Europaparlament bestätigt Juncker

Der designierte Kommissionspräsident verspricht Allen Alles

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Jean-Claude Juncker wird am 1. November 2014 neuer EU-Kommissionspräsident. Kurz vor 14 Uhr votierten im Europaparlament 422 von insgesamt 751 Parlamentariern für ihn. Bei den Christ- und Sozialdemokraten, die ihn eigentlich stützten, hatten sich unter anderem die ungarischen Konservativen und die britische Labour-Party geweigert, für den erklärten Euroföderalisten zu stimmen. Er war deshalb auch auf Stimmen der Liberalen und der Grünen angewiesen.

Welche Politik Juncker als EU-Kommissionspräsident betreiben wird, lässt sich unter anderem deshalb schwer vorhersagen, weil der 2013 über eine Stay-Behind-Affäre gestürzte ehemalige Luxemburger Ministerpräsident ein eher taktisches Verhältnis zur Wahrheit hat. Sein Verhalten in den letzten 20 Jahren deutet jedoch auf zweierlei hin: Er dürfte mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit darauf hinarbeiten, dass Brüssel eher mehr Kompetenzen bekommt als weniger. Und er wird nichts tun, was gegen den Willen der Banken wäre, die Luxemburg zu einer Finanzoase gemacht haben.

Jean-Claude Juncker. Foto: EVP. Lizenz: CC BY 2.0.

Gut möglich ist auch, dass Juncker heimlich oder offen auf die Einführung von Eurobonds hinarbeitet, mit denen Staatsschulden vergemeinschaftet würden. Er selbst hatte solche Eurobonds in den letzten Jahren immer wieder gefordert, aber die CDU und andere Parteien waren mit einer expliziten Gegnerschaft dazu in den Europawahlkampf gezogen. Sollten Eurobonds trotzdem kommen, dann hätten die Wähler einen "Spitzenkandidaten" als Kommissionspräsidenten bekommen, den sie (auch in Deutschland) kaum als Zugpferd wahrnahmen - aber das zentrale Wahlversprechen der Union wäre gebrochen.

CDU-Wahlwerbung. Screenshot: Telepolis.

Den Fraktionen, die ihn im Europaparlament wählten, machte Juncker Versprechungen , die sich schwerlich unter einen Hut bringen lassen: Seiner EVP und den Liberalen sicherte er zu, die Euro-Stabilitätskriterien nicht anzutasten, während er Sozialdemokraten und Grünen in Aussicht stellte, dass diese Kriterien unter ihm sehr viel großzügiger ausgelegt werden könnten als jetzt, damit es eine "Investitionsoffensive" geben könne. Und während er sich bei den Liberalen als eifriger TTIP-Befürworter gab, kritisierte er das geplante transatlantische Freihandelsabkommen in seiner Rede vor den Grünen.

Gegen Juncker stimmten unter anderem die Linkspartei und die Alternative für Deutschland (AfD), deren Vorsitzender Bernd Lucke kritisierte, der Luxemburger trage als langjähriger Eurogruppenchef erhebliche Verantwortung für das Staatsschuldendesaster.

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