Elf Prozent der Deutschen schaffen es so gut wie nie, frisch in den Tag zu starten

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Sitzen wird zum Problem: Wie gesund lebt Deutschland?

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Die Deutschen bewegen sich zu wenig, nicht nur während sie arbeiten, sondern vor allem in ihrer Freizeit, wo sie sich eigentlich regenerieren sollen. das machen sie aber viel zu oft durch weiteres Sitzen, statt dass sie sich bewegen. Das ist die Weckruf-Erkenntnis des DKV-Reports 2018 "Wie gesund lebt Deutschland?", die von großen Medien am Wochenanfang aufgenommen wurde.

Weniger als jeder zehnte Deutsche lebt "rundum gesund" und gut weniger als die Hälfte bewegt sich ausreichend, lautet die Quintessenz der Untersuchung der Deutschen Krankenversicherung (DKV) in Kennzahlen. Seit 2010 wird die Untersuchung von der DKV durchgeführt, das sind seither acht Jahre, was im Verlauf dann schon eine Art Trend markiert - und der sieht nicht gut aus:

Nur noch 9 Prozent der Befragten leben tatsächlich rundum gesund. Bei unserer ersten Umfrage 2010 waren es noch 14 Prozent. Auch Bewegungsmangel wird zu einem immer größeren Problem in Deutschland. Waren es laut DKV-Report 2010 noch 60 Prozent, die den Richtwert für körperliche Aktivität erreichten, können sich mit aktuell 43 Prozent nicht einmal mehr die Hälfte aller Deutschen für ausreichend Bewegung begeistern.

DKV

Mit "Rundum" sind folgende Kriterien abgedeckt, die in einer Selbsteinschätzung von 2.885 repräsentativ ausgewählten Bundesbürgern in Interviews im März dieses Jahres zu "Protokoll" gegeben wurden: subjektiver Gesundheitszustand, körperliche Aktivität bei der Arbeit, während des "Transports" (gemeint ist z.B. der Weg zur Arbeit) sowie in der Freizeit, Ernährungsverhalten, Alkohol- und Nikotinkonsum und Umgang mit Stress (in diesem Jahr wurde erstmals zusätzlich auch nach dem Umgang mit Lärm, Einsamkeit und Regeneration gefragt).

Viele Radfahrer, wenig Raucher, Zurückhaltung beim Alkohol

Wichtig ist, dass "nur die Fragen und Antworten für Werktage erfasst werden", wie der Bericht im Kapitel "Methodik" vermerkt, was dann nach Auffassung des Autors dieser Zeilen nur ein eingeschränktes Bild der Wirklichkeit abgibt, steht er doch am Wochenende häufig minutenlang an einem Fahrradweg, weil im Naherholungsgebiet im Süden Münchens am Wochenende unermesslich viele Radfahrer unterwegs sind.

Subjektive Wahrnehmungen liegen nicht notwendigerweise quer zu objektiveren empirischen Ermittlungen. Manches Positive, das sich bei der DKV-Untersuchung zeigt, ist subjektiv längst sichtbar: Selbst bei Theater-Pausen gibt es kaum mehr Raucher und bei dem Fest danach sind sie auffallende Minderheit, auch wenn im Theaterstück davor noch unter lautem Beifall geklagt wurde, dass Rauchen doch zu einem anarchisch-lustvollen Genussleben gehöre, das doch so viel besser sei als jeder Optimierungs-Schmarrn.

79 Prozent rauchen nicht mehr, heißt es bei der Benchmark-Realisierung der Krankenkassenstudie und das wird entsprechend mehrmals als gute Entwicklung herausgestellt. Beim Alkohol ist die Benchmark sehr gesundheitsbewusst und anspruchsvoll gesetzt: "Als gesundes Alkoholgenussverhalten gilt, wenn entweder gar kein Alkohol getrunken - (Einf. d. Gedankenstrichs durch den Autor) oder nur gelegentlich ein Glas Bier oder Wein konsumiert wird." Von 82(!) Prozent der befragten Bundesbürger wird diese Marke nach eigenen Angaben eingehalten.

Das Gesundheitsverhalten abhängig vom Einkommen

Nicht so richtig gut sehen die Prozentwerte bei Bewegung aus und bei der Ernährung. Bei der "Aktivität" halten nur 43 Prozent die Vorgaben für das gesundheitlich gute Aktivitätsleben ein und bei der Ernährung sind es 48 Prozent. Nimmt man alles "rundum", so gibt es nur die bereits erwähnten 9 Prozent, welche bei allen Benchmarks auf der guten, gesunden Seite sind.

Ein interessanter Aspekt ist, dass Personen mit dem geringeren Einkommen besser abschneiden.

Menschen, die über ein Haushaltsnettoeinkommen von unter 1.500 € verfügen, erreichen den Benchmark zu einem rundum gesunden Leben am häufigsten (14 Prozent). Personen, die 1.500 € bis 2.499 € bzw. 2.500 € und mehr verdienen, schaffen das nur mit 7 bzw. 6 Prozent. Auffällig ist auch, dass Menschen, die 2.500 € und mehr verdienen, weniger häufig die Mindestaktivitätsempfehlungen durch Arbeit-, Transport- und Freizeitaktivität erreichen als Personen, die über ein geringeres Einkommen verfügen. Nur 40 Prozent der Besserverdiener realisieren die Empfehlungen zur körperlichen Aktivität. Menschen der darunterliegenden Gehaltsklassen erreichen mit 52 Prozent die Mindestempfehlungen für körperliche Aktivität aus den Lebensbereichen Arbeit, Transport und Freizeit häufiger.

DKV-Report 2018

Bei der Ernährung ist das anders: "Hier erreichen nur 42 Prozent der geringer Verdienenden (< 1.500 € bzw. 1.500 € bis 2.499 €), jedoch 53 Prozent der besser Verdienenden (≥ 2.500 €) den empfohlenen Richtwert für eine gesunde und ausgewogene Ernährungsweise." Und auch beim Rauchen haben Menschen mit einem größeren Einkommen (Haushaltsnettoeinkommen von 2.500 € und mehr) ein "deutlich größeres Gesundheitsbewusstsein". Das gilt aber nicht für den Alkoholkonsum:

Von ihnen rauchen nur 19 Prozent. In den darunterliegenden Gehaltsklassen wird häufiger zur Zigarette gegriffen - ein Drittel (31 Prozent) kann die Finger nicht davon lassen. Tendenziell umgekehrt verhält es sich jedoch beim Alkoholkonsum: Je mehr die Befragten verdienen, desto häufiger heben sie das Glas.

DKV-Report 2018

Interessant ist, wie eingangs angedeutet, der Vergleich über die acht Jahre, seit die Studie durchgeführt wird: Da zeigen sich auffällige Veränderungen nicht bei der Ernährung (2010 erfüllten 48 Prozent die Vorgaben für eine gesunde Ernährung wie auch 2018), sondern beim Rauchen (2010: 75 Prozent Nichtraucher, 2018: 79 Prozent), beim Umgang mit Stress: 2010 gaben 49 Prozent an, dass sie "einen gesunden Umgang mit Stress realisiert haben", 2018 sind es 57 Prozent.