ist die sehr umstrittene "Deutsche Umwelthilfe" (DUH). Zuletzt hat die DUH mit Stand vom 20.7.2017 die Ergebnisse ihres Rücknahme-Tests von Elektro- und Elektronikgeräten im stationären Handel veröffentlicht. Gegen den Möbelhändler Ikea ist die DUH im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Rücknahme von Elektrogeräten durch den Handel vor dem Landgericht Frankfurt am Main vorgegangen, was unter der Geschäftsnummer: 3 - 10 0 16 I 17 am 28.9.2017 zu folgendem Urteil geführt hat.