Forencheck: Steigender CO2-Gehalt in der Atmosphäre, Waldbrände und Innendämmungen

Drei Fragen aus dem Forum. Eine Telepolis-Kolumne.

Steigender CO2-Gehalt in der Atmosphäre und Sonnensegel im All? Unter dem Artikel "Die Unbelehrbaren: Mit immer mehr Kohle, Öl und Gas Richtung Abgrund" von Hans-Josef Fell wird die Frage aufgeworfen: "Sind die 'Wetterextreme' denn aufhaltbar?", und weiter:

Vor allem die Frage - sind sie mit weniger CO2-Emissionen aufzuhalten? Der weltweite Ausstoß an CO2 stagniert seit etwa einer Dekade, scheint aber nicht viel zu helfen.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37187/

Denn der CO2-Anteil in der Atmosphäre steigt trotzdem weiter stetig:

https://gml.noaa.gov/ccgg/trends/

Irgendwas stimmt da nicht.

Physikalisch stimmt da alles und lässt sich einfach erklären: Das CO2 in der Atmosphäre wird sehr viel langsamer abgebaut, als dass neues dazukommt. Die Menge von CO2 akkumuliert sich also bei gleichbleibendem CO2-Ausstoß. Das wäre selbst bei sinkenden CO2-Emissionen noch der Fall. Das Umweltbundesamt schreibt:

Zusätzlich in die Erdatmosphäre anthropogen emittiertes Kohlendioxid wird durch die natürlichen physikalischen und biogeochemischen Prozesse im Erdsystem nur sehr langsam abgebaut. Nach 1.000 Jahren sind davon noch etwa 15 bis 40 Prozent in der Atmosphäre übrig. Der gesamte Abbau dauert jedoch mehrere hunderttausend Jahre.

Der CO2-Gehalt in der Atmosphäre wäre übrigens noch höher, wenn nicht die Ozeane rund 30 Prozent der von Menschen verursachten Kohlendioxidemissionen aufnehmen würden – was aber zu einer Versauerung des Meerwassers führt.

Weiter heißt es in dem Kommentar:

(…) Was "Nullemissionen" angeht ... dem Autor dürfte doch schon klar sein, dass damit ein großer Teil der urbanen Zentren der Nordhalbkugel unbewohnbar würde ... jedenfalls im Winter.

Vielleicht macht es doch Sinn, nicht nur auf die Reduktion von CO2-Emissionen zu setzen, sondern auch andere Maßnahmen in Betracht zu ziehen, wie beispielsweise Sonnensegel im All.

Solche und andere "Geoengineering"-Maßnahmen werden durchaus in Betracht gezogen, wobei die Sonnensegel im All zu den futuristischeren der diskutierten Maßnahmen gehören. Eine Idee, wie ein solches Sonnensegel aussehen könnte, wäre, 16 Millionen kleiner Schilde an einen Lagrangepunkt 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt zu bringen – insgesamt 20 Millionen Tonnen Material. Was vermutlich mit beträchtlichem Energieaufwand verbunden wäre.

Ebenso gibt es Ideen, Schwefelpartikel in die Atmosphäre zu bringen, um Sonnenlicht ähnlich wie nach einem Vulkanausbruch zu blockieren oder Wolken über dem Ozean aufzuhellen, um mehr Sonnenlicht zu reflektieren. All diese Methoden sind nicht nur extrem aufwändig und teuer, es stellen sich auch Fragen bislang nicht kalkulierbarer Risiken, sowie, wer über solche Programmen überhaupt entscheiden dürfte. Ein umfassendes Dossier zu Methoden des Geoengineering und der Kritik daran findet sich bei der Heinrich-Böll-Stiftung.

Waldbrände kontrollieren oder nicht?

Ein anderer User beschäftigt sich in der Diskussion über den oben genannten Artikel mit der Frage, ob das Löschen von Waldbränden überhaupt sinnvoll ist und vertritt die These:

Es sollte sich langsam rumgesprochen haben, daß Waldbrände zur Natur gehören und regelmäßig das Unterholz "aufräumen" müssen - was große Bäume meist problemlos überstehen - damit es nicht zu großen Bränden kommt, die dann auch die großen Bäume zerstören. Erst das ständige Löschen von kleinen Bränden hat die großen überhaupt ermöglicht, weil sich dadurch zu viel Unterholz ansammeln konnte.

Es ist richtig, dass Waldbrände schon immer natürlich auftreten, zum Beispiel durch Blitzschlag in borealen Wäldern des hohen Nordens. Es gibt Ökosysteme und Pflanzenarten, die auf regelmäßige Feuer angewiesen sind wie etwa die Macchia im Mittelmeerraum oder der Chaparral in Kalifornien.

Auch gibt es Baumarten, die sich erst bei Feuer fortpflanzen, etwa Mammutbäume, deren Zapfen sich bei Hitze öffnen, sodass die Samen auf den vom Feuer aufgeräumten Boden fallen. Allerdings dürfen die Feuer dafür nicht zu heiß sein, denn sonst verbrennen die Samen mit. Und auch die ausgewachsenen Bäume sind normalerweise feuerresistent, doch in den letzten Jahren verbrannten in Kalifornien auch Tausende von Mammutbäumen, weil die Brände mittlerweile zu groß und intensiv geworden sind.

In Waldökosystemen weltweit finden Brände, seien sie natürlich ausgelöst oder haben sie menschengemachte Ursachen, durch Hitze und Trockenheit Bedingungen vor, die die Brandherde und die Zerstörung immer größer werden lassen. Brände im Amazonas, in Indonesien oder im Mittelmeerraum werden gelegt, um das Land danach anderweitig zu nutzen, diesen Bränden ist unbedingt Einhalt zu gebieten.

In Australien brannten 2019/2020 auch Wälder, die normalerweise nicht vom Feuer erfasst werden, nämlich in den gemäßigten Zonen.

In Deutschland brannte es bei Treuenbrietzen kürzlich zum zweiten Mal auf einem munitionsbelasteten Gebiet. Munitionsaltlasten von Truppenübungsplätzen sind in deutschen Wäldern und Naturschutzgebieten keine Seltenheit, auch hier ist die Brandbekämpfung sehr wichtig.

Feuer einfach brennen zu lassen, ist also aus verschiedenen Gründen und je nach Ökosystem nicht immer die beste Variante. Mittlerweile gibt es jedoch auch immer mehr Ansätze von Feuermanagement, bei dem auch kontrollierte Feuer in bestimmten Kulturlandschaften gelegt werden.

Wie schnell lassen sich Wärmepumpen einbauen und Wohnungen von innen dämmen?

Im Artikel "Erneuerbar statt Fossil: 'Schnelle Unabhängigkeit von russischem Gas möglich'" wird Ingo Struckmann, Co-Studienautor des Zero Emission Thinktank, interviewt. Die genannte Studie schlägt u.a. einen schnellen Wechsel von Gasheizungen zu Wärmepumpen und eine Innendämmung von 4,8 Millionen Wohnungen mit einem einfachen Baumarktsystem vor, die durch Freiwilligenteams durchgeführt werden könnte.

In einem Forenkommentar werden Zweifel angemeldet:

(…) Austausch von Gasheizungen durch 330.000 Wärmepumpen für 3,3 Millionen Haushalte

= 20 Jahre

Innendämmung von 4,8 Millionen Haushalten durch ein einfaches Baumarktsystem.

= 10 Jahre

Wo findet man eigentlich etwas zu diesem fabulösen einfachen Innendämm Baumarktsystem?

Woher die Zahlen im Kommentar stammen, ist nicht klar. In Bezug auf den Ersatz von Gasheizungen durch Wärmepumpen, wird in der Studie zunächst erläutert, dass eine Wärmepumpe jeweils 10 Einfamilienhäuser oder 20 Wohnungen versorgen soll, um die Zahl der Installationen zu verringern. 330.000 Wärmepumpen wären etwa doppelt so viele wie letztes Jahr in Deutschland eingebaut wurden.

Würde dies im gleichen Tempo fortgesetzt, käme man also auf einen Installationszeitraum von zwei Jahren. Um diese Idee zu ermöglichen, müssten allerdings auch noch rechtliche Hürden beseitigt werden, damit Nachbarschafts-Energiegemeinschaften gebildet werden können. Die praktische Ausführung der Innendämmung wird wie folgt beschrieben:

Eine einfache Maßnahme ist es, unsere Wohnung oder unser Haus innen zu dämmen. Im Baumarkt über ein 10min Video erklärt. Nicht überall ist das möglich, wie in der Küche mit Kacheln, oder da wo schwere Schränke im Wohnzimmer stehen, da geht es auch nicht so einfach. Aber Dach und Kellerdecke? Das geht. Und eine Außenwand da, wo es einfach geht?

Es geht nicht um Perfektionismus, dann kommen wir nie zum Ziel. Einfach anfangen und mit einem einfachen Baumarktsystem in 3 Schritten innen dämmen (Holzgerüst, Dämmplatten mit Dichtigkeitsfolie, Gipskartonplatte davor = fertig), eben da wo es einfach geht. Jede Dämmplatte auch einer nur zur Hälfte gedämmten Außenwand bringt weniger Heizkosten.

Bei diesem Vorschlag ist etwas Skepsis angebracht. Zwar sind Modernisierungen durch Laien nicht unmöglich, in Berlin wurden beispielsweise im Programm der Baulichen Selbsthilfe ganze Häuser durch ihre Bewohner:innen modernisiert, wenngleich nicht ohne fachliche Beratung. Bei der in der Studie skizzierten Idee müsste jedoch einiges präzisiert werden. Wie ein weiterer User kommentiert, kann eine falsch angebrachte Dämmung auch zu Schimmelbildung führen. Auf dem Portal Baunetz Wissen gibt es eine umfassende Liste, worauf bei der Ausführung einer Innendämmung geachtet werden muss, um Schäden zu vermeiden.

Darüber hinaus stellen sich mietrechtliche Fragen, wenn solche Maßnahmen durch Mieter:innen selbst oder andere, nicht von den Vermieter:innen beauftragte Personen durchgeführt werden. So erläutert das Fachportal co2online.de:

Wärmedämmung ist eine Modernisierung und keine Reparatur. Zu Reparaturmaßnahmen ist der Vermietende verpflichtet. (…) Mietende können jedoch in Grenzen auch auf eigene Faust modernisieren. Dafür benötigen sie aber in der Regel die Zustimmung des Vermietenden." Als durchaus sinnvoll wird dort die Innendämmung von bisher ungedämmten Heizkörpernischen genannt, wobei auch einfache Materialien aus dem Baumarkt empfohlen werden.

Allerdings wird auch hier hervorgehoben: "Für die Anbringung ist womöglich eine handwerkliche Fachkraft erforderlich, da es sinnvoll sein kann, den Heizkörper zuvor abzumontieren. Wegen der Schimmelgefahr ist eine fachgerechte Ausführung wichtig.