Frankreich ist nicht Amerika
Seite 2: Le Pens Weichspül-Strategie geht nicht auf
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Auch übersehen werden die grundsätzlichen Schwächen von Macrons Gegenkandidatin. Das Fernsehduell der beiden Kandidaten in dieser Woche hat es klarer denn je offengelegt: Sobald es um Zahlen und Details geht, kommt Marine Le Pen sehr schnell ins Schwimmen. Viele Franzosen urteilten diese Woche nach dem TV-Duell "Elle n'est pas au niveau": Sie sei der Aufgabe einer Präsidentin nicht gewachsen.
Zudem bleibt Le Pen trotz allem in Fragen der Migrationspolitik, der Kriminalitätspolitik und der Europa-Politik eine rechtsextreme Politikerin. Macron konnte das im Fernsehduell sehr gut herausarbeiten. So wurde zum Beispiel sehr heftig über Le Pens Vorschlag diskutiert, das islamische Kopftuch in der Öffentlichkeit komplett zu verbieten.
Die Weichspül-Strategie, die Le Pen in den letzten Jahren angewandt hatte, geht im Wahlkampfendspurt nicht auf. Dieses Weichspülen, in Frankreich "De-Diabolisierung" genannt, bestand für Le Pen vor allem darin, auf Distanz zu ihrem Vater, dem Parteigründer Jean Marie Le Pen zu gehen. Lange Zeit hatte Le Pen ihre politische Metamorphose erfolgreich vollzogen. Dabei half ihr der extremistische Polit-Clown Eric Zemmour. Neben ihm wirkte die zur öffentlichen Katzenliebhaberin mutierte Fremdenfeindin und Islamhasserin plötzlich mütterlich und gemäßigt.
Le Pen verbindet die populistische Behauptung, "das Volk" zu vertreten und "die Eliten" zu besiegen, mit einem Konglomerat aus Nationalismus, Nativismus und Rassismus, und der grundsätzlichen Bereitschaft, die liberale Gesellschaft durch autoritäre Maßnahmen des Staates auszuhebeln.
Die Kampagne der rechtsextremen Führerin behauptet, Frankreich stehe am Rande des "Zerfalls" und des "Bürgerkriegs". Die trumpistische Wahlkampf-Truppe beschreibt ein dystopisches und stark übertriebenes Bild von Frankreichs echten Problemen mit dem radikalen Islam und anderen Formen der Gewalt und Kriminalität.
Das alles übersieht auch die Mehrheit der französischen Gesellschaft nicht.
Pro / Contra Macron
Hinzu kommt schließlich die systematische Unterschätzung Emmanuel Macrons durch seine Gegner und damit auch durch breitere Teile der Öffentlichkeit und der Medien. Zusammengefasst gehen die Kommentatoren ihren eigenen Fehleinschätzungen auf den Leim.
Es gibt in Frankreich zudem das Phänomen, dass Umfragen das wahre Resultat von Rechtsextremen eher überschätzen als unterschätzen. Das liegt daran, dass die Franzosen mit dem, was sie sagen, radikaler sind als dem, was sie schlussendlich tun.
Frankreich ist nicht Amerika. Madame Trump wird nicht in den Elysée einziehen.