Energiecharta-Vertrag zum Schutz fossiler Konzerne ist tot
Seite 2: Unvereinbar mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens
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Inzwischen waren auch längst klare Absetzbewegungen in Frankreich erkennbar. "Die Niederlande haben Recht. Lassen Sie uns auf einen koordinierten Ausstieg aus dem Vertrag über die Energiecharta hinarbeiten", forderte die französische Parlamentarierin des Europäischen Parlaments, Marie‑Pierre Vedrenne.
Dabei handelt es sich um die Vizepräsidentin des Handelsausschusses, die zudem Parteigängerin des französischen Präsidenten Emmanuel Macron ist.
Auch im zweitgrößten EU-Land war längst eine klare Strömung erkennbar, die auf den Austritt aus dem ECT gedrängt hatte. So hatte Frankreichs Hoher Rat für das Klima (HCC) – ein unabhängiges Beratungsgremium von Experten, gerade seine Stellungnahme zu dem vierjährigen Modernisierungsprozess des ECT abgegeben.
Die Empfehlung des HCC, welcher der Premierministerin unterstellt ist, fiel sehr klar aus:
Ein koordinierter Ausstieg aus dem Energiecharta-Vertrag seitens Frankreichs und der EU, verbunden mit einer Neutralisierung seiner "Überlebensklausel", erscheint als die am wenigsten riskante Option, um nationale, europäische und internationale Klimaverpflichtungen einzuhalten.
Frankreichs Hoher Rat für das Klima (HCC)
Da der HCC gefordert hatte, sich den oben aufgeführten Beispielen zu folgen, war eigentlich in Paris alles entschieden. So war es kein Wunder mehr, dass zum vergangenen Wochenende schließlich auch Macron den Ausstieg aus dem Vertrag angekündigt hat.
"Frankeich hat entschieden, aus dem ECT auszusteigen", erklärte Macron im Anschluss an den EU-Gipfel in Brüssel. Das sei längst von vielen gefordert worden, verwies der Staatschef unter anderem auch auf das Expertengremium.
Da darüber fossile Brennstoffe geschützt würden, sei der Vertrag unvereinbar mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens und den "Zeitplänen für die Dekarbonisierung", die im Pariser Abkommen vorgesehen sind.
Man kann angesichts der angekündigten Austrittswelle nun davon ausgehen, dass der ECT am Ende ist, auch wenn die angeblichen Klimaretter in Berlin offenbar auch diese Entwicklung verschlafen haben.
Dabei hatte auch Deutschland einst zu den Kritikern gehört und auch aus Berlin war die Europäische Kommission aufgefordert worden, zu prüfen, wie ein koordinierter Austritt eingeleitet werden könnte. Im Mai hatte Deutschland, im Bunde mit den Niederlanden, Polen und Spanien erhebliche Zweifel daran geäußert, ob die EU dazu fähig wäre, den Energiecharta-Vertrag mit den Abkommen zum Klimaschutz in Einklang zu bringen.
Was ist mit dem Rechtsschutz für Unternehmen?
Angesichts eines sich abzeichnenden Scheitern der Reform wurde die Kommission aufgefordert, sich rechtzeitig auf "mögliche Ausstiegsszenarien" vorzubereiten. Tatsächlich wurde die Reform zwar im Sommer abgeschlossen, doch wie erwartet kam nicht viel dabei heraus.
Zwar wurde zunächst behauptet, dass der Rechtsschutz für neue Investitionen in fossile Brennstoffe "nach dem 15. August 2023" mit "begrenzten Ausnahmen" auslaufen werde, doch das war wie üblich nur wieder einmal die halbe Wahrheit.
Eine dieser Ausnahmen war nämlich, dass es weiter einen Rechtsschutz für bestehende Investitionen geben soll, der erst "nach 10 Jahren ab Inkrafttreten der entsprechenden Bestimmungen" auslaufen soll, heißt es im Vertragswerk. Dazu kommt, dass alle 51 Mitgliedsstaaten die Reform zuvor erst ratifizieren müssen, was Jahre dauern dürfte.
Somit stellten Beobachter nach der Reform ernüchtert fest, dass die alten Probleme nicht gelöst, sondern sogar zum Teil fortgeschrieben wurden. So wurde festgestellt, dass auch weiterhin die mit horrenden Entschädigungsansprüchen rechnen müssen, die gerne aus Kohle oder aber auch aus Atomkraft aussteigen wollen.
Denn als die Niederlande einen ab 2030 aus der Kohle aussteigen wollte, hat zum Beispiel RWE verklagt das Land auf 1,4 Milliarden Euro verklagt. Deutschland wiederum wurde wegen des geplanten Atomausstiegs nach der Atomkatastrophe von Fukushima vom schwedischen Vattenfall-Konzern vor einem internationalen Schiedsgericht verklagt.
4,7 Milliarden Euro Schadensersatz wurde gefordert. Letztlich hat man sich geeinigt. Vattenfall und anderen Energiekonzernen musste der Steuerzahler mit 2,4 Milliarden Euro entschädigen. Mit mehr als 1,4 Milliarden entfiel mehr als die Hälft auf Vattenfall, die für die Klage bei einem der umstrittenen Schiedsgerichte besonders belohnt wurde.