FPÖ distanziert sich von den Identitären
Aber die ideologische Verbindung bleibt, wie man gerade an Innenminister Kickl sehen kann, der vor einer neuen Masseneinwanderung warnt
Österreichs FPÖ, die mit der ÖVP die Regierung stellt, hat nach dem Attentat im neuseeländischen Christchurch Schwierigkeiten mit ihrer Nähe zu den Identitären (IBÖ), was zu einer kleinen Regierungskrise führte, die aber, wie erwartet, inzwischen von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) behoben wurde. Die FPÖ will sich von allen Verbindungen und Nähen zu den Identitären lösen, was auch schon zu personellen Konsequenzen geführt hat, wie der Standard berichtet.
Der FPÖ-Generalsekretär versichert: "Es gibt keine organisatorische oder finanzielle Verflechtung der FPÖ mit den Identitären." Schließlich ist deswegen die FPÖ in einer Umfrage schon hinter die SPÖ zurückgefallen. Inhaltlich bleibt man allerdings solidarisch.
Der rechte Attentäter hat dem Kopf der Identitäten in Österreich, Martin Sellner, eine Geldspende zukommen lassen und sich 2018 auch in Österreich aufgehalten. Die "Aufklärung" über die Beziehungen zwischen dem Attentäter und den Identitären leistet das von Herbert Kickl (FPÖ) geleitete Innenministerium. Bislang seien keine Kontakte zu Personen oder Organisationen bekannt. Ermittelt werde auch gegen Vereine, die mit dem von deutschen Bundeswehrsoldaten und Polizisten aufgebauten Netzwerk "Schattenarmee" zusammenhängen. Gleichwohl verkündete Kickl am selben Tag, dass die "größte Gefahr, der wir derzeit ausgesetzt sind, die islamistische" sei.
Was also nützt, wenn es tatsächlich keine "organisatorische oder finanzielle Verflechtung der FPÖ mit den Identitären" geben sollte, wenn man inhaltlich auf derselben Linie liegt. So schlug der Innenminister gestern "Alarm" und warnt ausdrücklich mit Blick auf die EU-Wahlen vor einer angeblich erneut drohenden Flüchtlingskrise - "jahreszeitlich bedingt". Weil "entlang der östlichen Mittelmeer- und der Balkan-Route eine größere Wanderbewegung illegaler Migranten" bevorstehe, hat Kickl, wie die FPÖ schreibt, in einem Brief an die EU-Kommissare Dimitris Avramopoulos (Migration), Johannes Hahn (Nachbarschaftspolitik) sowie Günther Oettinger (Haushalt) "koordinierte Maßnahmen" gefordert. Es werde nämlich eine "groß angelegte Wanderbewegung von der Türkei nach Europa vorbereitet", von wem, bleibt allerdings offen. Das will Kickl vom Europol European Migrant Smuggling Centre erfahren haben.
Millionen wollen angeblich Europa stürmen
Im Hintergrund steht der Tumult, den es letzte Woche in Diavata bei Thessaloniki gab. Nach einer Falschmeldung hatten sich hier, wo es auch ein Flüchtlingslager gibt, Flüchtlinge und Migranten versammelt, die glaubten, die Grenze nach Nordmazedonien würde am 5. April geöffnet werden, manche fürchteten auch, dass ihr Asylrecht beendet würde. Sie waren aus allen Teilen Griechenlands, auch von Inseln, angereist. Als am Freitag eine Gruppe von hunderten Flüchtlingen Richtung Grenze nach Edomeni ziehen wollte, griff die Polizei ein und blockierte den Weg, wobei es zu Auseinandersetzungen kam. Vorübergehend wurde die Zugverbindung Athen und Thessaloniki gesperrt (Fake News über geöffnete Grenzen).
In dem Camp außerhalb des Lagers befanden sich um die 2000 Flüchtlinge. Die letzten 800 Flüchtlinge wurden von dort am Samstagabend wieder zurückgebracht. Das Leben im Lager habe sich seitdem wieder normalisiert. Die Behörden richten sich darauf ein, dass es wieder zu solchen Fake News kommen kann.
Kickl erklärt, nur in Griechenland würden angeblich"60.000 Illegale auf die Weiterreise nach Mitteleuropa" warten. Erforderlich sei deswegen, "unsere jeweiligen Notfallpläne für einen neuen Massenzustrom abzustimmen" und zu erfahren, welche Maßnahmen die Kommission geplant habe. Dann zählt Kickl noch die Flüchtlinge zusammen, die sich in Serbien und Bosnien-Herzegowina "vor unserer Haustür" aufhalten, die er auf 10.000 beziffert. Um das dann gehörig zu dramatisieren, werden schnell noch 5,6 Millionen Flüchtlinge im Nahen Osten hinzuaddiert, um daraus "das Potential einer neuen Krise wie 2015/16" abzuleiten.
Man dürfe nicht warten, "bis wieder -zigtausende Migranten an der Grenze stehen". Die österreichische Regierung sei "entschlossen, jede gebotene Maßnahme zu setzen, um illegale Migration zu verhindern". Besonders im Blick hat er die Schließung der EU-Außengrenze zur Türkei und Abschiebungen, auch in den Westbalkanstaaten. Bei all dem hätte er gewiss die Unterstützung der Identitären, die zum Schutz der Heimat vor der angeblichen Masseneinwanderung ("Große Austausch") und dem Untergang der Kultur warnen, die Schließung der Grenzen wie in Ungarn fordern. Martin Sellner hat darin Recht, wenn er die Distanzierung der FPÖ kritisiert: "Ich habe gesagt es gibt inhaltliche Überschneidung und ich kenne das gesamte patriotische Lager in Österreich nachweislich persönlich. Strache müsste sich damit vom gesamtem außerparteilichen Vorfeld organisieren."
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