Erdöl: Teures Erbe
Seite 2: Klammheimliche Genehmigung für Erdölförderung im Wattenmeer
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Hierzulande wird derweil hauptsächlich in Schleswig-Holstein und Niedersachsen Öl gefördert. Geringe Mengen werden auch auf der Ostseeinsel Usedom in Mecklenburg-Vorpommern aus dem Boden geholt. Das größte deutsche Vorkommen ist die Mittelplate, die nördlich der Elbmündung vor Dithmarschen unter dem Nationalpark Wattenmeer liegt.
Dort fördert die DEA, die RWE vor zwei Jahren für 5,1 Milliarden Euro an eine russische Investorengruppe verkauft hat.
Die Genehmigung für die dortige Förderung war im Mai 2010 klammheimlich verlängert worden. Vor der US-amerikanischen Golfküste war gerade BP s Bohrplattform Deep Water Horizon explodiert und gesunken. Riesige Mengen Rohöls gelangten ins Meer und führten der internationalen Öffentlichkeit anschaulich die Gefahren der Offshore-Förderung vor.
In dieser Situation hatte das seinerzeit CDU-geführte Landeswirtschaftsministerium in Kiel hinter dem Rücken des dortigen Landtags dafür gesorgt, dass DEAs gerade auslaufende Lizenz bis 2041 verlängert wurde. Die Opposition aus SPD, Grünen und dem SSW, der Partei der dänischen und friesischen Minderheit war seinerzeit reichlich empört.
Inzwischen stellt sie als Küstenkoalition die Regierung, deren Amtszeit gerade ausläuft - am 7.5. wird ein neuer Landtag gewählt -, und muss sich mal wieder mit dem Thema rumschlagen. DEA möchte gerne neue Probebohrungen abteufen. Im Wattenmeer, einem der vielfältigsten Ökosysteme des Planeten, dass ohnehin durch Meeresspiegelanstieg, Erwärmung und Versauerung tendenziell als gefährdet gelten muss.
Wie eine brennende Zigarette in der Tankstelle
Der Landesumweltminister von den Grünen ist dagegen und hält die Erkundungsbohrungen für nicht genehmigungsfähig wie er dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie mitteilte. Dies ist für die Genehmigung zuständig. Das entsprechende Gesetz verbiete im Nationalpark Wattenmeer Sprengungen oder Bohrungen. Dies untermauert auch ein vom Ministerium in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten.
Auch der SSW findet: "Ölbohrungen haben im Wattenmeer nichts zu suchen. Wir rennen ja auch nicht mit der brennenden Zigarette über die DEA-Tankstelle." Es gebe keine Rechtsgrundlage für die beantragten Bohrungen.
Assistiert wird DEA hingegen von der Industrie Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie und dem sozialdemokratisch geführten Landeswirtschaftsministerium. Beide haben eine gemeinsame Erklärung herausgegeben, die für einigen Wirbel sorgte.
Die Bohrinsel Mittelplate sei ein Musterbeispiel für Erdölförderung "in ökologisch sensiblen Regionen" und sozusagen ein Exportschlager: "Das Konzept hat Exportpotential und könnte auch zu mehr Umweltschutz in anderen Ländern beitragen." Mit anderen Worten: Umweltschutz ist, wenn hiesiges Know-how dazu beiträgt, in aller Welt vor den Küsten Öl zu fördern.
Ob die SPD meint, im Wahlkampf mit derart rabiaten Positionen punkten zu können? Im Schulz-Rausch scheint derzeit manches möglich. Der grüne Umweltminister, der sich im Land zwischen den Meeren auch gerne Energiewende-Minister nennt - ist jedenfalls einigermaßen ungehalten.
Die Stellungnahme sei nicht mit der Landesregierung abgesprochen gewesen. Außerdem höre die Genehmigungsbehörde nicht auf den Zuruf der Gewerkschaften und des Wirtschaftsminister, so Minister Robert Habeck gegenüber dem Deutschlandfunk.