Europol im Bermuda-Dreieck
Betrugsskandal erschüttert europäische Polizeiorganisation
Die europäische Polizeiorganisation Europol ist erstmals in einen Betrugsskandal verwickelt. Am 30. Mai durchsuchte eine Spezialeinheit der niederländischen Polizei ein Büro eines Europol-Mitarbeiters im Hauptquartier in Den Haag. Daraufhin wurde ein hochrangiger französischer Mitarbeiter der 39-köpfigen IT-Abteilung von Europol verhaftet. Auch seine Wohnung wurde durchsucht. Nun sollen sich die Untersuchungen auch auf andere Europol-Mitarbeiter ausweiten.
Wie die niederländische Zeitung "De Telegraaf" meldete, besteht der Verdacht auf Betrug und Urkundenfälschung. Der Franzose soll Gelder, die für IT-Projekte bei Europol bestimmt waren, auf Privatkonten im Ausland geschleust haben. Ein Teil der Gelder soll bei Banken auf den Bermuda Inseln aufgetaucht sein. Inzwischen wurde er vom Dienst suspendiert.
Ans Tageslicht kamen die Banktransaktionen bei einer Untersuchung der Europol-Buchführung des Jahres 1999. Europol-Chef Jürgen Storbeck hatte bislang immer behauptet, die Kontrolle von Europol reiche völlig aus. Nun untersucht ein internes Team unter der Leitung eines Europol-Direktoriumsmitglieds den Fall. Die Europol-Leitung hat im Fall eines bestimmten Vertrags auch die niederländische Justiz eingeschaltet.
Ob und inwieweit diese Affäre auch mit dem umstrittenen Sensus-Projekt zusammenhängt, ist bislang nicht geklärt. Im Auftrag der EU-Kommission und mit einer BND-Tarnbehörde als Koordinatorin hatte ein Firmenkonsortium ein multilinguales Analysewerkzeug entwickelt. Nutzer unter anderem: Europol. Klaus Schmidt, der Europol im Sensus-Projekt vertrat, arbeitete mit dem verhafteten Mitarbeiter eng zusammen.
Auf Grundlage des Sensus-Projekts entwickelt Europol sein neues Informationssystem TECS (The Europol Computer System). "Bis 2002 soll es in allen elf Amtssprachen soweit verfügbar sein, dass Anfragen in den jeweiligen Landessprachen eingegeben wierden können und die Antworten auch in der gleichen Sprache erfolgen", teilte Europol-Sprecher Rainer Wenning Telepolis mit.
Eine schnellstmögliche Aufklärung kann nur im Interesse der Behörde sein, die mit dieser Affäre schwer angeschlagen ist. Ihre Hauptaufgabe besteht darin für die europäischen Mitgliedstaaten die informationstechnische Datenverarbeitung und -analyse gebündelt zu betreiben. Neben der Bekämpfung der Euro-Fälschung will Europol künftig auch andere Aufgaben wie die Bekämpfung der Internetkriminalität übernehmen.