Erdogan: "Was hat Kobani mit der Türkei zu tun?"
Streit um Hilfe für syrische Kurden: gewaltsame Auseinandersetzungen in der Türkei verschärfen sich
Die Eroberung Kobanês (Ain al-Arab) sei nur ein Gerücht, erklärt "Außenminister" Idris Naasan in einem Interview, das gestern erschien. Er könne versichern, dass die syrische Grenzstadt nicht vor einer Eroberung stehe. Die Luftangriffe der Koalition, die auf Informationen der kurdischen Verteidigungskräfte basieren, hätten die Lage verbessert. Die Stadt sei problemlos zu halten, wenn "wir Waffenhilfe bekommen".
Dazu fordern die syrischen Kurden einen Hilfskorridor zwischen Kobanê und der türkischen Grenze; die türkische Regierung, die auf eine Sicherheitszone in Syrien drängt - was von der Nato bislang ab gelehnt wird -, ist davon wenig angetan, wie die Zeitung Zaman berichtet. Die Regierung ignoriere diese Forderung, weil sie nur die kurdischen Gruppierungen stärke, die nach dem Vorbild der Kurden im Irak eine autonome Region im Norden Syriens schaffen wollen.
Indessen gerät die türkische Regierung durch Proteste von Kurden in mehreren Städten unter Druck. Laut Angaben des Innenministers Efkan Ala kam es in der Folge der Proteste in 35 Provinzen, die zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Lagern führten, mittlerweile zu 37 Toten und über 350 Verletzten. Mehr als 1.000 Personen seien festgenommen worden.
Mehr als 1.100 Gebäude, darunter 212 Schulen, 67 Polizeireviere, 25 Distriktregierungsgebäude, 29 Parteigebäude, Blutspendezentren des türkischen Roten Kreuzes, 780 städtische Verwaltungsgebäude und 1.100 öffentliche Fahrzeuge, Krankenwagen und Polizeifahrzeuge sind von Vandalen beschädigt worden.
Efkan Ala
Laut einem Bericht des Korrespondenten der Welt droht im Südosten der Türkei ein Bürgerkrieg. In Ankara, Istanbul, Antalya, Eskisehir und Izmir würden "tausende kurdischer PKK-Sympathisanten, islamische Extremisten sowie Nationalisten" gegeneinander kämpfen - "von den extrem hart durchgreifenden Sicherheitskräften ganz zu schweigen".
Die mit viel Gewalt aufgeladenen innenpolitischen Spannungen würden zeigen, in welche Gefahr sich die Türkei mit "ihrem Pokerspiel in Syrien" begeben, heißt es in dem Bericht, der vergangene Woche erschien. Der Friedensprozess zwischen Kurden und der türkischen Regierung könnte einem neuen Kurdenkrieg weichen.
Der türkische Präsidenten Recep Tayyip Erdogan reagiert wütend. In einer Rede machte er die die kurdische Partei HDP und die Oppositionspartei CHP für die Ausschreitungen verantwortlich, er warf ihnen vor angesichts der Aufnahme von 200.000 kurdischen Flüchtlingen, "undankbar" zu sein. Darüberhinaus würden sie die Anti-Terror-Politik der Türkei nicht unterstützen, bzw. unterwandern.
Jetzt greifen sie Frieden, Stabilität und das Klima des Vertrauens in der Türkei an, in dem sie "Kobani" rufen. Was hat Kobani mit der Türkei zu tun? Mit Istanbul, mit Ankara? (…) Was wollen sie noch?
Erdogan
Erneut bezeichnete Erdogan die PKK als Terrororganisation, die eine Bedrohung der Türkei darstelle. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass sich der oben erwähnte Idris Naasan in seinem Interview von der PKK distanzierte: "Wir als syrische PYG sind etwas vollkommen anderes, als die PKK. In Kobani sind keine Kämpfer der PKK."