Frieren oder Schulden: Heizkostenzuschuss eher symbolisch
Der einmalige Heizkostenzuschuss der Bundesregierung entlastet arme Haushalte kaum
Sozialverbände und Verbraucherschützer warnen seit einiger Zeit: Die hohen Energiepreise belasten die ärmsten Haushalte in besonderer Weise. Die Bundesregierung hatte kürzlich einen einmaligen Heizkostenzuschuss auf den Weg gebracht, um die Kostenexplosion halbwegs abzufedern. Doch der reiche nicht aus, monieren die Verbände.
Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) stützt diese Haltung. Die Ökonomen verglichen dabei die ärmsten zehn Prozent der Haushalte mit denen, die über ein mittleres Einkommen verfügen. Die Ersten mussten 2015 etwa sechs Prozent des verfügbaren Einkommens fürs Heizen aufwenden – die anderen dagegen nur knapp drei Prozent.
Inzwischen stiegen die Preise für Erdgas, Heizöl, Sprit und Strom aber deutlich an. Die ärmsten Haushalte müssen nun, so schätzt das DIW, etwa 14 Prozent ihres Einkommens für die Heizkosten aufwenden. Auch die Haushalte mit mittlerem Einkommen müssen jetzt mehr dafür ausgeben; bei ihnen steigt die Belastung aber nur auf etwa sechs Prozent des Haushaltseinkommens.
Diese Durchschnittswerte geben allerdings nur ein ungenaues Bild wieder. Deshalb differenziert das DIW noch einmal nach dem Sanierungsstand der Gebäude. Ungedämmte Häuser verursachen in der Regel höhere Heizkosten. Gepaart mit den gestiegenen Energiepreisen entsteht noch einmal eine zusätzliche Belastung. Die durchschnittlichen Kosten könnten dann auf bis zu 203 Euro im Monat steigen, von zuletzt 119 Euro im Monat.
Von den enormen Kostensteigerungen sind viele Haushalte betroffen. Denn etwa ein Viertel der untersuchten Mehrfamilienhäuser sind in einem schlechten energetischen Zustand. Im Schnitt verbrauchten die Häuser in der Bundesrepublik ungefähr 130 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Die Werte für jenes Viertel liegen deutlich darüber, denn die Häuser sind vor allem in den Effizienzklassen F, G und H. Das heißt, dort müssen teilweise über 200 Kilowattstunden pro Quadratmeter für eine warme Stube aufgewandt werden.
Wenig Häuser mit hoher Effizienzklasse
Nur die wenigsten Häuser liegen in den Effizienzklassen A, A+ oder B. Bei ihnen wird nur ein Bruchteil der Energie benötigt. In der Effizienzklasse A sind es weniger als 50 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Aber diese drei Klassen machen nur etwa zwölf Prozent der Häuser in Deutschland aus – und einkommensschwache Menschen dürften sich das Wohnen in ihnen eher nicht leisten können. Denn die Kosten für die energetische Sanierung werden in der Regel auf die Miete aufgeschlagen.
Mit dieser Analyse bestätigt das DIW die Argumentation der Sozialverbände. Denn unterstützt wird einmal nur ein beschränkter Personenkreis, nämlich Bezieher von Wohngeld, Studenten mit Bafög und Auszubildende.
Zum anderen wird mit dem Zuschuss nur ein Bruchteil des Kostenanstiegs abgedeckt. Empfänger von Wohngeld erhalten den Plänen zufolge einmalig 135 Euro, wenn sie allein leben. Ein Paar bekommt 175 Euro und für jede weitere Person im Haushalt kommen noch einmal 35 Euro obendrauf. Alle anderen erhalten pauschal 115 Euro.
Wenn Sanierungskosten auf die Mieten aufgeschlagen werden
Auf lange Sicht solle die Bundesregierung die Wärmedämmung von Gebäuden stärker fördern, heißt es beim DIW. Der Anstieg der Heizkosten könnte so beschränkt werden. Gleichzeitig könnten auch die Kosten für die öffentlichen Haushalte gesenkt werden, wenn in Zukunft die Zuschüsse zu den Heizkosten geringer ausfallen würden.
Das DIW rät der Bundesregierung, sich in der Frage der Wärmedämmung an Frankreich und Großbritannien zu orientieren. In beiden Ländern gebe es Gesetze, die den Bewohnern einen Anspruch auf einen Mindeststandard der Wärmedämmung einräumten. Und sie schrieben vor, dass die Wohneinheiten mit dem höchsten Energieverbrauch in den kommenden Jahren energetisch saniert werden.
Die Crux an der Sache: Zwar sind nach einer Sanierung geringere Heizkosten zu erwarten; aber die Kosten für die Sanierung können auf die Miete aufgeschlagen werden. Immerhin bis zu acht Prozent der Sanierungskosten. Ob für Mieter, insbesondere für die einkommensschwachen Haushalte, dabei eine Ersparnis herauskommt, ist dabei fraglich.
Brenzliger wird es durch die Klimaschutzpläne der Bundesregierung. Im Koalitionsvertrag haben sich die drei Parteien der Ampel-Regierung darauf geeinigt, dass ab dem 1. Januar 2025 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Baufachleute interpretierten diese Vereinbarung als Quasi-Pflicht zum Einbau einer Wärmepumpe und zeigten sich erstaunt. "Das Gros des Gebäudebestands ist für Wärmepumpen schlicht nicht geeignet", sagte zum Beispiel Dietmar Walberg, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (Arge), der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Ohne große Umbauten in den Häusern würde das Heizen mit Wärmepumpen teuer. Wird aber so umgebaut, dass Wärmepumpen sinnvoll nutzbar werden, wird es aber auch teuer. Die Kosten für eine solche energetische Sanierung schätzte Walberg auf 1.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Geschosswohnbau, auf 1.500 Euro bei Einfamilienhäusern.
Einkommensschwache Personen und Familien können sich dann die Wohnungen wohl nicht mehr leisten. Insofern muss die Bundesregierung nach weiteren Möglichkeiten suchen, diesen Menschen in Zukunft das Wohnen in warmen Zimmern zu ermöglichen.
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