Erster politisch motivierter Anschlag auf deutschen Politiker wegen Flüchtlingspolitik

Kölner Messerstecher aus rechtsextremen Kreisen ist schuldfähig. Wohl auch aus Protest wurde Henriette Reker mit absoluter Mehrheit zur ersten Oberbürgermeisterin Kölns gewählt

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Reker musste nach dem Angriff am Samstag schwerverletzt ins Krankenaus gebracht werden und in ein künstliches Koma gelegt. Die Klinik erklärte, Reker würde die Verletzung gut überstehen.

Die Wahlbeteiligung heute war mit nicht einmal 40 Prozent gering. Berichtet wird, dass viele junge Wähler sich beteiligt haben, die vermutlich mit einer Stimme für die bisherige Sozialdezernentin, die für Flüchtlinge zuständig und sich für diese eingesetzt hat, ein Signal des Protests gegen die zunehmend ausländerfeindliche Stimmung von Rechts setzen wollten.

Allerdings war auch in Umfragen zuvor Rekers bereits die Favoritin. Jedenfalls gewann die parteilose Kandidatin, die mit Unterstützung der CDU, der Grünen und der FDP angetreten war, mit der absoluten Mehrheit von 52,7 Prozent im ersten Wahlgang.

Der 44-Jährige Frank S., der am Samstag den Messeranschlag mit ausländerfeindlichen Parolen auf Reker begangen hat, bei dem auch weitere vier Personen verletzt wurden, ist nach einer psychologischen Begutachtung voll schuldfähig. Er wurde daher nicht in die Psychiatrie - manche sprachen von einer paranoiden Schizophrenie -, sondern in U-Haft genommen. Nach Auskunft der Polizei besteht der "Verdacht des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung in vier Fällen". Die Polizei bestätigt, dass der Festgenommene bei seiner ersten Vernehmung "Äußerungen von sich gegeben (hat), die eine fremdenfeindliche Gesinnung vermuten lassen".

Er habe auch selbst eingeräumt, in den neunziger Jahren in der rechten Szene aktiv gewesen zu sein. Die Polizei weiß offensichtlich selbst nichts darüber, Michael Klarmann hatte auf Telepolis bereits geschrieben (Neonazi-Vergangenheit des Messerstechers), dass der Tatverdächtige in der neonazistischen "Freiheitlich Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) aktiv war: "Die FAP war 1995 wegen ihrer Radikalität verboten worden, damalige Parteikader sind bis heute in der NPD, der Minipartei "Die Rechte", in der Szene der "Freien Kameradschaften" oder im Umfeld der "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa) aktiv", so Michael Klarmann.

Es geht also jetzt um den ersten politisch und fremdenfeindlich motivierten Anschlag auf eine deutsche Politikerin, die sich für Flüchtlingshilfe eingesetzt hat. Als Oberbürgermeisterin wird sie sich, so schrieb sie: "Menschlichkeit und Solidarität fordern und fördern - und Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung entschieden entgegentreten. Die Belange von Flüchtlingen in einem Masterplan zusammengefasst behandeln und ihre menschenwürdige Unterbringung sicherstellen." Der Messerstecher wollte mir ihr offenbar auch die Bundeskanzlerin Merkel bestrafen. Beide seien für die Flüchtlingspolitik verantwortlich, soll er bei der Tat gesagt haben.

Wollte der Täter damit ein Fanal setzen? Will er sich zum ersten Märtyrer im Kampf gegen die vermeintliche Überfremdung und Islamisierung stilisieren? Die NPD, sie sich "soziale Heimatpartei" nennt und in Konkurren zur erstarkenden AfD steht, wirft Merkel "Hochverrat" vor.