Europäischer Gerichtshof: PKK-Verfahren beginnt heute

Seite 2: Ein Schritt zur Lösung der Kurdenfrage?

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Was wäre, wenn der europäische Gerichtshof (EuGH) der Klage folgen würde? Wären dann Terroranschläge von der PKK in Europa die Folge? Wohl kaum, denn selbst der Verfassungsschutz gibt seit Jahren zu, dass von der PKK keine Gewalt in Deutschland ausgehe. Schon 1997, am 8. August erklärte der Vorsitzende der PKK, Abdullah Öcalan in einem ZDF-Interview den bedingungslosen Gewaltverzicht in Deutschland.1

Die Streichung von der Terrorliste hätte Auswirkungen auf die zahlreichen Prozesse gegen kurdische Politiker und Aktivisten, die zum Teil mit absurden Anschuldigungen wie Anmeldung einer Demo, Verkauf von Dönern auf einer Veranstaltung oder Demo, die der PKK zugeordnet wurde, vor Gericht stehen. Der § 129b, "Unterstützung einer terroristischen ausländischen Vereinigung" braucht keine konkreten Straftaten. Es genügt schon, wenn irgendein Gericht befindet, dass das Verkaufen von Dönern auf einer Kurdendemo eine Unterstützung der PKK sei.

Ein positives Urteil des EuGH wäre ein wichtiger Schritt zur friedlichen Lösung der Kurdenfrage und zur Entkriminalisierung der kurdischen Bewegung in Europa. Das Urteil wäre für die gesamte EU verbindlich, da der EuGH das höchste Rechtsprechungsorgan der Europäischen Union ist. Eine negative Entscheidung käme einer Unterstützung der aggressiven, gewalttätigen Haltung der türkischen Staatspolitik gegenüber ihren Minderheiten gleich.

Im Jahr 2016 fällte ein belgisches Gericht bereits ein richtungsweisendes Urteil: In einem Verfahren gegen 36 kurdische Politiker entschied es, dass die PKK nicht als terroristische Organisation eingestuft werden kann. Die Urteilsbegründung besagte, dass in der Türkei Krieg herrsche und die PKK eine der Kriegsparteien sei. Diese Begründung dürfte auch im EuGH-Verfahren eine wichtige Rolle spielen.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam der Vorsitzende des Türkei Tribunals, Philippe Texier, das im März in Paris stattfand. Am Ende der Sitzung teilte er mit, dass die Jury bereits zu dem Schluss gekommen sei, dass die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des kurdischen Volkes die Ursache des Konflikts sei, der als ein nicht internationaler bewaffneter Konflikt im Sinne des Völkerrechts anzusehen sei, und nicht als eine Polizeioperation gegen den Terrorismus, wie vom türkischen Staat behauptet (siehe Türkei-Tribunal: Türkischer Präsident auf der Anklagebank).