Gasversorgung in Deutschland: Übertreibt die Bundesregierung beim LNG-Import?

Flüssigerdgas-Tanker und eine schwimmende Einheit zur Regasifizierung

Bild: Pline photo personnelle, Public domain, via Wikimedia Commons

Werden alle LNG-Terminals gebaut, bestehen erhebliche Überkapazitäten. Das geht aus einem Bericht des BMWK an den Bundestag hervor. Das sind die Gründe und die Kritiken.

Viel ist manchmal zu viel. Doch die Bundesregierung lässt sich beim Bau und der Anmietung von Terminals für den Import von Flüssiggas (LNG) nicht beirren. Wie aus einem Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervorgeht, werden erhebliche Überkapazitäten aufgebaut – aus Sicherheitsgründen, wie das Ministerium betont.

Mit den bestehenden Terminals und den geplanten Projekten bestehe ab 2027 ein Sicherheitspuffer von mehr als 30 Milliarden Kubikmetern pro Jahr, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Bericht.

"Wir preisen Risiken ein, planen zur Vorsorge mit Sicherheitspuffern, schaffen Flexibilität und handeln in europäischer Solidarität", schrieb Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in dem Papier.

Mit "europäischer Solidarität" meint er, dass einige osteuropäische Länder künftig von Deutschland mitversorgt werden könnten. In einem Szenario geht das Ministerium davon aus, dass Tschechien, die Slowakei, die Ukraine und Moldawien sowie Österreich ihren Gasbedarf über deutsche Terminals decken können. Dabei wird auch der Fall berücksichtigt, dass diese Länder ihre Klimaziele nicht erreichen.

Berücksichtigt werden aber auch ein erhöhter Gasverbrauch bei niedrigen Temperaturen sowie Ausfallzeiten für die Wartung der Infrastruktur. Die Berechnungen gehen aber auch davon aus, dass der Gasverbrauch in Deutschland nur geringfügig sinkt – um ein Prozent pro Jahr. Auf diesen prognostizierten Verbrauch werden zur Sicherheit noch einmal zehn Prozent aufgeschlagen.

Außerdem will man für den Fall gewappnet sein, dass die Pipeline aus Norwegen wegen technischer Probleme oder Sabotage ausfällt.

Die Pläne stoßen auf heftige Kritik. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Felix Banaszak erklärte etwa gegenüber dem Handelsblatt: "In den aktuellen Plänen der Bundesregierung gibt es so große Sicherheitspuffer, dass die Gefahr fossiler Überkapazitäten droht – mit großen ökologischen und ökonomischen Risiken".

Ähnlich äußerte sich auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Sie verweist in einer Stellungnahme auf eine Studie im Auftrag des BMWK, die die Gefahr von Überkapazitäten verdeutliche. Demnach würden die festen Terminals in Wilhelmshaven und Stade sowie das Großprojekt vor Rügen nicht benötigt. Sollten die deutschen Klimaziele erreicht werden, wären auch die anderen Terminals nur gering ausgelastet.

DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner macht deutlich: Fragen zur Klimawirkung der LNG-Projekte würden im Bericht gar nicht beantwortet. Stattdessen rechtfertige die Bundesregierung ihre fossilen Pläne mit allerlei hypothetischen Horrorszenarien". Es sei offensichtlich, "dass hier die Gasindustrie und das von ihr lobbyierte Bundeskanzleramt die Feder geführt haben".

Das Wirtschaftsministerium argumentiert dagegen, sollten die schwimmenden Terminals eines Tages nicht mehr für den Import benötigt werden, könnten sie auch als Frachtschiffe verchartert werden.

Außerdem sollen die Terminals an Land so gebaut werden, dass später auch klimafreundlicher Wasserstoff oder Ammoniak importiert werden kann. Ob sich diese Umrüstung wirtschaftlich realisieren lässt, ist allerdings noch fraglich.

Würden alle Terminals für den Import von LNG gebaut, könnten sie bis 2027 eine Kapazität von knapp 54 Milliarden Kubikmetern pro Jahr erreichen. Das entspräche in etwa der Kapazität der deutsch-russischen Pipeline Nord Stream 1.

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