Ganz großes Kino
Seite 2: Der Jubilar war verschnupft
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Schlussendlich fand die Show ohne die Anwesenheit des Jubilars statt. Allerdings nicht, weil Jebsen die vielfach geäußerten Bedenken an den teilnehmenden Künstlern teilte, sondern weil er verschnupft war, nachdem ihm aufging, dass nicht er, sondern die Veranstalterinnen, die NRhZ und die Arbeiterfotografie Köln, namentlich Annelise Fikentscher und Andreas Neumann, die erste Geige spielten.
Das erläuterte er in einem Video, das RT deutsch, der deutschen Ableger des staatlichen russischen Auslandsfernsehens RT, ausstrahlte. Dabei offenbart Jebsen ein seltsam distanziert-mechanisches Verständnis von Journalismus, distanzierte sich von allem und jedem, erklärte viel, allerdings nicht, dass er den Preis nicht annähme, sondern dass er der Veranstaltung fernbleiben werde:
Preise werden ja nicht vergeben, weil jemand gute Arbeit leistet. Das auch. Aber sie werden symbolisch vergeben. D.h., es ist wichtiger, glaube ich, derjenige, der den Preis vergibt, als der, der den Preis bekommt. (…) … Ich selber habe, ich bin seit 25 Jahren in diesem Geschäft, viele Preise auch immer bekommen, auch kollektiv, mit anderen zusammen. Den CIVIS-Preis z. B. bei der Deutschen Welle, oder auch den baden-württembergischen Hörfunkpreis. Die man sich dann ins Regal stellt. (…)
Diese Gruppe, denen gefällt deine Arbeit. Es gibt auch Gruppen, denen gefällt deine Arbeit nicht. Deswegen kriegst du von denen auch keinen Preis. Also von daher muss man immer sehen, von wem kommt das Geschenk. Und es gibt Leute, die die Gruppe, die schenkt, nicht mag. Es gibt keine neutralen Preise, möchte ich damit sagen. (…)
Ich hab mich erstmal natürlich gefreut, dass ich den Karlspreis bekommen soll, weil ich habe selber mal bei einer Karlspreis-Verleihung an Evelyn Hecht-Galinski die Laudatio gehalten. Ich kenne auch die anderen Vorgänger, die Preise bekommen haben. Deswegen habe ich mich geehrt gefühlt.
Da ist ja auch ein PEN-Club-Mitglied dabei. Da dachte ich: "Wow, die wollen mir 'nen Preis geben. Toll." Nicht, steht mir zu, sondern ich bin gar nicht auf Preise scharf. Weil die auch, das kann auch ein Klammergriff sein.
Ich hab mich natürlich erstmal gefreut. Dann ging es aber gleich am Anfang darum, dass ja auch auf so'ner Verleihung und auf so einem Event, den ich ja gar nicht mache, ich bin ja nicht der Veranstalter, ich bin der Gast, dass da verschiedene Menschen auftreten werden. Und es gab dann von Anfang an Probleme mit Gästen, die weniger journalistisch arbeiten, sondern eher musikalisch, also Künstler. So. es ging also mit der Bandbreite los. Jetzt war das Problem Gilad Atzmon.
Zwischendurch fragte man sich auch, ob unbedingt Diether Dehm, der auch Musiker ist, in irgendeiner Weise involviert sein sollte. Also, es ging dauernd um Künstler.
Und es ging immer weniger um das, worum es doch im Kern eigentlich geht: Der Preis gilt doch für eine journalistische Leistung. An mich. Stellvertretend für Ken FM, muss ich sagen. Also, ich hab gesagt: "Ok, ich nehm den Preis entgegen, wenn ich ihn stellvertretend für Ken FM nehme." Das hätte ich auch bei der Laudatio gesagt. Weil Ken FM ist eine Team-Leistung. Genau wie rt deutsch, das ist jetzt nicht Mascha alleine, sondern da sind 'ne Menge Leute dabei.
Und insofern würde ich das als Dankeschön an das Team, an die Community, an alle, die uns crowdfunden. Nach dem Motto, es wird von irgendwo gesehen und anerkannt, was wir hier seit 6 Jahren leisten.
Aber dann hat man eben versucht, über diese Künstler, die Dinge tun, mit denen ich wenig zu tun habe, ein schmutziges Licht auf den Preis und auf den Preisträger zu werfen. Nach dem Motto: "Wenn die da auf der Bühne spielen und das vorher gemacht und das vorher gesagt haben, dann meint der Preisträger wahrscheinlich dasselbe."
Das ist jetzt Kontaktschuld, ja. Vollkommen absurd. Das ist, wie wenn man einen überführten Massenmörder in einer Zeitung interviewt, dann würde man die Zeitung bezichtigen, die das Interview geführt haben, dass sie mit dem praktisch gemeinsam im Geiste dieselben Werte teilen. Niemand würde auf die Idee kommen. Aber das ist die heutige Methode, Leute aus dem Journalismus, die unabhängig sind, und darum geht es ja eigentlich, die loszuwerden, indem man irgendeinen Hebel sucht, "der hat mit dem geredet, dann ist er dessen Meinung". Und das ist ja vollkommen absurd. Man muss sich vorstellen, wir haben hier bei Ken FM in der Zeit, in der wir hier arbeiten, Tausende Interviews geführt. Ich selber habe 30-40.000 Interviews geführt.
Da war der eine oder andere auch "Schwerenöter" dabei. Das ist mein Job, mit diesen Leute zu reden. Mein Job ist nicht nur, mit Leute zu reden, die ich mag. Darum geht es gar nicht im Journalismus. Sondern mit Leuten, die relevant sind. Es geht nicht um meine Meinung bei einem Interview, sondern um die Meinung des Interviewten. Und wenn dann denen da draußen der Interviewte und dessen Meinung nicht passt, dann ist der, der interviewte, also, der die Botschaft überbringt, dann ist der der böse Bube. Vollkommener Humbug.
Das ist das, was hier im Moment abgeht. Und das wurde mir jetzt dann so zu viel, ich habe versucht zu schlichten, indem ich gesagt habe: "Wisst Ihr was? Lasst uns doch einfach mal die, auf die sich alle nicht einigen können, lasst die doch einfach als Gäste im Saal sein, die Artists."
Darauf konnten sich keine Lager einigen, weil es ging in den Lagern nur um Recht haben in seinem Lager, dass ich irgendwann gesagt habe: "Ach, dann braucht Ihr mich eigentlich zur Preisverleihung nicht, oder? Darum geht es ja schon lange nicht mehr. Es geht ja nur darum, wer das und dies und das. Macht das mal alleine." Und da hab ich mich entschlossen, ich mach vorher 'ne Demo.
Weil, das Ganze sollte ja verboten werden. Und zwar eine Demo für die Pressefreiheit an der Location selber. Also, hier Rosa-Luxemburg-Platz, vor der "Volksbühne" und der Linken und dem "Babylon". Und da lade ich 'ne Menge Leute ein, die sich zur Pressefreiheit äußern. Weil, ich hab Probleme, wenn man Pressefreiheit zensiert. Das hat Lederer getan. Er hat seine Funktion als jemand, der das Budget über das "Babylon" hat, missbraucht. Er ist ja keine Einzelperson. Darüber werden dort Leute sprechen. Und das funktioniert. Dafür bin ich verantwortlich, was dort auf der Bühne passiert.
Ich selber hätte dort auf der Bühne auch stattfinden können, finde dort auch nicht statt. Hab aber 'ne Rede vorher aufgezeichnet, weil ich diesen ganzen Personenkult nicht mag. Dann gab es ja auch zwei angekündigte Gegen-Demonstrationen, wo man nicht einmal davon ausgehen kann, dass die ungewalttätig ablaufen. Das ist mir alles zu viel.
Weil, ich hab mir gesagt, also, eigentlich ging es doch darum, was Ken FM leistet, und inzwischen müssen wir uns überlegen, ob wir genug Security an Bord haben. Und das alles in Deutschland 2017. In Mitte. In diesem Land. Das zeigt, was für ein vergiftetes Klima das ist. Und deswegen ist das wichtig, dass wir das machen.
Aber ich habe nur mit der Bühne vor dem Babylon zu tun. Was danach kommt, ich bin nicht der Veranstalter, ich nehme nicht mehr teil. Was ich schade finde, weil es haben sich viele Leute Mühe gegeben. Aber es ist vollkommen aus dem Ruder gelaufen. Und da muss man auch mal sagen, zieht man die Reißleine.
Frage Moderatorin: Wofür steht dieser spezielle Karls-Preis für Sie?
Antwort Ken Jebsen:
Dieser Kölner Karls-Preis wurde mir ja vor die Nase gehalten, und zwar ich sollte ich ihn bekommen, für engagierten Journalismus. Ken FM als Tool, als ein Werkzeug der Demokratie. Ja, und so verstehe ich das ja auch. Wenn jemand das bepreisen möchte, finde ich das gut.
Wir hätten letztendlich längst für diese Formate, die wir gemacht haben, auch längst schon einen Grimme-Preis bekommen können. Allein für "Ken FM im Gespräch" oder "Positionen". Dass wir von denen keine Preise bekommen, habe ich grad erklärt, ist ja klar. Dann müssten die ja anerkennen, was wir machen. Das hat der eine oder andere auch Seriöse auch getan. Der Medienwissenschaftler. Wir machen Programm, das ist von dem, was das Öffentlich-Rechtliche macht, was die Qualität angeht, gar nicht zu unterscheiden.
Nur bei uns treten andere Leute auf, die mal andere Meinungen vertreten, als immer nur bei "Anne Will" und den üblichen Verdächtigen. So. Und das passt halt den Mächtigen nicht, dass bei uns eben auch die anderen Stimmen zu Wort kommen. Und es ist dasselbe wie bei rt, wenn du dahin gegangen bist, dann meinst du alles, was dort gelaufen ist. Nein, die interviewen dich. Aus.
Und wenn man sich diesem Quatsch nicht beugt, nach dem Motto: "wenn du mit dem sprichst, dann gehörst du zu denen", wenn man sich dem Quatsch nicht beugt, dann wird man in den Staub getreten. Das versuchen sie bei Ken FM ja schon seit mehreren Jahren. Weil wir ein unabhängiges Medium sind.
Wir sind nicht das alternative Medium. Wir machen Presse. Die anderen machen das alternative Medium. Wir sind vollkommen unabhängig von Anzeigen-Abteilungen, weil es die bei uns gar nicht gibt. Wir sind nicht erpressbar ökonomisch über die Anzeigen-Abteilungen einiger weniger großer Player, die uns erklären, was wir bringen dürfen und was nicht. Sondern bei uns gibt es Mikro-Spenden. Und deswegen sind wir unabhängig. Und Unabhängigkeit in dieser Parteien-Schein-parlamentarischen-Demokratie, wo es mehr Hausausweise für Lobbyisten gibt als.
Diese freien Journalisten sind ein Störfaktor. Das sind wir: Ein Störfaktor. Und da sind wir inzwischen so relevant, dass man richtig auf uns einschlägt. Das ist eigentlich das Gute an der ganzen Geschichte: Dass wir sehen, wenn man so massiv, über so viele Wochen, über so viele Organe, sowohl Zeit als auch junge Welt als auch Neues Deutschland, als …, als … geschlossen, dann machen wir was richtig. Richtig richtig. Weil, es gibt keine Seite in den klassischen Medien, die uns gut findet. Weder die Konservativen, noch die Liberalen, noch die Linken. Wir machen alles richtig.
Ken Jebsen, Interview rt
Auch Jebsen fiel in der Vergangenheit immer wieder durch antisemitische Sprüche auf.
Darüber wurde im Netz viel und häufig diskutiert. Im allgemeinen weist Jebsen Kritik mit dem Argument zurück, er sei völlig falsch verstanden worden, habe das alles nicht so gemeint, es sei aus dem Zusammenhang gerissen, etc.