Energiekrise: Die Sorge der Deutschen um Arbeitsplätze

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ARD-Politbarometer: 83 Prozent rechnen damit, dass wegen der hohen Gas- und Strompreise Arbeitsplätze verloren gehen werden. Ist ein Schreckgespenst zurück?

Als Andrea Nahles, neu im Job als Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Ende August zum ersten Mal die aktuellen Arbeitsmarktzahlen präsentierte, hatte sie gute Nachrichten: "Trotz der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten ist der Arbeitsmarkt robust."

Zwar hätten Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung auch im August im Vergleich zum Vormonat erneut deutlich zugenommen – in Zahlen: plus 77.000 gegenüber dem Vormonat, in der Summe werden 2.547.000 angegeben, aber: "Gute Nachrichten, Leute, es liegt an den Ukrainern." Der außerordentliche Anstieg hänge im Wesentlichen mit der Fluchtmigration infolge des Ukraine-Krieges zusammen. Sonst schaut alles solide aus?

Und tatsächlich, dem subjektiven Eindruck nach sind so viele Stellenanzeigen wie seit Jahren nicht mehr an Geschäften und in der Gastronomie plakatiert. Wirft jemand "Personalnot" in eine Gesprächsrunde, folgt verständnisvolles Nicken, als ob das jeder zu Hause hat.

Nachfrage nach neuem Personal "auf sehr hohem Niveau"

Objektiv bestätigt die Bundesagentur: "Die Nachfrage nach neuem Personal bewegt sich im August weiter auf sehr hohem Niveau. So waren 887.000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, 108.000 mehr als vor einem Jahr."

Seit längerem schon kommen vom Dauerbrenner "Fachkräftemangel" immer neue schreckliche Prognosen, nicht nur aus Berlin. 526.000 Lehrstellen waren laut BA-Bericht im August gemeldet, 20 000 mehr als vor einem Jahr. 182.000 waren im letzten Monat noch unbesetzt.

Zeitenwende?

Und doch scheint das Schreckgespenst der Arbeitslosigkeit zurück. Mag der Arbeitsmarkt auch laut Nahles im August noch robust gewesen sein, es ist Zeitenwende, die Verhältnisse können sich rasend schnell ändern.

So zeigt es das Barometer an, mit dem die ARD in Zusammenarbeit mit infratest/imap regelmäßig die Befindlichkeit der Bevölkerung abklopft. Die Überschrift lautet: "Große Sorge vor Verlust von Arbeitsplätzen".

FDP-Anhänger haben die wenigsten Sorgen

1.224 Wahlberechtigte in Deutschland wurden vergangene Woche, am Dienstag und Mittwoch, am Telefon und online befragt, herauskam:

Die Sorge um den deutschen Arbeitsmarkt zieht sich durch alle Bevölkerungsgruppen und wird von Anhängern aller Parteien mehrheitlich geteilt. Auch das Einkommen spielt bei dieser Frage kaum eine Rolle.

ARD-Deutschlandtrend

Die genaue Frage des Politbarometers lautete nicht, ob die Befragten Angst um ihren Arbeitsplatz haben oder ob sie Angst haben, einen zu finden, sondern sie sollten auf das Statement "Wegen hoher Energiepreise gehen Arbeitsplätze verloren" reagieren.

Die Zustimmung zu dieser Aussage fiel bemerkenswert hoch aus, im Durchschnitt rechnen 83 Prozent der Befragten damit, dass wegen der hohen Gas- und Strompreise Arbeitsplätze verschwinden.

Den niedrigsten Wert, 73 Prozent, die mit auf "jeden Fall/eher ja" dieser Befürchtung zustimmten, gab es bei den FDP-Anhängern. Den zweitniedrigsten (76 Prozent) in der Altersgruppe zwischen 18 und 34 Jahren. Auch bei den Grünen-Anhängern zeigten sich mehr als drei Viertel (77 Prozent) davon überzeugt, dass die hohen Energiepreise Arbeitsplätze kosten.

Bei der Aufschlüsselung in Einkommensgruppen zeigte sich, dass die geringste Zustimmung zur Sorge-Aussage von der untersten Einkommensschicht kam.

Unter denen, die ein monatliches Haushalts-Netto unter 1.500 Euro angaben, stimmten 78 Prozent der Äußerung zu. Im Mittelfeld – Haushalts-Netto zwischen 1.500 und 3.500 Euro –, waren es 87 Prozent und im einkommensmäßig noch besser abgesicherten Milieu darüber 82 Prozent.

... und die AfD-Anhänger die meisten

Der höchste Zustimmungswert fand sich mit 91 Prozent bei den AfD-Anhängern, doch beträgt der Abstand zu den CDU-Anhängern nur zwei Prozentpunkte. Es folgen mit einigem Abstand die Linken- und die SPD-Anhänger, wo man aber mit 80, resp. 79 Prozent, ebenfalls überaus deutlich der Einschätzung zustimmt, dass sich die Energiepreise negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken werden.

Bei der Aufschlüsselung in Alterskohorten fallen die 50- bis 64-Jährigen mit 87 Prozent Zustimmung zu schlechten Aussichten auf dem Arbeitsmarkt auf. Die 35- bis 49-Jährigen sind zu 83 Prozent mit der Auffassung einverstanden, dass wegen hoher Energiepreise Arbeitsplätze verloren gehen.