Eskapismus ohne Moralismus

Seite 2: Selbst-Optimierung, "Penis-Neid", Sexismus und Homosexualität

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Man könnte den Plot dafür kritisieren, dass hier vorgeführt wird, wie Jugendliche im kürzester Zeit "erwachsen werden" sollen, wie sie lernen, ein darwinistisches Szenario des "Survival of the Fittest" unhinterfragt zu akzeptieren und sich ihrer neuen Dschungel-Welt und deren Gesetzen anzupassen - bei Todesstrafe im Übertretungsfall. Hier ist der Film neoliberaler Zeitgeist pur anders als sein Vorgänger, bei dem die Hauptfiguren leidendere, abgründigere Charaktere waren.

Aber man sollte auch nicht ignorieren, dass sich der Film auf die Seiten von Teamgedanken und Gemeinschaftswerten schlägt, und dass er in all seiner Oberflächlichkeit für den Abschied aus virtuellen Scheinwelten eintritt. Wie einst "Alice" lernen die Figuren, dass man in eine Märchenwelt nicht für ewig eintauchen kann.

Bild: Sony Pictures

Der durchaus vorhandene Charme von "Jumanji" entsteht daraus, dass der Film sich und seinen kruden Plot niemals über Gebühr ernst nimmt. Hinzu kommt der Kontrast zwischen den Jugendlichen und ihren pubertierenden Gemütern mit den neuen Erwachsenenkörpern, in denen sie stecken.

In subtiler, nie geschmackloser Form spielt der Film mit gegenwärtigen perfektionistischen Körperbildern und Sujets wie Selbst-Optimierung, "Penis-Neid", Sexismus und Homosexualität - denn im Körper des älteren dicklichen Kartografen Oberon steckt ja "eigentlich" eine junge Frau mit Idealmaßen und übertriebenem Körperbewusstsein.

Regisseur Jake Kasdan hält all diese Motive und die Story immer im Gleichgewicht. So gelingt ihm mit "Jumanji: Welcome to the Jungle" altmodisches Unterhaltungskino im guten Sinne: Eskapismus ohne Moralismus, Märchenhaftigkeit ohne politische Korrektheit, Jahrmarktskino im Wissen darum, dass auch das schönste Vergnügen wie alles einmal vorbei ist. Der perfekte Weihnachtsfilm!

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