Flug 4U9525: Airbusabsturz gibt Rätsel auf

Der Pilot soll das Cockpit aus unbekannten Gründen verlassen haben, am Steuer saß der Co-Pilot. Update

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Auch dieser Absturz ist von Rätseln umgeben. Einer der Piloten hatte das Cockpit aus unbekannten Gründen verlassen und konnte nicht mehr zurück. Sicher sei, so eine AFP-Meldung, dass der andere Pilot am Ende des Flugs alleine im Cockpit saß und die Tür nicht geöffnet hat. Die New York Times berichtet von vergeblichen Versuchen des ausgeschlossenen Piloten, wieder ins Cockpit zu gelangen:

Der Mann draußen klopft leicht an die Tür und es erfolgt keine Antwort. Und dann schlägt er stärker gegen die Tür. Keine Antwort. Es gibt nie eine Antwort.

(Ergänzung: Er fügte hinzu: "You can hear he is trying to smash the door down.")

Seit den Anschlägen auf das WTC im September 2001 hat man den Zutritt zum Cockpit erschwert, klärte heute Morgen ein Flugexperte beim Radiosender BR2 auf. Man müsse eine PIN eingeben, um die Tür zu öffnen, der Cockpitinsasse kann sie aber auch versperren, so dass sie auch über die Eingabe des PIN nicht zu öffnen ist (Genaueres siehe hier in einem Airbus-Video, das das Cockpittür-Sicherungssystem erklärt).

Bevor einer der beiden Piloten das Cockpit verlassen habe, hätten diese noch ein entspanntes Gespräch auf Deutsch geführt, wie die New York Times berichtet: "very smooth, very cool". Auch AFP berichtet, dass auf den Tonaufzeichnungen normale Gespräche zu hören seien und dann das Geräusch eines Sitzes, der zurückgeschoben wird, es folge das Geräusch einer Tür, die geöffnet und sich dann schließt, darauf folgend (ohne Angabe des Zeitraums) Klopfgeräusche an der Tür; keine Gespräche seien mehr zu hören bis zum Crash.

Nach Informationen von Le Monde soll der Co-Pilot ausgeschlossen gewesen sein. Aber das ist offiziell noch nicht bestätigt.

Update: Später wurde stattdessen angegeben, dass der Copilot am Steuer saß. Laut einer Pressekonferenz des ermittelnden französische Staatsanwalts Brice Robin soll der Co-Pilot der Maschine alleine im Cockpit gewesen sein und möglicherweise den Sinkflug eingeleitet haben. "Es sieht so aus, als habe der Copilot das Flugzeug vorsätzlich zum Absturz gebracht und so zerstört."

Quelle der beiden eingangs genannten Meldungen sind namentlich nicht bekannte Personen, die angeblich mit den Ermittlungen vertraut sind - die New York Times zitiert einen "hochrangigen Militär" - und von Erkenntnissen berichten, die erste Auswertungen des CVR (cockpit voice recorder) ergaben. Die an die Medien weitergegbenen Infos aus dem voice recorder werden zur Stunde von der Ermittlungsleitung, dem Bureau d'Enquêtes et d'Analyses (BEA) nicht bestätigt.

Von deutscher Seite - Experten des BKA und von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung sind in Frankreich - heißt es, man könne "absolut nichts dazu sagen". Lufthansa und Germanwings wollten zu den oben genannten Berichten keine weiter erklärende Stellungsnahmen abgeben, nur: "Wir haben derzeit keine Informationen vorliegen, die den Bericht der 'New York Times' bestätigen."

Die New York Times zitiert einen "ranghohen französischen Offiziellen" damit, dass das Fehlen einer Kommunikation zwischen den Piloten während des Sinkflugs verstörend sei. Man könne die Möglichkeit nicht ausschließen, dass das Schweigen beabsichtigt war.

Ich mag das nicht. Mir erscheint das ziemlich verrückt: dieser lange Sinkflug in einer normalen Geschwindigkeit ohne jede Kommunikation. Und das Wetter war absolut klar.

Die anonyme Quelle gab jedoch zu verstehen, dass man derzeit nur begrenzte Informationen zur Auswertung zur Verfügung habe. Als verstörend wird von der Quelle der US-Zeitung herausgestellt, dass man bislang keinen Nachweis dafür habe, der auf eine technische Erklärung verweist. Fachleute weisen darauf hin, dass der achtminütige Sinkflug auf keine Probleme bei den Maschinen hinweise. Man müsse die Möglichkeit einer "beabsichtigten menschlichen Verantwortung" in Erwägung ziehen, so der von der New York Times zitierte Offizielle.

Der Leiter der Ermittlungen, Rémi Jouty von der BEA, teilte indessen mit, dass er derzeit keinen Ansatzpunkt für ein Szenario habe.

Zu einem vollständigeren Bild über die Vorgänge wären die Aufzeichnungen des FDR (Flight Data Recorder), der über den Zustand des "Betriebssystems" des Flugzeugs, über Geschwindigkeit und Flughöhe Auskunft gibt, von großem Wert. Doch gibt es auch hier eine rätselhafte Unbekannte: Zwar habe man das Gehäuse gefunden, von den Teilen, auf denen die Aufzeichnungen gespeichert sind, fehle jedoch noch jede Spur.

Anscheinend wurden die Zeitangaben gegenüber früheren Informationen korrigiert: War am Tag des Absturzes die Rede davon, dass der kontakt zum französischen Radar um 10 Uhr 53 abbrach (Airbusabsturz in Frankreich: "Ursache unbekannt"), so wird jetzt davon berichtet, dass das Radarziel des Fluges 4U9525 um 10:40 (laut Rémi Jouty exakt um 10:40 und 47 Sekunden) vom Radarbildschirm verschwindet, bei einer Flughöhe von 1.890 Meter. Um 10:42 soll die französische Flugsicherung die nationale Leitstelle bereits über den"Verlust des Radarzieles" informiert haben.