Finnland und die Nato: Abhängig von Erdoğans Gnaden

Seite 2: Türkei als Schlüsselakteur für die Energiesicherheit der EU

Die Türkei hat bereits 2014 von dem South-Stream-Projekt profitiert, das später in Turkstream umbenannt wurde. Die EU verlor schließlich, während Ankara gewann, da die EU nun auch russisches Gas über die Türkei bezieht.

Diese Energieroute wird weiter ausgebaut werden, wenn das russische Gasprojekt in der Türkei anläuft. In dem Maße, in dem Russland seine Rolle anpasst, könnte die Türkei zu einem Schlüsselakteur für die Energiesicherheit der EU werden. Durch die Aufgabe der direkten Zusammenarbeit mit Russland wird die EU in Zukunft möglicherweise mit der Türkei über Energiefragen verhandeln müssen.

Als Drehscheibe für verschiedene Energieprojekte hat Ankara in der Vergangenheit versucht, Mitglied der Europäischen Union zu werden, wozu Brüssel jedoch nicht bereit war. Jetzt sieht es so aus, als würde die Türkei ihren Kurs in Richtung Eurasien ändern und bald Mitglied der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit werden. Trotz seiner Nato-Mitgliedschaft wird die Zusammenarbeit Ankaras mit Moskau und Peking immer enger.

Die EU hat mit den Amerikanern beim Energiepoker gepokert und dabei die schwachen Karten in der Hand gehabt. Wenn du vor dem russischen Bären wegläufst, triffst du auf den türkischen Grauwolf. Wird Europa bald stärker vom türkischen Wohlwollen abhängig sein?

Die zweite Frage lautet: Werden die Vereinigten Staaten – die im Verdacht stehen, die Nord-Stream-Gaspipelines gesprengt zu haben – der Nato-Türkei erlauben, eine solche Energiepartnerschaft mit Russland einzugehen? Schließlich soll Europa auch in Sachen Energie von Amerika abhängig gemacht werden. Russischen Quellen zufolge hat es bereits Versuche gegeben, die Turkstream-Pipeline zu sabotieren.

Wie Karin Kneissl andeutet, "werden die kommenden Monate mit voller Wucht zeigen, wie unverantwortlich die EU-Regierungen mit den Energiesicherheitsbedürfnissen des Kontinents umgegangen sind".

Der Text erschien im finnischen Original am 26. Oktober 2022 auf der Homepage von Markku Siira unter dem Titel Euroopan energiavarmuus Turkin käsissä? Die deutsche Übersetzung erscheint in Kooperation mit dem Magazin hintergrund.de

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