Elon Musk: Kein Rebell, sondern Profiteur des US-Imperiums
Warum Tesla-Chef Musk nicht Retter des ukrainischen Internets, Selfmade-Milliardär und Anti-Establishment-Denker ist.
Es zog ein Sturm auf Twitter auf, als Elon Musk sich vor kurzem zum Maxwell-Epstein-Skandal in den USA zu Wort meldete. Er fragte provokativ, warum bisher die Promi-Liste des Paars noch nicht veröffentlicht sei. Daraufhin postete jemand ein Foto, auf dem Musk mit der umstrittenen Geschäftsfrau Shislaine Noelle Maxwell auf einer Party zu sehen ist. Der Schuss ging nach hinten los. Doch Musk ging mit Sprüchen erneut in die Offensive.
Maxwell und Jeffrey Epstein sind ins Visier der Ermittler geraten wegen Vorwürfen, die Sexualdelikte und Verführung Minderjähriger betreffen. Epstein hat sich im Laufe der Ermittlungen nach offiziellen Angaben im Gefängnis selbst getötet.
Seine Lebensgefährtin Maxwell ist vorgestern von einem Gericht in New York verurteilt worden. Sie muss nun wegen Menschenhandels mit Minderjährigen zu Missbrauchszwecken für 20 Jahre ins Gefängnis, teilte Richterin Alison Nathan mit. Maxwell galt als rechte Hand des bis in höchste US-Kreise vernetzten Geschäftsmanns Epstein und spielte eine zentrale Rolle beim Aufbau eines Rings zum sexuellen Missbrauch von Mädchen.
Die Maxwell-Einlassung von Musk ist an sich unbedeutend, allerdings hat sie eine boulevardeske Debatte entfacht, ob und wie eng Musk und viele andere VIPs mit dem Geschäftspaar verbandelt gewesen sind.
Der Tweet zeigt vor allem: Musk weiß sich immer wieder ins Gespräch zu bringen, auch gerne mit gezielten Provokationen und Schüssen aus Hüfte.
Nicht zuletzt deswegen ist er an der Social-Media-Plattform Twitter interessiert und möchte sie für 44 Milliarden Dollar kaufen. Er weiß um die Bedeutung und Macht von Massenkommunikation, die er für sich nutzen möchte.
Eine Reihe von Prominenten verließ aus Protest gegen den geplanten Kauf die Social-Media-Plattform. Für viele erscheint der 200 Milliarden Dollar schwere Musk daher als Außenseiter, der Meinungsfreiheit gegen die etablierte Elite retten will (obwohl er sich zu diesem Zweck Geld von den Regierungen Katars und Saudi-Arabiens leiht).
Genau diesen Eindruck möchte Musk vermitteln. Er inszeniert sich immer wieder als ein Rebell, der für sich selbst denkt und nicht Teil der etablierten Ordnung ist. Doch dieser Eindruck täuscht. Der Tesla-Chef und selbst erklärte Self-Made-Milliardär ist alles andere als ein Abtrünniger, wie Alan MacLeod in einem Artikel darlegt.
An der Seite des US-Militärs für die Ukraine kämpfen
Fangen wir mit Starlink an. Das ist ein Internetdienst, der es denjenigen, die über Terminals verfügen, ermöglicht, eine Verbindung zu einem von über 2000 kleinen Satelliten herzustellen. Viele dieser Satelliten wurden von Musks Technologieunternehmen SpaceX in die Erdumlaufbahn gebracht.
Der gebürtige Südafrikaner spendete der Ukraine tausende dieser Starlink-Terminals, um der Bevölkerung zu helfen, wieder online zu gehen, nachdem die Kämpfe das Internet in weiten Teilen des Landes lahmgelegt hatten. Das brachte ihm viel Lob ein.
Tatsächlich zahlte die US-Regierung dem Musk-Unternehmen SpaceX im Stillen einen hohen Preis für die Entsendung ihrer Bestände in das Kriegsgebiet. USAID – eine staatliche Agentur zur Aufstandsbekämpfung, die regelmäßig als Organisation für Regimewechsel fungiert – hat bekanntlich das Geld für den Kauf und die Lieferung von vielen Terminals aufgebracht.
Dass die Starlinks einem militärischen Zweck dienen (und für breite Bevölkerungsschichten keinen Sinn machen, weil sie nicht massenhaft einsetzbar sind), ist inzwischen mehr als klar. Tatsächlich ist Starlink innerhalb weniger Wochen zu einem Eckpfeiler des ukrainischen Militärs geworden. Ihm wird damit ermöglicht, mithilfe von Drohnen und anderen Hightech-Geräten, die auf das Internet angewiesen sind, russische Streitkräfte anzugreifen.
Es gibt Hinweise darauf, dass auch das berüchtigte Asow-Bataillon die Technologie von Musk verwendet hat. Sogar in einer unterirdischen Höhle unter dem Stahlwerk von Mariupol konnten die Asow-Kämpfer auf das Internet zugreifen und mit der Außenwelt kommunizieren, sogar Videointerviews aus dem Untergrund führen.
Der Mann, der nach den Sternen greift
SpaceX stützt sich darüber hinaus weitgehend auf Regierungsaufträge, da es für viele seiner Produkte, insbesondere für seine Raketenstarts, kaum eine zivile Nachfrage gibt.
Musks Unternehmen hat Aufträge in Milliardenhöhe für den Start von Spionagesatelliten für Drohnenkriege und andere militärische Zwecke erhalten. Im Jahr 2018 wurde SpaceX ausgewählt, um ein 500 Millionen Dollar teures GPS-System von Lockheed Martin in die Umlaufbahn zu schießen.
Diese Satelliten werden von allen großen fünf Überwachungsbehörden, einschließlich der CIA und der NSA, genutzt.
Ohne Musks Unternehmen wären die USA nicht in der Lage, ein derart ausgeklügeltes Spionage- und Drohnenkriegsprogramm auf der ganzen Welt durchzuführen. China wird zunehmend misstrauisch gegenüber dieser Macht und könnte gezwungen sein, eigene Programme aufzulegen.
Seit seinen Anfängen im Jahr 2002 stand SpaceX dem nationalen Sicherheitsstaat, insbesondere der CIA, immer sehr nahe. Das vielleicht wichtigste Bindeglied ist Mike Griffin, ehemals Chef von In-Q-Tel, einer CIA-finanzierten Risikokapitalfirma.
Griffin förderte Musk als potenziellen "Henry Ford" der Raketenindustrie. Griffin stieg auf zum Leiter der Nasa und erhielt später einen leitenden Posten im Verteidigungsministerium. Es war dann auch Griffin, der SpaceX entscheidende Verträge einbrachte. Das Musk-Unternehmen, ins Trudeln geraten durch zu hohe Gehälter, rettete man durch einen imposanten Nasa-Vertrag über 1,6 Milliarden Dollar.
Inside Musk: Eiskappen auf Mars schmelzen und Staatscoups unterstützen
Wie der amerikanische Unternehmer Henry Ford setzte Musk auf Automobilität und kaufte 2004 Tesla Motors. Wie Ford, Bewunderer von Adolf Hitler, hat auch Musk extreme Ansichten – nicht nur in Bezug auf Gewerkschaften, Betriebsräte oder Arbeitsschutz, gut zu studieren in der Covid-Pandemie.
So schlug Musk einmal vor, die Eiskappen auf dem Mars durch eine Reihe von Nuklearexplosionen zu verdampfen, um dort menschliches Leben zu ermöglichen.
Im Jahr 2018 schoss er einen Tesla mit einer SpaceX-Rakete ins All. Das Fahrzeug wurde vorher nicht sterilisiert. Im Grunde genommen ist das Auto eine biologische Waffe, die das Leben auf jedem Planeten, auf den sie trifft, auslöschen könnte.
Und dann ist da Bolivien. Das Land beherbergt die weltweit größten Lithiumreserven, ein Rohstoff, der für die Batterien von E-Autos wichtig ist. Morales hatte sich geweigert, das Land für ausländische Konzerne zu öffnen. Stattdessen schlug er vor, eine eigene Technologie zu entwickeln, um Arbeitsplätze und Gewinne im Land zu halten.
Er wurde im November 2019 durch einen von den USA unterstützten rechtsextremen Putsch gestürzt. Die neue Regierung lud Musk umgehend zu Gesprächen ein. Als er auf Twitter gefragt wurde, ob er in Morales Sturz verwickelt sei, antwortete Musk: "Wir putschen, wen immer wir wollen! Deal with it."
Der reichste Mann der Welt wird vom Nanny-State gefüttert
Zusätzlich zu den milliardenschweren Regierungsaufträgen, die Musks Unternehmen erhalten, werden sie durch öffentliche Subventionen gestützt. Tesla profitiert vor allem von Kaufanreizen und diversen Vorschriften bezüglich Elektromobilität.
Wie viele andere Konzerne ist Tesla in der Lage, die US-Bundesstaaten gegeneinander auszuspielen, wobei jeder arbeitsplatzhungrige Standort gegen die anderen bietet, um dem Unternehmen so viel Bargeld und Steueranreize wie möglich zu gewähren. Diese direkten und indirekten Unterstützungen gehen in die Milliarden.
Zwischen 2015 und 2018 zahlte Musk selbst jedoch weniger als 70.000 Dollar an Einkommenssteuern.
Musk hat sein Vermögen an sich recht klassisch erworben. Zunächst wurde er reich geboren, dann machte er als Dotcom-Milliardär Karriere, und schließlich wurde er vom Nanny-State gefüttert: Staatliche Megaaufträge, Steuergeschenke, Subventionen.
Vielleicht noch gravierender ist jedoch, dass SpaceX durch seine Nähe zum Militär und zum nationalen Sicherheitsstaat ein wichtiges Rädchen im Getriebe des US-Imperiums ist, das es Washington ermöglicht, zu spionieren, zu bombardieren oder zu putschen, wen immer es will.
All das zeigt: Musk ist kein Rebell gegen das Establishment, sondern fester Bestandteil genau der Ordnung, die ihn ermöglichte.
Tesla hat unter Musk die E-Mobilität vorangebracht, auch seine Solarinitiativen sind zu begrüßen. Das sollte aber nicht vergessen machen, dass seine Geschäftspraktiken und seine exzentrische Machtausweitung einen Schatten werfen, der wenig mit dem äußeren Glanz seiner selbst errichteten Fassaden zu tun hat.