Entlastungspaket ist kein Energiesparpaket
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Energie- und Klimawochenschau: Forderungen nach Tempolimit, Subventionen fürs Auto- und Bahnfahren; Bundesrechnungshof kritisiert Klimapolitik und ein Verlust in der Antarktis
Steigende Energiepreise für die Verbraucher:innen möchte die Bundesregierung mit einem Entlastungspaket begegnen. Doch wie bei vielen solcher Pakete geht es hier nicht unbedingt sozial gerecht zu. Im Mittelpunkt steht eine "Energiepreispauschale" von 300 Euro, die alle einkommensteuerpflichtigen Beschäftigten erhalten sollen.
Da diese auch wieder versteuert werden muss, können Menschen mit geringeren Einkommen mehr behalten als Gutverdienende, was durchaus im Sinne der sozialen Gerechtigkeit ist. Minijobber:innen gehen hingegen leer aus, ebenso Rentner:innen oder Studierende, die kein Bafög beziehen.
Darüber hinaus soll die Energiesteuer auf Kraftstoffe für drei Monate gesenkt werden, und zwar um 30 Cent pro Liter Benzin und 14 Cent pro Liter Diesel. Diese Steuererleichterung kommt allen gleichermaßen zugute, die ein Auto fahren, letztendlich werden die Fahrer:innen von Spritschluckern dadurch aber bevorzugt, weil sie über die Menge stärker subventioniert werden.
"Statt eines Tempolimits von 100/80/30 wird nun der Verbrauch von Benzin und Diesel bezuschusst. Die soziale Ungerechtigkeit bleibt. Denn wer mit besonders großen, schweren und übermotorisierten Autos viel tankt, profitiert stärker", kommentiert die Geschäftsführerin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Antje von Broock.
In eine positive Richtung geht dagegen der Beschluss, dass für drei Monate ein 9-Euro-Monatsticket für den öffentlichen Nahverkehr angeboten werden soll. Durch ein solches können tatsächlich ärmere Haushalte entlastet werden und vielleicht manche Menschen zum Umstieg auf die Öffentlichen bewogen werden – sofern sie denn in ausreichender Frequenz verkehren. Dafür allerdings müssen den Kommunen und Regionen die entsprechenden Mittel bereitgestellt werden, im Regionalverkehr muss längerfristig im Voraus geplant werden.
Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßt die Idee für das 9-Euro-Ticket zwar, sieht aber noch viele offene Fragen. Und auch hier stellen sich Gerechtigkeitsfragen. So gibt es Pendler:innen, die nur in einem Verkehrsverbund unterwegs sind, oder solche, die weitere Strecken unterwegs sind. Und auch die Unterschiede, wie groß ein jeweiliger Nahverkehrsbereich ist, sind sehr groß.
"Es kann nicht ernsthaft richtig sein, dass das 9€-Ticket nur in einem Ort wie zum Beispiel in Landshut (Bayern) gilt, während es in Berlin und Brandenburg im ganzen Land gilt", stellt Jörg Bruchertseifer, Tarifexperte von Pro Bahn fest.
Tempolimits und autofreie Sonntage
Insgesamt sei das Thema Energiesparen im Koalitionsausschuss zu kurz gekommen, kritisiert von Broock: "Ein Energiespargesetz mit verbindlichen Zielen sowie wirksamen Effizienz- und Suffizienzmaßnahmen für alle Sektoren ist überfällig."
Wie mit kurzfristigen Maßnahmen der Treibstoffverbrauch gesenkt werden könnte, damit beschäftigt sich das Fraunhofer ISI. Zusätzlich zu den bereits oben erwähnten Tempolimits würde ein autofreier Sonntag pro Monat erhebliches Potential bieten.
Durch die Ausweitung von Homeoffice und virtuelle Meetings könnten Arbeitswege und Dienstreisen wegfallen. Allerdings ist in diesem Bereich im Zuge der Corona-Pandemie schon viel eingespart worden, d.h. für weitere Einsparungen müssten Erwerbstätige zusätzliche Tage im Homeoffice bleiben. Ähnlich sieht es bei den Inlandsflügen aus, die im Zuge der Pandemie kaum noch in Anspruch genommen wurden.
Für den öffentlichen Verkehr – nicht nur den Nahverkehr – schlägt das Institut eine Halbierung der Fahrpreise vor. Und auch in einem Ausbau weiterer Pop-Up-Radwege sehen die Wissenschaftler:innen ein Mittel, Autofahrer:innen zum Umstieg auf das Fahrrad zu bewegen.
"Ergebnis: In Summe können die ausgewählten kurzfristig wirksamen Maßnahmen im Verkehrsbereich den deutschen Rohölbedarf zwischen fünf und zehn Prozent senken. Ginge diese Reduktion ausschließlich zu Lasten der Russischen Föderation, so könnten die Importe um 15 bis 28 Prozent reduziert werden", so die Mitteilung des Fraunhofer ISI.
Unabhängig von den Vorhaben der Bundesregierung in Bezug auf die aktuelle Energiekrise kritisiert der Bundesrechnungshof die deutsche Klimaschutzpolitik:
Fast allen Klimaschutzmaßnahmen fehlen Vorgaben, wie viel Treibhausgasemissionen damit eingespart werden sollen. Die Koordinierung zwischen den Ressorts läuft noch nicht rund. Zudem fehlt ein Überblick über die Klimawirkung der Ausgaben und Einnahmen im Bundeshaushalt.
Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofs
In einem Bericht vom 24. März kommt er zu dem Schluss, dass mit den bisherigen Maßnahmen das Klimaziel für 2030 von minus 65 Prozent gegenüber 1990 verfehlt würde und nur mit einer Reduktion um 49 Prozent zu rechnen sei.
Diese Entwicklung würde sich bis 2040 fortsetzen, dann würden statt minus 88 Prozent nur minus 67 Prozent erreicht. Bislang aufgelegte Klimaschutzprogramme wie das Klimaschutzprogramm 2030 oder das Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 ließen nicht erkennen, wie die Klimaschutzlücke geschlossen werden solle.
Für die meisten der derzeit über 100 Förderprogramme ist unklar, ob und ggf. in welchem Umfang sie zur Minderung von THG-Emissionen beitragen (sollen). Dadurch fließen Haushaltsmittel in für den Klimaschutz wirkungslose und ineffiziente Programme. Das erschwert und gefährdet die Erreichung der Klimaziele.
Die neue Bundesregierung muss ihre Förderpolitik im Klimaschutz konsequent auf das Ziel der Minderung von THG-Emissionen ausrichten. Hierzu muss sie eine belastbare Datengrundlage über die bei diesen Förderprogrammen geplanten und erzielten THG-Minderungen schaffen.
Sonderbericht Bundesrechnungshof
Klimaschädliche Subventionen dürften den Klimaschutzmaßnahmen dabei nicht entgegenwirken und müssten abgebaut werden. Zudem konstatiert der Bundesrechnungshof, dass das sogenannte Klimakabinett, das die Aktivitäten der verschiedenen Ressorts hätte steuern sollen, seiner Aufgabe bislang nicht gerecht geworden sei.