Fluchtursachen: Deutschlands neue Afrikapolitik

Seite 2: Ein Marshallplan mit Afrika ...

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Neben dem "Compact with Africa" geistert schon seit einigen Monaten die Idee von Minister Müller für einen Marshallplan mit Afrika durch seine Reden. Mit diesem Marshallplan will Minister Müller die Wirtschaft in Afrika stärken, um Jobs und Perspektiven für Afrikas Jugend zu schaffen.

Der Plan wurde am Mittwoch als Entwurf veröffentlicht und lässt folgende Bausteine erkennen. So will Müller schädliche Exporte nach Afrika und illegale Finanzströme, beispielsweise die Steuervermeidung, stoppen. Und auch beim Marshallplan ist die Förderung privater Investitionen in Afrika ein zentraler Bestandteil.

Leider hat Minister Müller nur konkretisiert, wie er diese privaten Investitionen nach Afrika locken will, nicht jedoch, wie er die unfairen Handelsstrukturen verändern und Steueroasen austrocknen will.

… und eine gemeinsame Initiative zwischen BMZ und Wirtschaftsministerium

In einer gemeinsamen Initiative des Entwicklungs- und des Wirtschaftsministeriums wird der Ansatz zur Förderung von Privatinvestitionen konkretisiert. Diese Initiative greift die recht luftigen Worte des deutschen G20-Fokus (Compact with Africa) von der Verbesserung von Investitionsbedingungen auf. Die Initiative hat sich folgende Ziele gesetzt:

  1. Die Verbesserung von Rahmenbedingungen für alle Unternehmen. Den beiden Ministerien zufolge stehen der Abbau von Bürokratie, die Bekämpfung von Korruption, sowie die Schaffung von Sicherheit und Infrastruktur im Mittelpunkt bei der Verbesserung von Investitionsbedingungen.
  2. Die Förderung von deutschen Investitionen und Unternehmen in afrikanischen Staaten. Dies soll durch klassische Instrumente der Außenwirtschaftsförderung, das heißt durch Kreditgarantien sowie Export- und Investitionsgarantien, gewährleistet werden, aber auch durch steuerliche Anreize für investitionsbereite Unternehmen.
  3. Die Unterstützung von afrikanischen Unternehmen und den Aufbau von Wertschöpfungsketten. Hier geht es vor allem um die Beratung und Unterstützung von afrikanischen Existenzgründungen und "kleinsten Unternehmen", Unterstützung bei der Weiterverarbeitung von Rohstoffen in afrikanischen Ländern sowie auch um Finanzierungsangebote für afrikanische Unternehmen im Mittelpunkt. Zusätzlich wollen sich die Urheber der Initiative für "entwicklungsfreundliche Handels- und Investitionsabkommen" einsetzen.

Auch diese gemeinsame BMZ / BMWi-Initiative baut somit größtenteils auf der falschen Grundannahme auf, dass die Verbesserung des Investitionsklimas und das Anlocken ausländischer Unternehmen ausreicht, um in Afrika massiv Arbeitsplätze zu schaffen. Wie bereits geschildert, waren "gute Investitionsbedingungen" nur ein Bestandteil der Entwicklungsstrategien erfolgreicher Länder. Interessant an dieser BMZ / BMWi-Initiative ist, dass sie über die deutsche G20-Initiative hinausgeht und afrikanische Kleinstunternehmen und Existenzgründungen unterstützen will. Dieser Ansatz ist unterstützenswert, darf sich aber nicht auf die angeführten Kleinstunternehmen beschränken. Viel wichtiger ist es, auch in afrikanischen Ländern eine Art Mittelstand aufzubauen. Das bestätigt auch Paul Collier, wenn er sagt:

Firmen mit 50 Mitarbeitern sind ungefähr zehnmal so produktiv wie Kleinbetriebe mit vier Beschäftigten, weil sich die Arbeitnehmer auf bestimmte Tätigkeiten spezialisieren können. Wenn Afrika wirtschaftlich aufholen soll (was er für die Schaffung von Jobs als wichtig zu erachten scheint - Anm. des Autor), sind über einen längeren Zeitraum hohe einstellige Wachstumsraten nötig. Das bekommen wir nicht hin, wenn wir die Leute mit Kleinkrediten fördern, damit sie am Straßenrand Körbe flechten.

Paul Collier

Viel bedeutender als die Förderung von Kleinstunternehmen wäre es also, die von Müller angesprochenen Wertschöpfungsketten in afrikanischen Ländern aufzubauen und die Weiterverarbeitung von Rohstoffen vor Ort von afrikanischen Unternehmen leisten zu lassen. Aber auch hier reichen die im BMZ / BMWi-Papier vorgeschlagenen Instrumente - die Beratung und Finanzierung von afrikanischen Unternehmen - nicht aus. Vielmehr braucht es auch den Zugang zu Technologie und Märkten, damit sich afrikanische Unternehmen etablieren können.

Die von Müller angesprochene, zu reformierende Handelspolitik und die Bekämpfung illegalen Finanzströmen könnten einen wichtigen Beitrag zum Wachstum afrikanischer Unternehmen leisten. So will Müller dafür eintreten, "dass Schluss ist mit schädlichen Exporten nach Afrika, die aufkeimende Industrien zerstören". Auch will er "illegale Finanzströme stoppen! Jährlich gehen (afrikanischen) Ländern 50 Milliarden US-Dollar verloren, die dann für Investitionen in Entwicklung fehlen."

Wenn Müller diese Worte ernst meint, steht ihm ein harter und langer Kampf bevor. Denn die Handels- und Steuerpolitik wird nicht auf nationaler Ebene, sondern auf EU- bzw. OECD-Ebene verhandelt. Hier müsste Minister Müller also sowohl die eigene Koalition für sein Vorhaben einer gerechteren globalen Handelsordnung und der Bekämpfung von Steuervermeidung gewinnen, als auch die Partner auf EU- und OECD-Ebene.