FDP präsentiert Klageschrift gegen "Bundesnotbremse"

Liberale argumentieren mit widersprüchlichen Regelungen. Kontroverse um Kunstaktion #allesdichtmachen dauert an

Die FDP hat am heutigen Dienstag in Berlin ihre Klageschrift gegen das erneuerte Infektionsschutzgesetz vorgestellt und dabei die aus ihrer Sicht bestehenden Probleme mit der sogenannten Bundesnotbremse dargelegt. Die Liberalen wollen mit ihrer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht vor allem die Ausgangssperren und die Kontaktbeschränkungen auf eine haushaltsfremde Person kippen.

Beide Maßnahmen seien nicht verhältnismäßig, hieß es bei der Präsentation der Klageschrift in der Bundespressekonferenz in Berlin. Zuvor war das Dokument im Internet veröffentlicht worden, Telepolis stellt es hier zum Download zur Verfügung:

Verfassungsbeschwerde der FDP

"Die von der Union und SPD beschlossenen nächtlichen Ausgangssperren und pauschalen Kontaktbeschränkungen sind ungeeignete Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung", zeigte sich der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae im Gespräch mit der Augsburger Allgemeinen überzeugt. Die Maßnahmen des novellierten Infektionsschutzgesetzes seien überdies wirkungslos und widersprüchlich, hieß es von dieser Seite weiter.

Tomae argumentierte in dem Interview mit Erkenntnissen aus wissenschaftlichen Studien. Diese belegten, dass nächtliche Ausgangssperren so gut wie keine Wirkung auf das Pandemiegeschehen hätten. Zuvor war unter anderem bekannt geworden, dass die Regelung sogar die Durchreise in einem geschlossenen Fahrzeug durch Landkreise zwischen 22 Uhr und fünf Uhr morgens verbietet.

Die Logik hinter solchen Regelungen sei nicht nachvollziehbar, heißt es in der Klageschrift der FDP gegen das neue Infektionsschutzgesetz. Darin weisen die Liberalen zudem auf Widersprüche bei den seit Samstag bestehenden Kontaktbeschränkungen hin.

So dürfe der neuen Gesetzeslage zufolge zwar ein Kind oder Enkelkind seine Großeltern besuchen. Die beiden Großeltern dürfen aber nicht gemeinsam das Kind oder Enkelkind besuchen. Wie dadurch die Verbreitung des neuartigen Corona-Virus Sars-CoV-2 verhindert werden solle, sei nicht nachvollziehbar. Die Einschränkung von Grundrechten müsse aber in jedem Fall nachvollziehbar begründet sein.

Andauernde Kontroverse um Aktion #allesdichtmachen

Indes dauert die Kontroverse um eine Aktion von gut 50 Kulturschaffenden an, die Sinn und Auswirkungen der Infektionsschutzmaßnahmen unter dem Hashtag #allesdichtmachen in kurzen Videos hinterfragt hatten.

Der Schauspieler Kida Khodr Ramadan - bekannt aus der Serie 4 Blocks - erklärte auf Instagram, er sei auch für die Aktion zwar angefragt worden. Allerdings habe er die Teilnahme abgelehnt, weil er von den Machern nicht richtig über die Ziele aufgeklärt worden sei.

"Ich bin sehr glücklich, dass ich das Video nicht gemacht habe", fährt Ramadan in dem Video fort - und kritisiert seine Kolleginnen und Kollegen in harschen Worten: "Wo ist euer fucking Problem?" Er habe eine Aussage vermisst, "als in Hanau Menschen gefallen sind" oder als Menschen Hilfe brauchten.

Während einige Teilnehmer der Video-Aktion ihre Beiträge zurückgezogen und sich von der Aktion angesichts der massiven Kritik distanziert haben, erklären einige Medienmacher die ganze Sache kurzerhand zu einem Betriebsunfall und versuchten – wie Samira El Ouassil und Holger Klein auf der Seite uebermedien.de – die Teilnahme als Versehen oder Missverständnis zu erklären.

Solchen Reaktionen – und auch Versuche, die Schauspieler und Künstler mit ihren Videostatements politisch in die rechte Ecke zu stellen – widersprachen Teilnehmer wie der Tatort-Darsteller Jan Josef Liefers. Auf die Frage eines WDR-Journalisten, ob er "naiv" gewesen sei, als er "exakt das Narrativ der Corona-Leugner, der Rechtsextremen und 'Lügenpresse'-Schreihälse" bedient habe, antwortete Liefers: "Wissen Sie, wann jemand zu mir gesagt hat: 'Sind Sie so naiv?' Das war (ein Vertreter) des Zentralkomitees in der DDR an der Schauspielschule. Ich kenne solche Fragen.

"Der Regisseur Dietrich Brüggemann – der vom Online-Portal netzpolitik.org unter der Überschrift "Auf die Fresse" als "einer der Drahtzieher" identifiziert wurde – verteidigte die Aktion erneut: "Ich entschuldige mich nicht", sagte er in einem Interview mit der Welt. Die Kampagne habe die Art und Weise der Kommunikation der Bundesregierung in der Corona-Pandemie persifliert, fügte er an, dies sei auch klar zum Ausdruck gekommen.