Fußballweltmeisterschaft: Die Armen gewinnen gegen die Reichen
- Fußballweltmeisterschaft: Die Armen gewinnen gegen die Reichen
- "Leben, Liebe, Hingabe"
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Argentinien gewinnt das Endspiel und wird Weltmeister. Wie in einem Heldenepos wird die Mannschaft gefeiert. Betrachtungen eines außergewöhnlichen Spiels.
Der Fußball schuldet Messi den WM-Pokal.
Aus dem ARD-Bericht am ersten WM-Spieltag
Einmal ist es passiert. Einmal haben die Armen über die Reichen gesiegt. Es passiert nicht oft, aber es passiert im Fußball immerhin öfter als im richtigen Leben. Auch in dieser Erfahrung der geglückten Rebellion gegen das Establishment liegt das Geheimnis dieses Sports und seiner weltweiten Faszination. Das Ergebnis am Sonntag war eine solche Ausnahme von der Regel.
Natürlich: Lionel Messi und seine Mannschaftskollegen sind stinkreich. Sie sind Großverdiener, führen ein Luxusleben in europäischen Gated Communities und repräsentieren eine neureiche Klasse, Showstars eines globalen Showbetriebs, die immer wieder mal im Laufe ihrer Karriere unter Beweis stellen, dass sie eine Menge Bodenhaftung bereits verloren haben. Aber in Augenblicken wie diesen sind sie nahe an ihren Fans und an den Menschen, für die sie spielen.
Im Trikot der Albiceleste repräsentieren sie ein Land, das arm ist im Vergleich zu Europa, und dem es schlecht geht. Man sollte den Stolz der Argentinier nicht für Unbescheidenheit halten und nicht glauben, dass ihm nicht eine tiefe nationale Verletzung und das Wissen um die eigene prekäre Existenz zugrunde liegt. Genau das repräsentiert auch die Seleccion. Und genau das zeigte sich auch in dem Spiel in dem Finale am Sonntag: Es kann immer noch schiefgehen. Bis zum letzten Augenblick. Und immer wieder, wenn man gerade glaubt, man habe es geschafft, dann gibt es Rückschläge.
Stimmen aus einer anderen Welt
Wer die aufgelösten Gesichter sah, weinend oder auch nicht, und wer die Erklärungen der Spieler nach dem Finalsieg verfolgte, der konnte hören, wo sie herkamen: Immer wieder war die Rede von den bescheidenen Verhältnissen, aus denen sie stammten, vom Dank an die Eltern, von den Opfern, die sie gebracht hatten, von der Familie.
Es waren Stimmen aus einer anderen Welt, einer Welt, wie sie auch Europa mal gekannt hatte, aber heute nicht mehr kennt und kennen will.
Und wer in der Übertragung der ARD den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron sah, der erst zum allerersten Mal ins Bild kam, als die Franzosen in der 80. Minute der Anschlusstreffer erzielten, der sah auch, dass Macron nichts von dem verstand, was da passierte.
Kein Widerstand, der nicht überwunden werden kann
Dieser so schwer umkämpfte wie verdiente Sieg begann mit Druck und französischer Nervosität. Die Frage war, warum man es schon von den ersten Minuten an merken konnte, dass Argentiniens Stunde geschlagen hatte. Es war ein Triumph der Willenskraft. Der Überzeugung, dass der Fußballgott einem einfach den Sieg schuldete; dass es nichts gab, keinen Widerstand, kein Hindernis und keinen Rückschlag, der nicht überwunden werden könnte innerhalb der 90 Minuten.
Es war ein guter Anfang der Argentinier, die auch körperlich dagegenhielten. "Argentinien wagt viel", sagt der ARD-Kommentator Tom Bartels. Die Albiceleste war da von Anfang an, sie waren viel präsenter als die Franzosen. Eine Mannschaft gegen Einzelkämpfer.
Sie spielten eine perfekte erste Halbzeit, weil es keine Fehler gab, konnten die Franzosen auch keine Fehler ausnutzen. Und auch zu Beginn der zweiten Halbzeit gab es mehrere Angriffe, die früher oder später zu einem Tor führen würden. Der argentinische Mut hatte sich bis hierhin bezahlt gemacht.
Die Franzosen kamen erst um die 60. Minute auf. Nachdem Di Maria ausgewechselt wurde, gab es einen Bruch im argentinischen Spiel und weniger Offensivgefahr.
Dann kam, wie im ersten Maradona-Finale '86, der Gegner, hier die französische Übermannschaft noch einmal zurück. Und kurz schien alles doch noch wieder auf einen tragischen Tango hinauszulaufen.
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