Europa vorbereiten für Einsätze mit hoher militärischer Intensität
Initiative der Verteidigungsminister von Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien
In absehbarer Zeit wird die Europäische Union aller Vorausicht nach in Gegenden militärisch zum Einsatz kommen, "in denen die Nato keinen Einsatz erwägt". Das berichtet Spiegel Online unter Berufung auf einen Brief, den die Verteidigungsminister Deutschlands, Frankreich, Spaniens und Italien an die EU-Außenbeauftagte Federica Mogherini gerichtet haben. Vorausgegangen ist dem Brief eine gemeinsame Inititative Deutschlands und Frankreichs, die beide auf eine engere und verstärkte Zusammenarbeit der EU-Staaten in Sachen Verteidigungspolitik setzen ("Wir brauchen ein stärkeres Europa").
In dem Brief bringen die Verteidigungsminister der genannten vier EU-Staaten zum Ausdruck, dass Europa in der Lage sein müsse, notfalls auch militärische Einsätze "bis zu einem hohen Intensitätsgrad" durchzuführen - außerhalb des Nato-Verteidigungsbündnisses.
In "dramatischen Worten", so Spiegel Online, führten die Verteidigungsminister in dem Schreiben aus, worin der Grund für den Vorstoß liegt. So heißt es: "Wir glauben, dass in der komplexen politischen Situation, die durch die Migrationskrise, wirtschaftliche Schwierigkeiten und die Unsicherheit, die der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU mit sich bringt, vor allem aber wegen des schlechter werdenden Sicherheitsumfeldes innerhalb und außerhalb Europas, eine robuste europäische Verteidigung unabdingbar ist."
Was genau die Verteidigungsminister mit einem "schlechter werdenden Sicherheitsumfeld innerhalb und außerhalb Europas" meinen, ist nicht ersichtlich. Aber erneut findet der Ausdruck "robust" Verwendung, der auch schon beim Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr gebraucht wurde, nachdem der Öffentlichkeit kommuniziert werden musste, dass bei der Mission am Hindukusch auch das Leben deutscher Soldaten in Gefahr sein würde (Schaltet die Schweine aus!).
Wie das Nachrichtenportal berichtet, finden sich in dem Brief auch konkrete Vorschläge, wie die militärische Zusammenarbeit auf EU-Ebene ausgestaltet werden kann. Demnach sollen sich die Verteidigungsminister der EU-Staaten sowohl öfter als auch regeßmäßiger treffen und dabei Sicherheitsfragen in den Vordergrund stellen. Ein gemeinsames Hauptquartier in Brüssel solle zur Vorbereitung von entsprechenden Entscheidungen dienen. Außerdem komme es darauf an, die unterschiedlichen Fähigkeiten von EU und Nato besser zu verzahnen. Insbesondere im zivil-militärischen Bereich verfüge die EU über Fähigkeiten, die die Nato nicht habe.
Darüber hinaus setzen sich die Verteidigungsminister dafür ein, dass die Finanzierung von EU-Militär-Einsätze nach dem Athena-Mechanismus erfolgen solle, das heißt: Die Einsätze werden nicht über den EU-Haushalt, sondern direkt von Staaten, die sich daran beteiligen, finanziert. Des Weiteren erstreben die Verteidigungsminister eine engere Zusammenarbeit der europäischen Rüstungsindustrie an. Laut Spiegel Online sei die Initiative aber nicht als Alternative zur Nato gedacht. Der EU-Vorstoß diene vielmehr zur Ergänzung des Verteidungsbündnisses.
Großen Wert scheinen die vier Verteidigungsminister auf eine möglichst breite Zustimmung zur Initiative der anderen EU-Staaten zu legen: "Wir würden es bevorzugen, all diese Vorschläge zu 28., oder, nach dem Brexit, zu 27. umzusetzen." Allerdings solle die militärische Interventionsbereitschaft der EU nicht zu einer europäischen Armee führen (Die Mobilmachung Resteuropas). "Um es klar zu sagen: Eine 'EU-Armee' ist nicht unser Ziel", schreiben die Minister.