Elektronische Fußfessel für Asylbewerber

Das US-Heimatschutzministerium experimentiert mit Alternativen zur Internierung

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Wenn schon eigens ein Heimatschutzministerium geschaffen wurde, dann muss es seinem Namen und Auftrag auch gerecht werden. Überwacht werden in wachsendem Maße auch US-Bürger und Menschen, die in den USA leben. Schnell geraten sie beispielsweise auf die Terroristenliste, was selbst manchen Prominenten wie etwa dem Senator Ted Kennedy geschehen ist.

Natürlich ist das bei Ausländern noch viel riskanter, wie dies angeblich auch gerade der kanadische Verteidigungsminister erfahren musste, der auf die No-Fly-Liste stand und daher Schwierigkeiten bei der Einreise in die USA bekam. Normale Sterbliche haben große Schwierigkeiten, wieder aus diesen geheimen Listen entfernt zu werden, wenn sie auf diese einmal durch einen Fehler oder Irrtum geraten sind. Eine Namensähnlichkeit reicht dazu schon aus.

Für Ausländer, die einen Asylantrag stellen, wird im Kongress bereits ein Gesetz vorbereitet, das es diesen unter dem Zeichen der Terroristenbekämpfung noch schwerer macht, in den USA aufgenommen und nicht gleich wieder abgeschoben zu werden. Dem REAL ID Act of 2005 hat das Repräsentantenhaus schon seine Zustimmung gegeben. Hier geht es nicht nur um Asylbewerber, sondern auch darum, die Landgrenzen noch dichter zu machen und sie besser mit allen möglichen Techniken zu überwachen.

?och besser den Aufenthalt von Asylbewerbern überwachen will das Heimatschutzministerium. Letztes Jahr im Sommer wurde, um Möglichkeiten zu finden, die Asylantenlager zu entlasten, das Intensive Supervision Appearance Program (ISAP) in acht Städten gestartet.. Hier dürfen Asylbewerber, die keine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen und versichern, sich in einem bestimmtem Gebiet aufzuhalten, mit bestimmten Auflagen in relativer Freiheit leben. Bedingungen sind regelmäßige Besuche von Beamten Zuhause oder in der Arbeit, auch regelmäßige Telefonanrufe zur Kontrolle. Experimentiert wird aber auch mit elektronischen Fußfesseln, die Asylbewerber freiwillig 24 Stunden am Tag tragen müssen. Damit werden sie schon einmal Kriminellen gleich gestellt, die dazu verurteilt wurden, während ihrer Bewährungszeit elektronisch etwa durch Fußfesseln überwacht zu werden.

Bislang wurden 1.700 Asylbewerber an die Leine gelegt. Das soll verhindern, so Victor Cerda, Direktor der Abteilung für Festnahmen und Abschiebungen (Detention and Removal Operations) des Heimatschutzministeriums (1,4 Milliarden US-Dollar im Haushaltsjahr 2005), dass die Immigranten, die das Land verlassen müssen, nicht mehr untertauchen können, um sich der Abschiebung zu entziehen. Das hört sich dann allerdings nicht mehr als freiwillige Maßnahme an, sondern eher schon so, als sollten, wenn es nach Cerda geht, alle Asylbewerber an die Leine gelegt werden.

Letztes Jahr hatte man allerdings bereits einen Rekord verbuchen können und fast 160.000 Ausländer abgeschoben, die Hälfte davon angeblich "Kriminelle". Überwiegend kommen die Abgeschobenen aus Mexiko und aus dem Rest Lateinamerikas. Insgesamt sollen sich acht Millionen illegale Immigranten in den USA aufhalten. Seit 2001 ist die Zahl der Abschiebungen um 45 Prozent angestiegen. Zur Begründung für das schärfere Vorgehen wird vornehmlich auf die Bekämpfung des Terrorismus verwiesen:

Removing criminal aliens and other illegal aliens from the United States is critical to the integrity of our immigration system and important to the safety of our communities. The 9/11 Commission Report details how our immigration system was exploited by terrorists, and we know that other dangerous criminals have sought illegal entry by similar means. We are bringing to bear the full force of our authorities to locate and remove those in the country illegally.

Michael Garcia von der Einwanderungsbehörde ICE

Die Hürden allerdings sind in den USA wie anderswo in den westlichen Staaten für Asylbewerber hoch geworden, überhaupt schon einmal eingelassen zu werden. Wer sich nicht wirklich ausweisen und einen glaubhaften politischen Grund vorweisen bzw. eine "glaubwürdige Angst" begründen kann, verfolgt zu werden, muss mit der Zurückweisung an den Grenzen rechnen. Aber auch wer eingelassen wird, muss erst einmal damit rechnen, in ein Lager gesteckt zu werden, das einem Gefängnis gleicht. Dort werden sie oft mit Handschellen gefesselt, kommen zur Disziplinierung in Einzelhaft oder werden mit Kriminellen in eine Zelle gesperrt. Meist dürfen sie keinen Besuch empfangen. Briefe werden geöffnet, Anrufe nicht weiter geleitet.

Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Commission on International Religious Freedom kritisierte, dass Asylbewerber oft sehr willkürlich behandelt werden, was davon abhängt, wo sie ankommen und an wen sie geraten. Wer sich einen Rechtsbeistand leisten kann, dessen Chancen steigen um Zehnfache, anerkannt zu werden. Die Verfahren allgemein seien oft zu hart und zu lange. 2003 wurden gerade einmal 11.400 Asylbewerber anerkannt. Die Kommission schlug vor, andere Regeln für den Aufenthalt von nicht-illegalen Asylbewerbern in den Lagern zu entwickeln, das Verfahren zu beschleunigen und eine Art der Bewährung jenen zu gewähren, von denen man annehmen kann, dass sie nicht untertauchen und kein Sicherheitsrisiko darstellen. Ob sie dann aber gleich auch an die elektronische Leine gelegt werden müssen, ist eine andere Frage.