Entlastungspaket ist kein Energiesparpaket

Seite 2: RWE darf Lützerath abbaggern

Unterdessen sieht das Oberverwaltungsgericht Münster keinen Widerspruch zwischen dem verfassungsrechtlichen Klimaschutzgebot und dem Abbaggern des Orts Lützerath für die weitere Braunkohleförderung.

"Die RWE Power darf die Grundstücke eines Landwirts in Lützerath zur Gewinnung von Braunkohle im Tagebau Garzweiler abbaggern und die dafür erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen treffen. Das Oberverwaltungsgericht hat heute die Beschwerden des Landwirts und zweier Mieter zurückgewiesen, die zuvor beim Verwaltungsgericht Aachen ebenfalls ohne Erfolg geblieben waren", heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts (Justiz macht RWE den Weg zum Kohleabbaggern frei).

Schon im November wollte RWE mit Rodungen und Abrissarbeiten die Erweiterung des Tagebaus Garzweiler II vorbereiten, durch den Eilantrag des Landwirts und der Mieter waren die Arbeiten zunächst gestoppt worden. Das Gericht bestätigte nun ein vorheriges Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen.

Das OVG Münster argumentiert damit, dass die Beschwerde der Lützerather einer gesetzlichen Grundlagen entbehrte. Da die vom Bundesverfassungsgericht geforderten gesetzlichen Festlegungen zur Verteilung eines nationalen CO2-Restbudgets noch weitgehend fehlten, hätte die Bezirksregierung Arnsberg hier auch nicht prüfen müssen, "wie sich die CO2-Emissionen des Braunkohletagebaus zu dem nationalen Restbudget verhalten".

Das Bündnis "Alle Dörfer bleiben" gibt sich mit dem Urteil nicht geschlagen und fordert weiterhin, dass die Kohle unter Lützerath im Boden bleibt, damit die 1,5-Grad-Grenze bei der Klimaerwärmung nicht überschritten wird. Für den 23. April wurde eine Großdemonstration angekündigt.

Auch ohne Verteilung von Restbudgets in Deutschland ist längst bekannt, dass das Unternehmen RWE zu den größten CO2-Emittenten in Deutschland und auch weltweit zählt. Laut aktuellen Recherchen der Süddeutschen Zeitung ist der rheinische Energiekonzern zusammen mit der LEAG der größte Verursacher von CO2-Emissionen in Deutschland.

Laut der Untersuchung wurden 36 Prozent der Treibhausgasemissionen von 30 Unternehmen verursacht. Zwar wurde den Kohlekraftwerken von RWE bislang kein offizielles Restbudget zugeordnet, mit einer Klage versucht der peruanische Bauer Saúl Luciano Lliuya das Unternehmen für seinen Anteil am Klimawandel und den daraus folgenden Gefahren für seine Heimatstadt Huaraz – die unterhalb eines großen Gletschersees gelegen ist – verantwortlich zu machen.

Das Oberlandesgericht Hamm hat die Klage 2017 zugelassen, im Frühsommer dieses Jahres wird es nun endlich zu einem Ortstermin zur Beweisaufnahme in Huaraz kommen, der die letzten Jahre aufgrund der Pandemie nicht stattfinden konnte. Die Organisation Germanwatch, die den Fall unterstützt, rechnet mit einem Urteil im kommenden Jahr.

RWE spekuliert hingegen schon auf längere Laufzeiten angesichts des Krieges in der Ukraine:

Eine sichere Versorgung der Kraftwerke mit Braunkohle hat durch die energiepolitischen Folgen des Ukrainekrieges zusätzlich an Bedeutung gewonnen. Derzeit prüft die Bundesregierung, Kohlekraftwerke länger in einer Reserve zu halten und anstehende Stilllegungen temporär auszusetzen.

RWE

Conger-Eisschelf kollabiert

Dass die Bekämpfung der Klimakrise keinen Aufschub verträgt, zeigen die neuesten Entwicklungen in der Antarktis. Über unlängst erreichte Temperaturrekorde auf dem südlichsten Kontinent ist hier bereits berichtet worden, nun berichtet das Wissenschaftsmagazin Spektrum, dass um den 15. März das rund 1200 Quadratkilometer große Conger-Eisschelf in der Ostantarktis kollabiert ist.

Allerdings zerfiel die vergleichsweise kleine Eisfläche schon vor der ungewöhnlichen Wärmewelle. Zu denken gibt dieses Ereignis, da die Ostantarktis bislang im Gegensatz zur Westantarktis als relativ stabil gilt. In der Westantarktis sind bereits 1995 die Eisschelfe Larsen A und 2002 Larsen B vollständig kollabiert, von Larsen C brach 2017 ein Block mit einer Fläche von 5.800 Quadratkilometern ab. Geht das antarktische Schelfeis verloren, können die Inlandsgletscher schneller ins Meer abfließen und die Geschwindigkeit des Eisverlusts nimmt zu.