Emir zu Besuch: Ist der Gas-Deal mit dem autoritären Katar alternativlos?

Seite 3: DIW-Studie: Gas aus Katar nicht alternativlos

So zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), dass sich Deutschland umgehend von russischem Gas verabschieden könnte, ohne eine Versorgungslücke zu erzeugen.

Wenn die Energie-Einsparpotenziale maximal genutzt und gleichzeitig die Lieferungen aus anderen Erdgaslieferländern so weit wie technisch möglich ausgeweitet werden, ist die deutsche Versorgung mit Erdgas auch ohne russische Importe im laufenden Jahr und im kommenden Winter 2022/23 gesichert

lautet das Fazit der Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Bundeswirtschaftsminister Habeck geht hingegen davon aus, dass bis 2024 noch russisches Gas benötigt werde.

Für die Umstellung, so das DIW, sollten die Erdgasimporte aus klassischen Lieferländern wie Norwegen oder den Niederlanden deutlich ausgeweitet werden. Allein durch mehr Importe aus dem skandinavischen Land könnte etwa ein Fünftel der bisherigen russischen Einfuhren von mehr als 50 Milliarden Kubikmeter pro Jahr eingespart werden, die bislang etwa 55 Prozent der gesamten Gasimporte ausmachen.

Zudem müssten die bereits vorhandenen LNG-Terminals in den Niederlanden (Rotterdam), Belgien (Zeebrugge) und Frankreich (Dunkerque) genutzt werden, um mehr Flüssiggas über das europäische Pipelinenetz nach Deutschland zu leiten. Dadurch könnte ebenfalls mehr als ein Viertel des russischen Imports wegfallen. Eine effizientere Nutzung des deutschen und europäischen Pipelinesystems zur Verbindung Deutschlands mit Südeuropa, wo Lieferungen von nordafrikanischen Ländern wie Algerien und Libyen ankommen, könnte künftig die Situation weiter entspannen. Wobei sich bei Libyen ebenfalls die Menschenrechtsfrage stellt.

Die Hälfte des russischen Gases sollte schließlich durch einen rückläufigen Erdgasverbrauch eingespart werden, um die deutsche Energieversorgung zu sichern. Der Bedarf lässt sich laut DIW-Studie zwischen 18 und 26 Prozent senken – etwa durch den vollständigen Ersatz von Erdgas in der Stromerzeugung und Effizienzsteigerungen. Das DIW räumt aber auch ein, dass das zu Produktionsrückgängen in der Industrie führen könnte, die dann zum Teil entschädigt werden müssten.

Langfristig muss der Gasverbrauch angesichts der voranschreitenden Klimakrise und wegen entsprechender Klimaziele zur Einhaltung der 1,5-Grad-Schwelle in den nächsten Jahren deutlich reduziert werden. Ein Liefervertrag über eine Laufzeit von 20 Jahren, wie es Katar verlangt, kollidiert mit den an sich schon zu niedrigen deutschen Klimazielen, um die Temperatur-Obergrenze nach dem Pariser Klimaschutzabkommen noch halten zu können. Das weiß auch Habeck. Daher ist einer der größten Streitpunkte mit Katar vor allem die Laufzeit des Vertrags.