Garagensound in Bayern
Radiosender eröffnet Website für Nachwuchsbands
Portale mit kostenlosen MP3-Downloads noch unbekannter Bands gab es schon öfter, doch das bekannteste – MP3.com – wurde mangels Erfolg verkauft und die gespeicherte Musik verschrottet: Geld kann man so nicht machen. Auf eigenem Webspace werden unbekannte Bands dagegen selten bekannt. In Kombination mit einem bekannten Radiosender könnte es dagegen in Bayern nun klappen mit dem MP3-Portal
Antenne Bayern ist der landesweite bayrische Privatsender, der es von den Hörerzahlen durchaus mit dem öffentlich-rechtlichen Programm des Bayrischen Rundfunks aufnehmen kann. Auch wenn das Programm eher dem Mainstream entspricht und nur einige kulturelle und musikalische Spezialitäten wie die Talkshow "Die Wahrheit" mit Stefan Parrisius Montag abends (Stoppt den Dudel!) zu bieten hat, ist der Sender doch für ein landesweites Privatradioprogramm ungewöhnlich agil und bietet mit der Rockantenne als zweitem Programm, das in Augsburg auf UKW, in ganz Bayern auf DAB und in ganz Europa über Satellit zu empfangen ist, seit 1995 auch eine Alternative.
Nur mit dem Vorstellen neuer Bands haperte es bislang zumindest im Hauptprogramm Antenne Bayern, denn ein werbefinanzierter Radiosender ist auf den Mainstream und die Hörerquote angewiesen – zu schräge Musik könnte den Hörer verschrecken und zum Umschalten bringen. Mit den üblichen Hörerbefragungen lässt sich aber nicht herausfinden, wie bislang unbekannte Musik angenommen wird. Die Folge: Die Musikauswahl war eher konservativ. Da eine der sich selbst so bezeichnenden "Radiomoderatösen" des Senders, Kathie Kleff, selbst nach Feierabend zusammen mit zwei ehemaligen Kollegen zunächst in der Hausband des Senders und dann seit Mai 2003 in der natürlich erstmal völlig unbekannten Band "Life Raft" spielte, war das Problem durchaus bekannt.
Für "Life Raft" ist das Problem bereits gelöst: Aus Protest gegen Castingshows und Telefonvotings vergifteten sie den Ammersee, indem sie ihre Handys in selbigem versenkten. Ihre CD kommt auch ohne Unterstützung der Plattenindustrie und ihrer TV-Karnevalsveranstaltungen nächste Woche in die Läden – Antenne Bayern sei Dank. Allerdings kann ja nicht jeder erstmal Radiomoderatöse werden, um dann auch das eigene musikalische Getöse auf den Sender und unter die Leute zu bringen. So entstand die Idee, auf der mit rund 25 Millionen Pageviews ausgesprochen stark besuchten Senderhomepage ein Portal für Nachwuchsbands einzurichten.
Dieses nennt sich Soundgarage und hier können nun alle Nachwuchsbands, die noch keinen Plattenvertrag haben, ihre Musik als MP3 zum kostenlosen Download einspielen. Die Hörer, die sich die MP3s holen, entscheiden dann, wie gut ihnen eine Band und deren Musiktitel gefällt. Die dabei erfolgreichsten Titel kommen dann auch ohne Plattenvertrag als bereits bei den Hörern bewährte Musik auf den Sender ohne das Risiko, dass die Hörer schreiend abschalten. Auch auf Veranstaltungen des Senders können die Lieblinge der Soundgarage auftreten und kommen so gleich auch noch zu einem Gig. Also trotz nicht gänzlich neuer Ideen eine geschickte Kombination.
Entstanden war die Idee übrigens bei einem Gespräch der Sender mit Erwin Huber, bayrischer Medienminister und Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, um die Frage, wie man den Anteil deutscher und speziell bayrischer Künstler im Radio erhöhen könne. Eine Zwangsquote für deutsche Musik lehnt Huber dabei ebenso wie die Sender ab:
"Ich halte es für unsinnig, den Sendern eine Quote vorzugeben. Man sollte die Kreativität und die eigene Entscheidung der Sender und des Publikums sehen und deshalb sag ich nein zur Quote. Wir werden das auf keinen Fall unterstützen. So wahr ich Huber heiße, wird es keine Quote geben."
Huber durfte nun auch den roten Knopf zum Start der Soundgarage drücken und war prompt ganz außer sich:
"Die Soundgarage ist mehr oder weniger ein ganz moderner Trendschuppen, das hat es noch nie gegeben. Dort werden sicherlich aus vielen versteckten Talenten richtige Stars und Antenne Bayern hat ihnen den Weg dazu bereitet das ist die Idee des Jahres!"
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Bösartige Menschen könnten einwenden, dann scheine es in Bayern dieses Jahr wohl sonst nicht viele Ideen zu geben. Doch immerhin: Eine Alternative zu den mit proprietären Dateiformaten arbeitenden kostenpflichtigen Downloadportalen der Musikindustrie ist die Soundgarage auf jeden Fall und die Option, mit der eigenen Musik ins Radio zu kommen, bietet bislang keins der anderen, nichtkommerziellen MP3-Portale. Zum Start sind erst zehn Bands im Angebot der Soundgarage – es ist also noch viel Platz für neue Rock- und Poptalente.