Fantasy und die realen Zusammenhänge der Macht
Seite 2: Die USA sind nicht mehr länger Nabel der Welt
- Fantasy und die realen Zusammenhänge der Macht
- Die USA sind nicht mehr länger Nabel der Welt
- Auf einer Seite lesen
Und da ist eine Kleinigkeit beim G20-Gipfel, die bislang überhaupt noch nicht richtig gewürdigt worden ist: Beim Gruppenfoto der zwanzig Staatenlenker und der Vertreter der Nichtregierungsorganisationen wie UNO oder IWF steht von uns aus rechts neben der Gastgeberin Merkel der chinesische Präsident und direkt daneben der russische Präsident Putin.
Der ständig rüpelnde US-Präsident Donald Trump steht wie ein begossener Konfirmand fast ganz links außen. Auch wenn es dafür protokollarische Gründe geben mag: dieses Gruppenbild mit Dame visualisiert die aktuelle Machtverschiebung auf unserem Globus perfekt. Die USA sind nicht mehr länger Nabel der Welt. Sie sind isoliert, wie Noam Chomsky jüngst bemerkte .
Der Aufstieg Chinas zum wirtschaftlichen Giganten ist quasi von den USA erzwungen worden. Der US-amerikanisch geprägte Marktradikalismus wurde nach dem Massaker auf dem Tienanmenplatz 1989 von Milton Friedman und seinen Schülern in die Volksrepublik implantiert.4
Die Chinesen zeigten sich zunächst als gelehrige Schüler Friedmans, wichen aber zum Ärger der US-Ideologen doch vom Plan ab und bauten ihren proaktiv in die Wirtschaft eingreifenden Staat energisch aus. Das ist das wirkliche Erfolgsrezept Chinas. Das verärgert die Marktradikalen, die das ordnende Eingreifen des Staates in das Wirtschaftsgeschehen als "Marktstörung" brandmarken.
Paradigmen der Wirtschaftspolitik und Konsequenzen von Denkfaulheit
Das sind die wirklichen Fakten im Zusammenhang mit G20. Damit müssen wir uns befassen. Das ist letztendlich auch viel spannender als Aliens und Jesuiten: mit Paradigmen der Wirtschaftspolitik. Mit den subtilen, sich immer wieder wandelnden Koalitionen in den Eliten. Mit der Gewinnung von kultureller Hegemonie, vielleicht ja auch mal von der Basis gegen die Eliten durchgesetzt.
Dazu bedarf es kollektiver Kraftanstrengung und den Aufwand von viel Gehirnschmalz. Die Multiplikatoren primitiver feudalabsolutistischer Erklärungsmodelle für unsere komplexe Welt müssen dagegen gefragt werden, ob sie aus Denkfaulheit oder aus zynischem Machtkalkül die Gehirne der Menschen draußen im Lande mit den abgetragenen Kleidern aus der zaristischen Mottenkammer der Ochrana verstopfen und das Sprungbrett liefern wollen für die erneute Jagd auf Minderheiten.