Für Frieden in der Ukraine: USA können mit China zusammenarbeiten
- Für Frieden in der Ukraine: USA können mit China zusammenarbeiten
- Ist Washington bereit, Beijing eine größere Rolle in der Ukraine einzuräumen?
- Auf einer Seite lesen
Ändert Washington den Kurs und setzt gegenüber Beijing auf Diplomatie? Die Hürden dafür sind hoch, aber sie können überwunden werden. Was auf dem Spiel steht.
Die jüngsten Äußerungen von Außenminister Antony Blinken, in denen er eine mögliche Rolle Chinas als Vermittler im Russland-Ukraine-Krieg begrüßt, sind eine angenehme Überraschung.
Zusammen mit anderen positiven Anzeichen aus jüngster Zeit, wie dem zweitägigen Treffen zwischen dem nationalen Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, und Chinas Spitzendiplomaten Wang Yi in Wien, könnte es eine deutliche Abkehr der Biden-Regierung von der Konfrontation mit China andeuten – und wenn eine solche Abkehr eintritt, könnte ein konstruktiveres Verhältnis zwischen den USA und China der Grundstein für den Frieden in der Ukraine werden.
Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel daran, dass die US-Regierung in der Lage sein wird, gegenüber ihren erklärten Gegnern die nötige Flexibilität zu zeigen, um diese Öffnung zu verwirklichen.
Als China im Februar zum ersten Mal seine Grundsätze für den Frieden in der Ukraine bekannt gab, wurde das von der Regierung Biden – und von Blinken selbst – als Verteidigung für Russland abgetan und behauptet, China sei nicht glaubwürdig, weil es die russische Invasion nicht verurteilt habe.
Die Verachtung der Washingtons für Chinas Bemühungen folgte auf einen Trommelwirbel von Warnungen hochrangiger Biden-Beamter, dass China erwäge, Russland mit Waffen zu unterstützen – Warnungen, die möglicherweise durch den Wunsch motiviert waren, Chinas Anspruch auf Neutralität zu diskreditieren, da die USA zugaben, dass es "keine Anzeichen" für eine solche Entscheidung gebe.
Die öffentlichen Äußerungen Chinas über einen Friedensprozess für die Ukraine waren in der Tat substanzlos, vorgebracht eher in Form von Selbstverständlichkeiten, als dass man sich den enormen Schwierigkeiten der Situation gestellt hätte. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reagierte jedoch ganz anders als Biden, indem er Beijings Bemühungen vorsichtig begrüßte und Teile der erklärten Friedensgrundsätze unterstützte.
Unserer Ansicht nach war das die richtige Reaktion. Moralisch korrekte Verlautbarungen sind nicht viel wert – was in der gegenwärtigen Situation gebraucht wird, sind Anreize, um Russland an den Verhandlungstisch zu bringen, und China ist in einer guten Position, um eine solche Rolle zu spielen, wenn es sich dafür entscheidet.
Biden hat sich nicht von Selenskyj inspirieren lassen, sondern seine Reaktion entsprach vielmehr seiner allgemeinen Ausrichtung auf alle außenpolitischen Initiativen Chinas: Er versuchte öffentlich, Beijings Ziele und Beweggründe zu diskreditieren.
Das Ergebnis des Vorgehens ist, dass die Biden-Administration mit ihren Einwänden keinen Fortschritt erzielen konnten. Vielmehr wurden lediglich die Beziehungen zu China vergiftet, was Russland und China näher zusammenbrachte und die Chancen für eine produktive Zusammenarbeit zwischen den USA und China zunichtemachte.
In einem solchen Kontext sticht Blinkens ansonsten unauffällige diplomatische Geste, Chinas Bemühungen um die Ukraine zu begrüßen, als potenzieller Strategiewechsel hervor, der bedeutende neue diplomatische Möglichkeiten eröffnen könnte.
Sollte die Biden-Regierung beschlossen haben, einen neuen Kurs einzuschlagen, wird sie mit mehreren kniffligen Problemen konfrontiert werden. Das Erste betrifft die Bedingungen, unter denen Washington versuchen könnte, mit China zusammenzuarbeiten, um Frieden zu schaffen.
Laut David Ignatius von der Washington Post haben US-Beamte vorgeschlagen, dass "die Voraussetzung für solche diplomatischen Bemühungen ukrainische Erfolge auf dem Schlachtfeld wären, die Kiew in eine bessere Verhandlungsposition bringen könnten".
Diese Position ist zu einschränkend, denn alle möglichen Resultate der angekündigten ukrainischen Offensive deuten auf die Notwendigkeit von Gesprächen über einen Waffenstillstand hin, bei denen sich Chinas Hilfe als nützlich erweisen könnte.
Gelingt es der ukrainischen Offensive, die russische Stellung auf der Krim zu durchbrechen und zu gefährden, ist die Wahrscheinlichkeit einer radikalen russischen Eskalation groß. Das würde europäische Regierungen (und viele in Washington) dazu bringen, einen Waffenstillstand zu fordern, der die ukrainischen Gewinne konsolidieren könnte, ohne einen Atomkrieg zu riskieren.
Gelingt der ukrainischen Armee hingegen kein Durchbruch, sodass die Aussicht auf ein militärisches Patt auf unbestimmte Zeit besteht, könnte die Bereitschaft des Westens (und insbesondere Europas), die Ukraine weiterhin zu unterstützen, stark abnehmen und der Ruf nach einem Waffenstillstand lauter werden.