Folgen der Pandemie-Politik für Kinder im Visier
Ministerien wollen Studie erstellen lassen. Ministerin Lambrecht und SPD-Kanzlerkandidat streben mehr Schutz für Minderjährige an
Die Bundesregierung will untersuchen lassen, wie sich der Betrieb von Schulen auf die Pandemie ausgewirkt hat. Das geht aus einem Bericht des Gesundheits- und des Familienministeriums hervor. Darin heißt es: "Die Bundesregierung strebt an, eine mit der Corona-Kita-Studie vergleichbare Untersuchung für den Schulbereich aufzulegen". Das Thema stand am Mittwoch auch auf der Tagesordnung des Bundeskabinetts
In dem 20-seitigen Bericht haben Mitarbeiter beider Ministerien mithilfe von Experten die bisher erfassbaren gesundheitlichen Auswirkungen der Corona-Politik auf Kinder und Jugendliche beschrieben. Zugleich geben die Autoren eine Reihe von Empfehlungen, wie in Zukunft Belastungen für Minderjährige vermieden werden können.
Einige Passagen lesen sich wie Pressemitteilungen aus Politikerbüros: "Flächendeckende Schließungen von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen gilt es mit oberster Priorität zu vermeiden, ohne die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen zu gefährden."
In dem Papier wird empfohlen, unter Pandemiebedingungen Sport- und außerschulische Aktivitäten sowie "präventive Angebote der Gesundheitsförderung" für alle Kinder und Jugendliche zu ermöglichen oder gar verstärkt zugänglich zu machen. Hauptziel sei, die Minderjährigen "bei der Bewältigung der gesundheitlichen Belastungen durch die Pandemie zu unterstützen". Unklar blieb, inwieweit die Regelungen für Bund und Länder bindend sein sollen.
Mit der geplanten Studie sollen Wirkung sowie Folgen der Infektionsschutzmaßnahmen an Bildungseinrichtungen ebenso in den Blick genommen werden wie die Belastung für Schulkinder.
Zur Situation der Kitas läuft seit dem vergangenen Jahr bereits eine größer angelegte Studie, für die das Deutsche Jugendinstitut und das Robert-Koch-Institut verantwortlich sind. Dabei geht auch um unmittelbar medizinische Fragen: Etwa, welche Rolle Kinder und vorschulische Bildungseinrichtungen bei der Verbreitung des Corona-Virus spielen.
Lambrecht und Scholz fordern Schutz von Kindern und Jugendlichen
Weniger als eineinhalb Wochen vor der Bundestagswahl hat sich SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz indes gegen neuerliche Schließungen von Kitas und Schulen ausgesprochen. "Nachdem jetzt so viele Menschen geimpft sind, müssen wir uns klar versprechen, dass es keine neuen Schul- und Kitaschließungen geben wird", sagte Scholz in einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur. Dass sich Kinder und Jugendliche in der Pandemie über lange Zeit hinweg nicht oder nur sehr eingeschränkt haben treffen können, sei "bedrückend" gewesen, so Scholz weiter.
Der SPD-Kanzlerkandidat forderte mehr Kraftanstrengungen, um die Folgen der Corona-Krise abzumildern. Dafür seien Angebote zum nachholenden Lernen ebenso notwendig wie feste Strukturen und Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche. Scholz: "Es ist wichtig, dass das Training im Sportverein wieder stattfindet und die Kurse an der Musikschule."
Auch Familienministerin Christine Lambrecht (SPD) sprach sich bei der Vorstellung des Expertenberichtes für eine stärkere Unterstützung für psychisch belastete Kinder in der Corona-Pandemie aus. Gegenüber der Funke-Mediengruppe konstatierte die Politikerin eine oft fehlende professionelle Hilfe bei bedürftigen Kindern und Jugendlichen
"Für die Kinder, die unter psychischen Erkrankungen leiden, brauchen wir eine bessere und frühzeitigere Versorgung", sagte die Familienministerin: "Eltern müssen schneller einen Therapieplatz für ihr Kind bekommen.» Hier bestehe großer Handlungsbedarf."
Nach einer großangelegten Datenauswertung der Krankenkasse DAK hat die Pandemie-Politik gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Alleine im Jahr 2020 seien im Vergleich zum Vorjahr in den Krankenhäusern 60 Prozent mehr Mädchen und Jungen aufgrund einer Adipositas behandelt worden.
Zugleich sei die Zahl Minderjähriger mit starkem Untergewicht um mehr als ein Drittel angestiegen. "Essstörungen wie Magersucht und Bulimie nahmen um fast zehn Prozent zu", heißt es in der DAK-Studie, über die auch Telepolis berichtet hatte.
Deutliche Veränderungen seien auch bei Diabetes- und Asthma-Erkrankungen sowie Infektionen zu verzeichnen gewesen, so der aktuelle Kinder- und Jugendreport der DAK. Erstellt wurde die Studie vom Bielefelder Analyseunternehmen Vandage und der örtlichen Universität.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.