Fukushima: Mehr als eine Million Tonnen mit Tritium belastetes Wasser soll ins Meer abgeleitet werden
Die japanische Atomaufsichtsbehörde erklärt, dass schnell eine Entscheidung über das in hunderten Tanks gesammelte Wasser getroffen werden müsse und dass von Tritium keine Gefahr ausgehe
Fast sieben Jahre liegt die Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima zurück. Das Erdbeben und der dadurch ausgelöste Tsunami führte zum Ausfall der meisten Generatoren, in drei der Reaktoren trat nach Explosionen eine Kernschmelze ein. Der von der Kernschmelze betroffene Reaktor 3 in Reaktor 3 enthielt gefährliche Mischoxid-Brennelemente aus Uran- und Plutoniumdioxid. Erst im Juli des letzten Jahres war es nach mehreren gescheiterten Versuchen gelungen, mit dem Roboter Mini-Manbo ins Innere eines Reaktors zu blicken und so zu sehen, wie groß der Schaden ist.
Es handelte sich um Reaktor 3. Die Bilder des Roboters zeigten, dass der Reaktorbehälter, wie vermutet, durchgebrochen war und die geschmolzenen Brennstäbe auf dem Boden darunter wie Lava wieder erstarrten. Ähnliche Bilder erhielt man dann aus den beiden anderen Reaktoren. Nach sechs Jahren also fand die erste Analyse des Schadens statt, also nur der erste Schritt zur Bewältigung der Katastrophe.
Während noch unklar ist, was mit den drei zerstörten Reaktoren und dem hochradioaktiven Material geschehen soll, rückt allmählich das Ende einer Maßnahme heran, das sich schon lange ankündigte. Das Wasser, das man zur Kühlung der Reaktoren und Abklingbecken verwendet, täglich bis zu 200 Tonnen, verdampft nur zum Teil. Der Rest wurde und wird aufgefangen, sofern er nicht ins Grundwasser eindringt und ins Meer abläuft. Im April 2011 wurde bereits kontaminiertes Wasser aus dem Abfalllager ins Meer abgelassen, um für das stärker kontaminierte Wasser Platz zu schaffen, das zudem in Tanks gepumpt wurde. Weil die Fischer und Nachbarstaaten wie Südkorea, China und Russland sich beschwerten, wurden immer mehr Tanks auf dem AKW-Gelände errichtet.
Auch das mit endlich funktionierenden Anlagen weitgehend dekontaminierte Kühlwasser aus den Reaktoren und abgefangenes kontaminiertes Grundwasser wurde aufgrund der sonst zu erwartenden Proteste in den Tanks weiter gespeichert und nicht ins Meer abgeleitet, was immer mal wieder angedacht wurde. Das Problem, auch das gereinigte Wasser enthält weiter Tritium, das sich nur mit horrenden Kosten herausfiltern ließe.
Es ist nun abzusehen, dass keine neuen Tanks mehr im Gelände aufgestellt werden können und eine Lösung für das Problem gefunden werden muss. Schon lange wird darauf gedrungen, Bedenken beiseitezustellen (Betreiber will mit Tritium belastetes Wasser ins Meer ablassen). Die japanische Atombehörde NRA erinnerte nun daran, dass in diesem Jahr eine Entscheidung gefällt werden muss.
NRA-Chef Toyoshi Fuketa erklärte dem Bürgermeister des benachbarten Ortes Naraha, der 2011 evakuiert werden musste, es gebe ein Problem, wenn nicht bald eine Entscheidung getroffen werde, da es zwei oder drei weitere Jahre brauche, um sich auf das Einleiten ins Meer vorzubereiten. Er sprach sich für das Einleiten des Wassers ins Meer aus, von dem keine Gefahr für die Menschen ausgehe. Es sei die einzige Lösung. Auch auf die Umwelt oder auch Fische werde sich das nicht auswirken. Das sei wissenschaftlich klar.
Es handelt sich mittlerweile um mehr als 1 Million Tonnen mit Tritium kontaminiertes Wasser. 1Eigentlich ist man hier in Japan ziemlich lässig. Das in allen AKWs entstehende Tritium wird routinemäßig ins Meer abgeleitet. Pro Jahr seien dies jährlich 60 Milliarden Becquerel an Tritium. Im Fall von Fukushima wäre einfach die Menge höher. Nach dem NRA liegt die radioaktive Belastung des in den hunderten Tanks gesammelten Wassers zwischen einer und fünf Millionen Becquerel pro Liter. Ein AKW darf mit Tritium belastetes Wasser nur ablassen, wenn die Radioaktivität 60.000 Becquerel pro Liter beträgt.
Wie schädlich Tritium mit einer Halbwertszeit von 12,3 Jahren für den Menschen ist, ist umstritten. Die vom Zerfall ausgehende Beta-Strahlung ist relativ "weich", d.h. die kinetische Energie wird von Widerstand wie Wasser schnell gestoppt. Sie kann die Haut nicht durchdringen und gilt deswegen als wenig riskant.
Wenn die Tritium-Strahlung eingeatmet oder über den Mund aufgenommen wird, kann sie gefährlich werden, zumal sie im Körper, d.h. in allen Organen, gespeichert werden kann. Daher könnte Tritium, sollte es in großen Mengen ins Meer gelangen, über Fische oder anderes Meeresgetier in den Körper von Menschen gelangen. Die Fischer in der Umgebung befürchten zurecht, dass sie ihre Produkte dann kaum mehr an den Mann bringen können. Für Trinkwasser wurde in der EU ein Grenzwert für Tritium-Belastung erlassen. Die Bundesregierung erklärte 2009 hinsichtlich der möglichen Gesundheitsgefährdung durch aus AKWs stammendes Tritium in Gewässern: "Da Tritium im Gewässer chemisch als Wasser vorliegt, findet auch keine Akkumulation dieses Radionuklids im Fischfleisch statt. Die Ingestionsdosis durch den Verzehr von Süßwasserfisch entspricht der des Wassers, in dem der Fisch lebte."