Falsche Ozempic-Pens: Warnung vor gefälschtem Medikament
Das Diabetes-Medikament von Novo Nordisk erfreut sich großer Nachfrage. Es wird auch als Mittel gegen Übergewicht gehypt. Jetzt tauchen hierzulande erste Fälschungen auf.
Der Traum, Übergewicht nicht mehr durch körperliche Anstrengung abbauen zu müssen, sondern die Pfunde mithilfe von Medikamenten loszuwerden, ist so alt wie die Adipositas-Welle, die immer mehr Menschen in den Industrieländern plagt.
In Frankreich setzten Übergewichtige vor Jahren ihre Hoffnungen auf Mediator des zweitgrößten französischen Pharmakonzerns Les Laboratoires Servier. Das Medikament wurde erst vom Markt genommen, als die EU-Gesetzgebung 2009 ein Verkaufsverbot anordnen konnte. Der Hersteller sowie die für die Vermarktung des Medikaments verantwortliche französische Aufsichtsbehörde ANSM wurden inzwischen zu eher symbolischen Strafen verurteilt.
Novo Nordisk: der Überflieger am Pharmamarkt
Wie sehr die Vorstellung vom mühelosen Abnehmen mit Pillen die Fantasie beflügelt, zeigt aktuell der Höhenflug der Aktie von Novo Nordisk, die seit März 2017 um mehr als 400 Prozent zugelegt hat. Grund dafür ist primär das Diabetes-Medikament Ozempic, für das die Dänen die Nachfrage nicht mehr bedienen können, seit der Patientenkreis von Diabetes-2-Patienten auf Übergewichtige ausgeweitet wurde.
In diesem Zusammenhang wurde die Nachfrage nach dem Wirkstoff Semaglutid offenbar durch eine gezielte PR-Kampagne in den sozialen Medien übermäßig angeheizt, sodass Diabetes-2-Patienten inzwischen oft lange Wartezeiten für ihr Medikament in Kauf nehmen müssen.
In Großbritannien hat die überzogene Marketingkampagne für den Wirkstoff Semaglutid inzwischen dazu geführt, dass der Nutzen für den medizinischen Sektor kritischer beurteilt wird als zuvor. Dazu gehört auch der Hinweis, dass Patienten nach der Gabe von Ozempic suizidgefährdet gewesen sein sollen.
Ozempic-Fälschungen in Lörrach aufgetaucht
Das Regierungspräsidium Freiburg hat Ende vergangener Woche darüber informiert, dass in Lörrach gefälschte Pens des Diabetes-2-Medikaments Ozempic des dänischen Herstellers Novo Nordisk in größerer Zahl aufgetaucht sind als zunächst angenommen. In einer Meldung des Südwestfunks wurde darauf hingewiesen, dass Ozempic-Fälschungen bereits im vergangenen Sommer in der Schweiz aufgetaucht seien.
Patienten, die die gefälschten Pens benutzten, wurden mit Unterzuckerung in Krankenhäuser eingeliefert, was darauf hindeutet, dass die Pens Insulin enthielten. Die Bauform der gefälschten Pens entspricht in ihrem Erscheinungsbild auch den üblichen Insulin-Glargin-Pens, einschließlich der beiden aufgedruckten Skalen. Lediglich die Farben der Kunststoffteile und der Aufkleber der gefälschten Ozempic-Pens weichen von den gängigen Insulin-Pens ab.
In Deutschland werden die Fälschungen inzwischen bundesweit vermutet. In Lörrach hat die zuständige Landespolizei die ersten Pens in einer Firma gefunden. Wo genau die gefälschten Pens aufgetaucht sind, wurde nicht bekannt gegeben.
Inzwischen wurden offenbar deutlich mehr Fälschungen entdeckt als zunächst gemeldet und man geht davon aus, dass auch andere Bundesländer von den Fälschungen betroffen sind. Inzwischen wurden sogenannte "Hinweise für Fachpersonal" in Apotheken und Großhandel herausgegeben, was darauf hindeutet, dass die Fälschungen ihren Weg in die reguläre Medikamentenlieferkette gefunden haben könnten.
Die pharmazeutische Lieferkette in Deutschland gilt aufgrund des sogenannten SecurPharm-Systems als besonders sicher. Bei SecurPharm trägt jede einzelne Packung einen individuellen QR-Code, über den die Packung bis zur Abgabe an den Patienten in der Apotheke verfolgt werden kann.
SecurPharm, das auf Servern von Microsoft betrieben wird, war im Januar 2023 ausgefallen. Die Abbuchungen konnten damals nicht zeitgleich mit der Abgabe der Arzneimittel an die Patienten erfolgen. Eine weitere Unregelmäßigkeit ergab sich im Zusammenhang mit Arzneimittelspenden für die Ukraine, die nicht bei SecurPharm ausgebucht werden mussten.
Sollten die gefälschten Ozempic Pens in Deutschland trotz des SecurPharm-Systems den Weg in die reguläre Lieferkette gefunden haben, wäre ein Verschweigen des Vorfalls wenig hilfreich und würde die Vorbehalte in der Bevölkerung gegenüber der Pharmaindustrie eher noch verstärken.
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