Freeport: "Working Towards Sustainable Development"?

Wie ein US-Bergbauunternehmen mit ungebremsten Ambitionen in Indonesien agiert - Teil 2

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Die Auswirkungen der Bergbauaktivitäten von Freeport und Rio Tinto sind unübersehbar: der Krater am Grasberg und die Abraumablagerungen in den Flussläufen sind selbst aus dem All erkennbar (Freeport-McMoRan Copper & Gold Inc. - Teil 1). Und nicht nur das: Seit Jahren sind die Minenbetreiber hinsichtlich der Inanspruchnahme der Dienste indonesischer Armee- und Polizeieinheiten sowie der Art und Weise des Umgangs mit indigenen Bevölkerungsgruppen in der Kritik. Doch es regt sich Widerstand.

Satellitenbild von der Grasberg-Mine. Foto: Nasa

Das Unternehmen ließ kilometerlange, stellenweise bis zu 20 Meter hohe Dämme errichten, die helfen sollen, den Strom des abgetragenen Gesteins besser zu kontrollieren. Nach Firmenschätzungen beinhalten diese Dämme 31,1 Millionen Kubikmeter Erde. Neuere Satellitenfotos machten deutlich, dass das Unternehmen auch Flüsse westlich der Grasberg-Mine füllt – außerhalb des Konzessionsgebiets.

Siddharta Moersjid, Sprecher von PT Freeport Indonesia, erklärte, alle staatlichen Auflagen durch die Regierung zu befolgen und sich aus eigenen Stücken für den Schutz der Umwelt einzusetzen. Das indonesische Umweltministerium erwartet eine Abkehr von der Abraum-Entsorgung in den Flussläufen, obwohl Freeport im firmeneigenen Working Towards Sustainable Development Report 2004 zu dem Schluss kommt, dass diese Methode, verglichen mit anderen, alternativlos ist. Indonesien zieht eine Lagerung der Abbaureste an Land vor.

Freeport hat bisher 29 Millionen US-Dollar zur Behebung der Situation bereitgestellt; zur Restaurierung der Landschaft wurde eine Summe von 100 Millionen US-Dollar versprochen, wenn die Mine eines Tages erschöpft ist. Freeport selbst sieht seine Förderoperationen im Einklang mit der Umweltgesetzgebung Indonesiens – und, wo anwendbar, mit den „international besten Praktiken“. Das Unternehmen war in den letzten vier Jahren gemäß Umweltmanagement-Norm ISO 14001 zertifiziert.

Nicht zum ersten Mal geriet Freeport aufgrund von Umweltvergehen in die Schlagzeilen. 1995 kündigte die OPIC (Overseas Private Investment Corporation), eine von der US-Regierung unterstützte Exportkredit-Agentur, aufgrund der durch Freeports Bergbauaktivitäten entstandenen Umweltschäden im Regenwaldgebiet der Flüsse Ajkwa und Minajerwi deren 100 Millionen US-Dollar-Risikoversicherung. Zum ersten (und bislang letzten) Mal hatte die OPIC eine Versicherungspolice aufgrund von Umweltbedenken aufgelöst.

Stark erhöhte Sedimentfracht des Ajkwa-Flusses als Konsequenz von Freeports Erzförderung. Foto: Oxford Papuan Rights Campaign

Die Rolle der Armee

Im Juli 2005 veröffentlichte die Londoner Menschenrechtsorganisation Global Witness einen Bericht, der Freeports Praxis der direkten Geldüberweisung an das korrupte indonesische Militär beleuchtet. Nach Freeport-Angaben wurden zwischen 2001 und 2002 10,3 Millionen US-Dollar für „von der Regierung bereitgestellte Sicherheit“ ausgegeben – zusätzlich zu 35 Millionen US-Dollar für Haus- und Bürobauten für indonesische Armeeangehörige nach dem Ausbruch von gewalttätigen Tumulten im Jahre 1996.

Zwischen 1998 und 2004 zahlte Freeport fast 20 Millionen US-Dollar an Militär- und Polizeidienstgrade, ebenso an Militäreinheiten. 200.000 US-Dollar gingen an die berüchtigte Polizeieinheit „Mobile Brigade“ (Brimob). Nach indonesischem Gesetz ist es Armee-Offizieren verboten, direkte Zahlungen an sie selbst anzunehmen. Sollten sich diese Behauptungen bestätigen, und die Zahlungen wurden nicht von der indonesischen Regierung autorisiert, droht Freeport eine Bestrafung nach dem U.S. Foreign Corrupt Practices Act, einem Gesetz, das das Schmieren ausländischer Beamter unter Strafe stellt. Seit 2003 fließen die Gelder ausschließlich an Einheiten und nicht mehr an Einzelpersonen – z.B. gingen 2003 eine Million US-Dollar an die Polizei, für „monatliche Zusatzzahlungen, administrative Kosten und administrative Unterstützung“.

In ganz Indonesien finanziert sich das Militär teilweise über den Aufbau und Unterhalt von Geschäften wie Shopping Center, Hotels oder dem illegalen Holzeinschlag; im Gebiet der Grasberg-Mine fungiert sie als Sicherheitsdienst. Seit Beginn der Freeport-Operationen hat die indonesische Armee ein Bataillon aus dem Army Strategic Reserves Command (Kostrad) im Minengebiet stationiert – es soll die firmeneigenen 100-Kilometer-Pipelines zwischen Gezberg und Hafen bewachen, in denen Treibstoffe sowie die Kupfer- und Goldaufschlämmungen transportiert werden.

Keine Untersuchung konnte Freeport bisher in Verbindung mit Menschenrechtsverletzungen bringen - wohl aber das Militär. Von 1975 bis 1997 sollen im Minengebiet und Umgebung 160 Menschen von der Armee getötet worden sein. 2002 wurden bei einem Überfall drei von Freeport angestellte Lehrer – darunter zwei US-Bürger – getötet; das FBI ermittelt noch.

Newmont Mining – ein Präzedenzfall für Indonesien?

Im August 2005 eröffnete die indonesische Regierung einen Prozess gegen Richard Ness, einen Manager des weltgrößten Goldförderers Newmont Mining Corporation wegen Vergehen gegen die Umweltgesetzgebung des Landes. Außerdem wurde das Unternehmen im August 2004 auf 133,6 Millionen US-Dollar Schadenersatz verklagt. Newmonts Minahasa Raya-Mine soll mit ihrem Abraum die Buyat Bay in der Provinz Nord-Sulawesi verschmutzt haben. Bergbauvertreter glauben, dass der Fall konstruiert wurde und befürchten weitere Prozesse indonesischerseits, um an mehr Geld zu kommen. Im November wurde letzterer Prozess gegen Newport aus „technischen Gründen“ eingestellt; eine außergerichtliche Einigung wurde am 15. Februar 2006 bekannt gegeben. Die Anklage gegen Ness besteht zwar noch, doch hat Newmont bereits erbitterten Widerstand angekündigt.

Freeport konnte aufgrund seines fein gesponnenen, ständig gepflegten und undurchsichtigen Netzes aus politischen und militärischen Fäden dem seit Suhartos Enteignung 1998 wachsenden Druck bisher unbeschadet widerstehen (Suharto war zu 10% an PT Freeport Indonesia beteiligt).

Die Grasberg-Mine nach dem Erdrutsch vom 9.Oktober 2003. Neun Bergleute kamen ums Leben, die Erzförderung kam zum Erliegen. Foto: Mines and Communities

Und es gibt weitere prominente Beispiele für großflächige Umweltzerstörungen durch Bergbauoperationen im Archipel. Einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangte z.B. die OK Tedi-Mine in Papua-Neuguinea (zur Rolle deutscher Unternehmen, z.B. der Norddeutschen Affinerie, Europas größter Kupferproduzent mit Sitz in Hamburg).

Anhaltende Proteste

Ende Februar 2006 entluden sich gewalttätige Studentenproteste vor dem Hauptbürogebäude von PT Freeport Indonesia in Jakarta. Zur gleichen Zeit versuchten Polizeieinheiten, 400 „illegale“ Bergleute von den Abraumhalden zu vertreiben. Diese suchten dort nach eventuell noch anhaftendem Gold. Dabei wurden zwei Wachleute Freeports durch Pfeilschüsse verletzt.

Die Bergleute, die nichts Illegales in ihrem Tun sehen können, starteten daraufhin eine Blockade, die Freeport zwang, die Produktion vier Tage lang einzustellen. Die Einheimischen fordern einen Dialog mit dem Unternehmen. Die Vereinigte Front für den Kampf der Menschen von West-Papua geht noch weiter und fordert die Schließung der Freeport-Rio Tinto-Mine.