Flug 4U9525: Co-Pilot hatte "die Absicht, das Flugzeug zu zerstören"

Der ermittelnde Staatsanwalt geht beim Airbus-Absturz in Südfrankreich von willentlicher Tötung aus

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Staatsanwaltschaft in Marseille hat infolge der Sprachaufzeichnungen des Fluges 4U9525 Ermittlungen wegen willentlicher Tötung eingeleitet. Wie der leitende Staatsanwalt Brice Robin bei seiner heutigen Pressekonferenz mitteilte (Video), führen die Aufzeichnungen aus dem CVR zum Schluss, dass der Co-Pilot bewusst "die Absicht hatte, das Flugzeug zu zerstören".

Die Ausführungen des Staatsanwaltes bestätigten Informationen, die zuvor an die Öffentlichkeit gelangten, wonach einer der beiden Piloten kurzzeitig das Cockpit verlassen hatte und danach vergeblich - sogar mit harten Schlägen oder Tritten gegen die verschlossene Tür - versucht hatte, wieder in die Steuerkabine zu gelangen (Flug 4U9525: Airbusabsturz gibt Rätsel auf).

Inwieweit diese Aktion von Fluggästen bemerkt wurde, was zu einiger Unruhe geführt haben müsste1, darüber gab der Staatsanwalt keine Auskünfte. Er verwies in der Konferenz darauf, dass er sich lediglich auf Aufzeichnungen des Voice-Recorders stützen könne, die nur begrenzte Informationen preisgeben. Demnach seien erst kurz vor dem Aufprall des Flugzeuges Schreie von den Fluggästen zu hören.

Was von dem Co-Piloten auf den Aufzeichnungen zu hören ist, lasse den Schluss zu, so Brice Robin, dass dieser allein im Cockpit saß, dass er den "Sinkflug eingeleitet" habe (angeblich sei zu hören, dass der Co-Pilot Knöpfe betätigt habe, nachdem der Pilot das Cockpit verlassen hatte) und dass er sich weigerte, die Tür auf mehrmalige Aufforderung hin zu öffnen. Auch, und das wird hervorgehoben, habe der Co-Pilot keinen Notruf abgegeben, er habe auch weder auf Anfragen der Flugkontrolle noch auf das spätere Alarmsignal reagiert. Nur sein Atem sei zu hören, aber kein Wort mehr im Cockpit.

Beschrieben wird von Le Monde, dass der Co-Pilot "normal" geatmet habe, was zum einen als Lebenszeichen gewertet wird, zum anderen als Indiz dafür, dass er keine körperlichen Beschwerden hatte und auch keinen Schwächeanfall erlitt. Bei einem anderen Live-Ticker zur Pressekonferenz heißt es, dass der Co-Pilot während des Sinkflugs "schwer geatmet habe".

Laut Staatsanwaltschaft sollen Pilot und Co-Pilot in den ersten zwanzig Minuten der Tonaufzeichnungen dem Eindruck nach eine heitere, leichte Unterhaltung geführt haben. Nach einiger Zeit soll der Co-Pilot einen lakonischeren Eindruck machen und nur mehr kurze Antworten geben. Allerdings ist da auch von einem Briefing die Rede, das der Pilot zum weiteren Flug durchführte, kurze Antworten sind dabei wahrscheinlich normal.

Der Staatsanwalt gab auch den Namen des Co-Piloten bekannt, kurze Zeit später tauchten erste Berichte zur Person des "begeisterten Fliegers" auf. Die Polizei sei dabei, das Umfeld zu klären.

Indessen rücken Sicherheitsmaßnahmen infolge der 9/11-Anschläge in den Mittelpunkt der Kritik: die Absicherung des Cockpits, das betrifft die Sicherungsmechanismen der Cockpit-Tür und die Anzahl der Personen, die im Cockpit sein müssen. Dass der Co-Pilot dort alleine über das Geschick von 149 anderen Personen entscheiden konnte, erscheint als keine vertrauensbildende Sicherheitsmaßnahme.