Fed senkt Leitzinsen - aber nach Trumps Ansicht nicht genug
Bei der Entscheidung könnte auch die Besetzung des EZB-Chefpostens mit Christine Lagarde eine Rolle gespielt haben
US-Notenbankchef Jerome Powell hat gestern Abend eine Senkung der amerikanischen Leitzinsen um einen Viertelpunkt auf jetzt zwei bis zweieinhalb Prozent verkündet. Im Vorjahr hatte seine Federal Reserve Bank die Leitzinsen noch insgesamt vier Mal angehoben. Gleichzeitig kündigte er für August ein Zurückfahren des Anleihenprogramms der Fed an.
Die Gründe für die Zinssenkung sind den offiziellen Angaben des Notenbankchefs nach "Unsicherheiten" bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung. Die verlief in den USA wegen des Boeing-Auslieferstopps im letzten Quartal nicht ganz so gut wie vorher (vgl. Erdoğan droht USA mit Boeing-Boykott). Hinzu kommt, dass der Handelskonflikt zwischen den USA und China weiter ungelöst ist.
Lagarde ist nicht Weidmann
Außerdem steht nun fest, dass nicht der Deutsche Jens Weidmann (vgl. Wird doch Weidmann Draghi-Nachfolger), sondern die Französin Christine Lagarde Nachfolgerin des EZB-Chefs Mario Draghi wird. Von ihr wird erwartet, dass sie dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron und anderen eher ausgebefreudigen Staatsführungen in der EU entgegenkommt und die seit 2016 bei null liegenden europäischen Zinsen nicht erhöht, sondern eher versucht, Negativzinsen durchzusetzen.
Trump könnte Powell zwar entlassen, müsste dann aber mit negativen Marktreaktionen rechnen
US-Präsident Donald Trump hatte die Zinserhöhungen der Fed bereits im letzten Jahr öffentlich massiv kritisiert und durchblicken lassen, dass er Jerome Powell entlassen könnte, wenn der Chef der Notenbank die Zinsen weiter erhöht (vgl. Trump soll über Ablösung von Zentralbankchef nachdenken). Entgegen eines weit verbreiteten Glaubens wäre ihm das - anders als bei Supreme-Court-Richtern - nicht verboten. Der Federal Reserve Act fordert in Section 10 lediglich eine Begründung dafür.
Greift ein US-Präsident zu dieser Maßnahme, setzt er sich allerdings dem Verdacht aus, die Unabhängigkeit der Notenbank nicht ernst zu nehmen. Und wenn die Akteure an den Finanzmärkten so einen Verdacht hegen, kann ihr daraus resultierendes Verhalten für die amerikanische Volkswirtschaft negativere Konsequenzen haben als eine Zinserhöhung. Der ehemalige Notenbankchef Paul Volcker, der von August 1979 bis August 1987 mit Leitzinsen von zeitweise über 20 Prozent die Stagflation unter Kontrolle zu bekommen versuchte, blieb deshalb volle acht Jahre im Amt, bekam aber danach keine Verlängerung mehr.
Powell ist kein Greenspan
Obwohl Powell die Zinsen nun senkte, gibt sich Trump weiter unzufrieden mit ihm: Der Präsident twitterte, die Fed habe zu lange gewartet, den "Fehler" ihrer Zinserhöhungen zu korrigieren und die seiner Ansicht nach zu niedrige Senkung sei "keine Hilfe" für ihn. Bereits gestern, als Beobachter die Senkung erwarteten, hatte er mehr als die 0,26 Prozentpunkte und darüber hinaus eine Ausweitung der Anleihekäufe gefordert.
Es war jedoch Donald Trump selbst, der Jerome Powell im November 2017 als Nachfolger von Janet Yellen nominiert hatte. Seine erste Amtszeit im Federal Reserve Board of Governors verdankte der jetzige Fed-Chef aber Barack Obama, der ihn 2011 als Teil eines überparteilichen Kompromisspakets nominierte. Vorher war Powell Investmentbanker bei Dillon, Read & Co., wo er bis zum Vizepräsidenten aufstieg.
Das Bloomberg Intelligence Fed Spectrometer stufte ihn bei seiner Ernennung geldpolitisch weder als Falken noch als Taube, sondern als "neutral" ein. Danach gab er zu verstehen, dass er es in einer Phase der Hochkonjunktur für richtig hält, die Zinsen zu erhöhen, um eine nicht kontrollierte Inflation zu vermeiden (vgl. US-Notenbank weiter auf dem Weg der Zinsnormalisierung).
So eine Geldpolitik vermindert zudem mittel- und langfristig die Risiken für große Finanzkrisen, die der langjährige US-Notenbankchef Alan Greenspan mit seiner extrem lockeren Geldpolitik deutlich vergrößerte. Viele Verbraucherschulden und Spekulationsblasen, die dadurch entstanden, hängen immer noch wie Damoklesschwerter über der Weltwirtschaft, auch wenn gerade keines davon herunterfällt.
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