Frankreich (und Deutschland) in Afrika 2020
- Frankreich (und Deutschland) in Afrika 2020
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Militärpräsenz und Umgestaltung des Währungsverbunds. Bleibt die alte Dominanz Frankreichs oder entsteht eine neue Situation?
Im neuen Jahr 2020 könnte ein neuer Auslandseinsatz für die deutsche Bundeswehr anstehen. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer spricht sich derzeit für eine Ausweitung des Militäreinsatzes, neue Einsatzmodalitäten und ein "robusteres Mandat" für die südliche Sahara und insbesondere für Mali aus.
Dort sind bereits derzeit rund 1.100 deutsche Armeeangehörige stationiert, im Rahmen einer Ausbildungsmission für die einheimische Armee in Koulikoro im Süden sowie als Unterstützer für die UN-Mission MINUSMA und französische Kampftruppen im nördlichen Gao.
Neben niederländischen, belgischen und estnischen Streitkräften und - als bestimmender Kraft - der französischen Armee könnten auch deutsche Militärs mit Spezialeinheiten und Spezialkräften an einer "Operation Tacouba (Säbel)" im Norden Malis teilnehmen, um vor allem dort operierende dschihadistische Bewegungen zu bekämpfen.
Nebenbei sollen auch Migrationsrouten und "Schlepper"aktivititäten in der wüstenhaften Zone überwacht werden. Dieser Aspekt hatte anlässlich eines Mali-Besuchs der deutschen Kanzlerin Angela Merkel im Mai 2019 sogar spürbar im Vordergrund gestanden, aufgrund der aktuellen Geschehnisse tritt nun jedoch die Dimension "Bekämpfung des Dschihadismus" wieder stärker in den Mittelpunkt.
An vorderster Front steht dort derzeit - und dies ist vielleicht eher Teil des Problems als einer Lösung desselben - die frühere Kolonialmacht Frankreich.
Dieses Land ist mit seiner Armee besonders stark im südlichen Sahararaum und in der Sahelzone bei der, sei es nun tatsächlichen oder vorgeschobenen, Bekämpfung des Dschihad-Terrors aktiv. Die französische Präsenz dort, aber auch in weiteren Teilen des afrikanischen Kontinents, beschränkt sich allerdings nicht auf eine solche militärische (und notwendig auch politische) Rolle.
Währungsverbund mit Frankreich und dem Euro
Ein wichtiges Symbol der französischen Sonderbeziehungen zu den oder Dominanz über seine früheren Kolonien in Afrika bildet bislang die Währungsunion mit dem Land in Gestalt der Benutzung des franc CFA (deutsch: der CFA-Franc). Das Kürzel stand ursprünglich in den Jahren ab 1945, für colonies françaises d’Afrique (französische Kolonien Afrikas).
Zwar änderte sich der Name hinter dem Kürzel in den 1960er Jahren und stand nun offiziell für Communauté financière en Afrique (Finanzgemeinschaft in Afrika) in den Staaten Westafrikas, respektive Coopération financière en Afrique centrale (Finanzkooperation im zentralen Afrika) in den Staaten Zentralafrikas, denn der franc CFA besteht in Wirklichkeit aus zwei über Frankreich miteinander verkoppelten Währungssystemen. Französische Entscheidungsträger nahmen jedoch weiterhin eine Schlüsselrolle bei allen wichtigen Beschlüssen zur Finanz- und Geldpolitik im Währungsraum des franc CFA ein.
Letzterer wird bislang durch zwei Zentralbanken verwaltet, je eine für das französischsprachige West- und Zentralafrika mit Sitz in Dakar und in Yaoundé; beiden Zentralbank-Aufsichtsräten gehören französische Gouverneure neben jenen der betreffenden Mitgliedsländer an. Ursprünglich 75 %, später 50 % der Währungsreserven und Deviseneinlagen mussten bisher bei der französischen Zentralbank oder Banque de France - welch selbige mittlerweile zu einer Art Filiale der Europäischen Zentralbank (EZB) wurde - eingelagert werden.
Die Geldscheine sowie Münzen wurden und werden in Frankreich hergestellt, in einer Druckerei in Chamalières in der Auvergne. Die beiden Unterwährungen innerhalb des franc CFA waren bzw. sind frei in französische Francs respektive Euro konvertierbar und dies nach einem fixen Wechselkurs; vor Einführung des Euro waren es 100 francs CFA für einen französischen Franc (nach einer 1994 durch Frankreich einseitig beschlossenen Abwertung dieser Währung, zuvor waren es fünfzig zu einem FF), nunmehr sind es 655,957 francs CFA für eine EU-Währungseinheit.
Dies erleichtert erheblich den Abfluss von Gewinnen aus Afrika in Richtung Frankreich oder Europa und schaltet das Umtauschrisiko infolge schwankender Wechselkurse aus.
Nun wurde am 21. Dezember 2019, für Außenstehende relativ überraschend kommend, ein "Verschwinden" dieser postkolonialen Sonderwährung angekündigt - so hieß es jedenfalls zunächst unter anderem in französischen Medien, etwa in ersten Eilmeldungen bei TV-Sendungen im Laufe des Abends.
Vor einer Umwälzung… oder Reformkosmetik?
Kurz darauf präzisierten dieselben Medien allerdings, es handele sich eher um eine "Reform", um eine "Ersetzung"; eine erste AFP-Meldung kündigte ein "Abkommen" zwischen Frankreich und der acht Länder umfassenden Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion UEOMA an.
Tatsächlich betrifft die nunmehr verkündete Änderung, jedenfalls vorläufig, nur den westafrikanischen Währungsraum des franc CFA und nicht auch den benachbarten zentralafrikanischen.
Der Ankündigung liegt eine prinzipielle Vereinbarung zwischen Paris und den Mitgliedsstaaten der westafrikanischen gemeinsamen Zentralbank in Dakar zugrunde. Diese Länder hatten ursprünglich seit mehreren Jahren den Grundsatzbeschluss gefasst, sich ab 2020 aus der Währungsunion mit Frankreich zu lösen.
In gewisser Weise greift die gemeinsame Vereinbarung dem nun zuvor, nachdem die multilateralen Verhandlungen zum Thema seit Jahren stockten, in den letzten Monaten jedoch in Bewegung zu kommen schienen. Die offizielle Bekanntgabe erfolgte aus Anlass des Staatsbesuchs des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in der westafrikanischen Côte d’Ivoire - wo er u.a. auch dort stationierten Verbänden der französischen Armee einen Besuch abstattete -, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem dortigen Staatsoberhaupt Alassane Ouattara.
Letzterer kann nun wirklich nicht als ein Kritiker der französischen neokolonialen Einflusspolitik in Afrika durchgehen: Ouattara kam im April 2011 unmittelbar dank eines Einsatzes der französischen Armee ins Amt, aus dem sein Vorgänger Laurent Gbagbo zuvor nicht hatte weichen wollen.
Den bisher getätigten Ankündigungen zufolge wird der Franc CFA in der westafrikanischen Unter-Währungszone ab Juni 2020 einer neuen Währung unter dem Namen Eco weichen. Frankreich wird seine bisherigen Gouverneure aus dem Zentralbankrat für die westafrikanischen Länder abziehen.
Türen auf für Nigeria und Ghana
Dies könnte eventuell die Tür für eine Beteiligung der beiden stärksten Ökonomien im westlichen Afrika, also der ehemaligen britischen Kolonien Nigeria und Ghana, öffnen. Beide Länder sind an den bisherigen Entscheidungsprozessen nicht beteiligt - was auf einen durch Frankreich gemeinsam mit seinen regionalen Verbündeten kontrollierten, begleiteten Übergang hindeutet -, haben jedoch prinzipielles Interesse für eine gemeinsame Währung bekundet.
Vor allem Nigeria stellte dafür jedoch Bedingungen auf. Ob diese zur Gänze oder auch nur teilweise erfüllt werden, steht derzeit noch in Frage. Zu den ursprünglichen Bedingungen dieses mit Abstand einwohnerreichsten und wirtschaftlich stärksten Staats im westlichen Afrika zählte eine Abkehr von der Bezeichnung franc CFA - die Namensänderung ist nun beschlossene Sache - und ein Auszug oder Ausschluss französischer Gouverneure aus dem Zentralbankrat.
Zumindest diese Bedingungen dürften in Erfüllung gehen. Nigerias Regierung wünscht jedoch auch, dass keine Deviseneinlagen mehr in Frankreich getätigt werden müssen, und dass die neue Währung neben dem Euro auch mit anderen Währungen, jedenfalls dem Dollar, konvertibel sein müsse; und dies "ohne Umweg" wie bisher über den (zu diesem Zweck virtuell aufrecht erhaltenen) französischen Franc.
Ob diese Voraussetzungen in Erfüllung gehen werden, ist derzeit noch ungewiss. Bislang existierenden wechselnde Ankündigungen, deren Konkretisierung abgewartet werden muss. So war vor kurzem in Westafrika noch davon die Rede, eine neue Währung müsse mit einem Aufgeben des bisherigen festen Wechselkurses zwischen franc CFA und Euro einhergehen.
Bei der offiziellen Verkündung des Beschlusses am 21.12.2019 seitens von Alassane Ouattara war davon jedoch nicht mehr die Rede, sondern vielmehr von einer auch künftig festen Wechselparität mit der EU-Währung und damit einer Kopplung an dieselbe.
Gerüchte über eine kalte Abwertung
Andere Themen sind bislang eher noch Gegenstand von Gerüchten, bzw. von Informationen, die ggf. erst noch erhärtet werden müssen. So ist im Nachrichtenaustausch in sozialen Netzwerken und bei manchen regionalen Medien derzeit vielfach die Rede davon, der Wechselkurs könnte künftig 1.200 Eco für einen Euro betragen statt bisherigen knapp 656 franc CFA für eine EU-Währungseinheit, was - jedenfalls den Kritikern, die diese Information verbreiten, zufolge - einer neuen kalten Abwertung (nach der einseitig durch Frankreich beschlossenen Abwertung des damaligen franc CFA um 50 % im Jahr 1994, was entsprechend alle Importgüter verteuerte) entsprechen würde.
Ob es wirklich so kommt, und falls ja, ob dann tatsächlich ein bisheriger westafrikanischer Franc gegen einen Eco ausgetauscht wird, bleibt noch abzuwarten.
In der Region wird über diese und andere Fragen heftig diskutiert. Aus den Mündern verschiedener Wirtschaftswissenschaftler in den betroffenen Ländern kommen dazu höchst unterschiedliche Reaktionen. Auf politischer Ebene wird die Entwicklung ebenfalls kontrovers diskutiert.
Auch innerhalb Frankreichs sprechen kritische Stimmen wie die einer auf französische Afrikapolitik spezialisierten NGO sinngemäß davon, man suggeriere nun, dass alles sich ändert, auf dass sich im Kern nichts ändere.