Fridays for Future gegen Krieg und "menschenverachtende Energiepolitik"

Nationalfarben sind bei Fridays for Future ein ungewohnter Anblick. Führende Aktive kritisieren aber weiterhin auch die Energiepolitik der Bundesregierung. Foto: FfF Hamburg

Fridays for Future will Krieg und Klimakrise zugleich bekämpfen. Aktuell geht es gegen Putins Krieg in der Ukraine, langfristig um Vermeidung von Ressourcenkriegen. Kritik an Bundesregierung und Grünen gibt es am Rande, bei Kritik an der Nato wird es brenzlig

In mehreren Städten Deutschlands und weltweit hat sich heute die Jugendbewegung Fridays for Future zu Demonstrationen gegen den Angriffskrieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin und für Solidarität mit der Ukraine versammelt.

In Hamburg war um kurz vor 12 Uhr der Andrang zur Demo auf dem Spielbudenplatz so groß, dass das Organsationsteam dazu aufrief, lieber eine S-Bahn später zu nehmen. Fridays for Future hatte in der Hansestadt dazu aufgerufen, ein Zeichen "für Frieden, für Solidarität und gegen Kriegsfinanzierung durch menschenverachtende Energiepolitik" zu setzen. In Berlin kamen nach Schätzung der Polizei zunächst 2000 bis 3000 Menschen vor dem Reichstagsgebäude zusammen. Bundesweite Teilnehmerzahlen lagen am frühen Nachmittag noch nicht vor.

"Nirgendwo, und nie wieder"

"Indem sie sich an die Seite der Ukraine stellen, zeigen die Menschen, dass sie keine Kriege mehr brauchen, die durch fossile Brennstoffe verursacht werden. Nirgendwo, und nie wieder", hatte Ilyess El Kortbi vom ukrainischen Ableger von Fridays for Future in einem internationalen Protestaufruf erklärt.

Auf Bildern der Demonstrationen in deutschen Städten waren vielfach die blau-gelbe Flagge der Ukraine sowie Friedenstauben und "Fuck Putin"-Schilder zu sehen. Es wurde aber auch Kritik an der Bundesregierung einschließlich der Grünen laut, nachdem deren Spitzenpolitiker laut über eine Verzögerung des Kohleausstiegs nachgedacht hatten, um den Verzicht auf russisches Gas zu erleichtern, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt hatte, ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung der Bundeswehr locker zu machen.

Hintertür im Koalitionsvertrag

"Wenn der politische Wille da ist, die Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro aufzurüsten, wo ist der Wille, die Energiesysteme aufzurüsten?" – Diese Frage warf kurz vor dem Start der Demonstrationen die bekannte Aktivistin Luisa Neubauer im Gespräch mit dem WDR auf. Als Mitglied der Grünen hatte sich Neubauer schon mehrfach kritisch über ihre eigene Partei und deren Koalitionsvertrag mit SPD und FDP geäußert. Darin findet sich zum Kohleausstieg die unverbindliche Formulierung, dieser solle "idealerweise" bis 2030 erfolgen.

Vor wenigen Tagen hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sich offen für längere Laufzeiten einzelner Kohlekraftwerke gezeigt. Dies könne angesichts der Klimakrise nicht die Antwort sein, erklärte Neubauer an diesem Donnerstag.

Unklar ist, wie Habecks Ministerium trotz der aktuellen Prioritäten das am Montag verkündete Vorhaben umsetzen will, die Stromversorgung in Deutschland bis 2035 "nahezu vollständig" mit Erneuerbaren Energien zu decken.

Streit um "Schuldenbremse"

In der Koalition zeichnet sich unter anderem deshalb ein Streit um die "Schuldenbremse" ab, an deren Einhaltung Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ab dem nächsten Jahr trotz zusätzlicher Rüstungsausgaben festhalten will. Die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge stellt das in Frage: "Angesichts der aktuellen Notlage kann gerade niemand seriös vorhersagen, ob die Schuldenbremse nächstes Jahr eingehalten werden kann", sagte Dröge nun dem Handelsblatt.

Ihre Partei wird der eigenen Nachwuchsorganisation Grüne Jugend jedenfalls schwer vermitteln können, warum Klimaschutz und Soziales zugunsten der Aufrüstung hintan stehen müssen. Einige Mitglieder der Grünen Jugend engagieren sich auch bei Fridays for Future oder sind mit Aktiven der Bewegung befreundet.

Zweierlei Maß?

Allerdings hielt sich die Kritik am Militarismus allgemein auf der Berliner Demonstration von Fridays for Future in engen Grenzen. Der Berliner Linke-Politiker Ferat Kocak wirft den Organisatoren Doppelmoral und sogar Rassismus vor: Sein Redebeitrag sei kurzfristig gecancelt worden, weil er als Kurde in einem Video auch die Nato und die Bombardierung kurdischer Dörfer kritisiert habe, schrieb er auf Twitter.

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