Fake News: Die scharfen Krallen des ukrainischen Bloggers Anatoli Scharij

Seite 3: Informationsminister Juri Stez tritt zurück

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Dermaßen bloßgestellt erklärte der Fernsehmoderator Roman Tschaika, er sei "Opfer einer Spezialoperation" geworden. Ja, er habe zunächst gezweifelt, ob das Material echt sei, erklärt Tschaika. Dann habe er sich aber doch entschlossen, das Material zu veröffentlichen, weil es sich offenbar "um ein schweres kriminelles Verbrechen handelte".

Am 31. Mai trat plötzlich der ukrainische Informationsminister Juri Stez - der Kurator des 5. Kanals - zurück, angeblich "aus gesundheitlichen Gründen" (Ukraine hat ein neues Informationsministerium). Politische Gründe gäbe es nicht, erklärt der ukrainische Staatssekretär Artjom Bidenko.

Natürlich hänge der Rücktritt mit dem Fake-Skandal zusammen, sagt Scharij im Interview mit dem russischen Internet-Portal Lenta.ru. Der Blogger: "Ich kenne die Überreiztheit von Poroschenko und kann mir vorstellen, was es für einen Skandal in seiner Administration gab und wie er Stez zusammengestaucht hat." Was der 5. Kanal treibe sei kein Journalismus sondern "Lüge und Propaganda". Merkwürdig: Die ukrainischen Medien berichteten nicht über den Skandal.

Informationsminister Juri Stez, ein Vertrauter Poroschenkos, trat aufgund des Skandals zurück, aber das will er nicht zugeben. Bild: mip.gov.ua

Wer waren nun die Journalisten, die Scharij "überführten"?

Der Gast in der Sendung des 5. Kanals in der Scharij "überführt" wurde, war Bogdan Butkewitsch. Er war schon häufig durch extreme Äußerungen aufgefallen. Am 10. Mai 2017 hatte Butkewitsch im Kiewer Fernsehkanal Espresso.tv erklärt, man müsse die Demonstranten, die in Kiew am 9. Mai zum Gedenken an den Sieg über den deutschen Faschismus demonstrierten, "erschießen".

Im April 2014 hatte Butkewitsch in einem Interview für den Internet-Fernsehkanal hromadske.tv gesagt, der Donbass sei eine "depressive Region". Man müsse sie "als Ressource" nutzen, aber es gäbe dort "eineinhalb Millionen überflüssige Menschen". Die müsse man "umbringen." Der Interview-Ausschnitt wird in der eingangs erwähnten Sendung des 5. Kanal vom 29. Mai 2017 - offenbar zur allgemeinen Erheiterung - nochmal vorgeführt (Die umstrittene Interview-Äußerung ab Minute 2:24). Während seiner damaligen Aussage über den Donbass schmunzelt der Journalist Butkewitsch genüsslich. Von Scham keine Spur. Im Gegenteil, er ist mit sich selbst zufrieden und im Reinen.

Und wer ist eigentlich Anatolij Scharij?

Anatoli Scharij ist einer der bekanntesten oppositionellen Blogger der Ukraine und der Regierung in Kiew ein Dorn im Auge. Schon Ende April erklärte Anton Geraschenko, ein Berater des ukrainischen Innenministers, Anatoli Scharij könne "seine Sachen packen und seinen ständigen Wohnsitz in der Russischen Föderation beziehen". Denn bei einer sogenannten "Operation Klempnerzange" habe man herausgefunden, dass der Blogger Scharij an der "Finanzierung des internationalen Terrorismus" beteiligt sei.

Der 38 Jahre alte Anatoli Scharij wurde 1978 in Kiew geboren. Er arbeitete seit 2005 als investigativer Journalist, unter anderem für die liberale Kiewer Zeitung Sewodnja. Scharij deckte brisante Kriminalfälle aus den Bereichen Pädophilie und illegale Kasinos auf. Nachdem Unbekannte zwei Anschläge auf ihn verübt hatten, verließ der Journalist im Januar 2012 die Ukraine und beantragte in Litauen politisches Asyl. Seitdem lebt Scharij an einem unbekannten Ort in der Europäischen Union.