Fünf-Stufen-Plan für May-Nachfolge und Rummel um Boris Johnsons junge Veganerfreundin
Heute wird Theresa Mays Rücktritt wirksam - ihr Nachfolger soll bis Ende Juli feststehen
Am 24. Mai verkündete die britische Premierministerin Theresa May ihren Rücktritt als Tory-Chefin zum 7. Juni. Der ist jetzt angebrochen - und inzwischen hat sich ihre Partei auf einen Fünf-Stufen-Plan geeinigt, mit dem ihr Nachfolger bestimmt werden soll. Er beginnt nächste Woche mit einem ersten Wahlgang am Donnerstag den 13. Juni. Weitere Abstimmungen der Parlamentsabgeordneten, in denen das Bewerberfeld eingedampft wird, folgen am 18., 19. und 20. Juni.
Bei diesen Terminen entscheiden die Abgeordneten ob Boris Johnson, der ehemalige Brexit-Minister Dominic Raab, die zurückgetretene Parlamentsministerin Andrea Leadsom, der ehemalige Umweltminister Michael Gove, Ex- Arbeitsministerin Esther McVey, Ex-Gesundheitsminister Matt Hancock, Ex-Einwanderungsminister Mark Harper, Entwicklungshilfeminister Rory Stewart, Innenminister Sajid Javid, Außenminister Jeremy Hunt und der ghanaischstämmige "Brexiteer" Samuel Gyimah unter den zwei Bewerbern sein werden, die man der etwa 160.000 Mitglieder umfassenden Basis zur Briefwahlabstimmung vorlegt. Der Sieger dieser Wahl zum Vorsitzenden soll dann unmittelbar danach auch den Premierministerposten übernehmen, den Theresa May (anders als den Parteivorsitz) vorerst behält.
Favorit mit Schwächen
In den Wettbüros führt bislang eindeutig der ehemalige Londoner Bürgermeister und ehemalige Außenminister Boris Johnson. Der exzentrisch frisierte Urenkel des letzten osmanischen Innenministers hat jedoch zwei Schwachstellen:
Der erste davon kann auch eine Stärke sein: seine Wendigkeit, die ihm den Ruf einer Art von britischem Horst Seehofer einbrachte. Johnson gilt (anders als beispielsweise Jacob Rees-Mogg) als Mann bedingt fester Überzeugungen. Erst war er beispielsweise gegen einen Ausstieg Großbritanniens aus der EU, aber als schließlich eine Volksabstimmung angesetzt wurde, warb er dafür. Seine Gegner können deshalb argumentieren, dass die Wähler mit ihm nur zeitlich begrenzt wissen, was sie bekommen.
Johnsons zweiter Makel hängt in gewisser Weise mit dem ersten zusammen: Seine Schwäche für Frauen, die dazu beitrug, dass bereits zwei seiner Ehen in die Brüche gingen (vgl. Machtkampf im UK: Johnson legt nach Sex-Dossier "tote Katze auf den Tisch"). Die letzte davon scheiterte unter viel Medienbegleitung wegen einer bis jetzt andauernden Affäre mit Carrie Symonds, einer 24 Jahre jüngeren Veganerin.
Sie scheint nicht ganz ohne Einfluss auf Johnson zu sein, der nun plötzlich auf Fleisch verzichtet und für Umwelt-, Klima- und Tierschutzthemen schwärmt. Damit ist er zwar nicht der einzige Politiker aus Parteien mit eigentlich anderem Schwerpunkt, der auf der gerade blühenden Zeitgeistwiese grast - aber er könnte damit Wähler vor den Kopf stoßen, die sich von ihren Vertretern eher Verhältnismäßigkeitsprüfungen als "Visionen" erwarten.
Brexit Party übernahmebereit
Liefern das die Tories unter Johnson nicht, steht bereits eine Partei bereit, die sie ablösen will: Nigel Farages Brexit Party, die aus der Europawahl als klarer Sieger hervorging (vgl. UK: Brexit Party stärker als Labour und Tories zusammen). Den aktuellen Unterhauswahl-Umfragen nach stehen ihre Chancen dazu nicht schlecht: Bei der Mail on Sunday führt die Brexit Party mit 26 vor Labour mit 22, den Tories mit 17 und den Liberaldemokraten mit 16 Prozent. Der Observer sieht die Brexit Party mit 24 Prozent auf Platz zwei nach Labour mit 26 und vor den Tories mit 20 und den Liberaldemokraten mit 16 Prozent. Die Times sieht dagegen die Liberaldemokraten mit 24 Prozent vor der Brexit Party mit 22 und Labour und Tories mit jeweils 19 Prozent Stimmenanteil.
Sollte Mays Nachfolger ein Ausstieg aus der EU gelingen, könnte sich das schnell wieder ändern. Boris Johnson, Dominic Raab, Andrea Leadsom and Esther McVey haben wahrscheinlich nicht zuletzt deshalb fest versprochen, das Vereinigte Königreich zum 31. Oktober zu WTO-Konditionen aus der EU gleiten zu lassen, wenn sie bis dahin keinen besseren Deal mit Brüssel erzielen. Dem entgegengesetzt positioniert hat sich Michael Gove, der explizit in der EU bleiben will, wenn das nicht gelingt.
Scheidet Großbritannien zum 31. Oktober aus der EU aus, müsste sich die Brexit Party andere zugkräftige Themen suchen. Eines davon ist die Verstaatlichung von Unternehmen, die nach gut 40 Jahren Antimodendasein auch in anderen Ländern wieder in Mode zu kommen scheint. Die neue Partei argumentiert dabei - ähnlich wie Donald Trump - auch mit der Bedeutung bestimmter Industrien für die nationale Sicherheit (vgl. Amerikanische Stahl- und Aluminiumzölle sollen in zwei Wochen gelten).
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