Gaza-Krieg: Wird China seine enge Verbindung zu Israel lockern?

Benjamin Netanjahu und Xi Jinping. Bilder: Israelische Regierung / Palácio do Planalto, CC BY 2.0 Deed

Nach arabischem Aufschrei: Beijing positioniert sich stärker pro-palästinensisch. Was bedeutet das für die Kämpfe, den Handel mit Israel und die US-Dominanz in der Region?

China hat die internationale Gemeinschaft aufgerufen, die israelische Bombardierung im Gazastreifen zu beenden, während Israel seine Angriffe auf die palästinensische Enklave fortsetzt.

Die katastrophale humanitäre Situation in Gaza ist eine Aufforderung an unser menschliches Gewissen. Die internationale Gemeinschaft darf nicht zulassen, dass die Tragödie weitergeht,

… sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, vor der Presse in Beijing (Peking).

Chinas deutliches Statement zum Gaza-Krieg kommt, nachdem die israelischen Streitkräfte am Freitag einen Krankenwagenkonvoi in Gaza angegriffen haben, wie Medien berichteten.

Repräsentanten vieler einflussreicher Staaten haben in den letzten vier Wochen Israel und die Region besucht, um ihre Solidarität mit der Regierung in Tel Aviv auszudrücken. US-Präsident Joe Biden reiste nach Israel, zahlreiche hochrangige Vertreter der EU, von EU-Ländern, Großbritanniens sowie von Japan taten das Gleiche. Ägypten und Katar spielten derweil eine zentrale Rolle bei Verhandlungen rund um die Freilassung von Geiseln.

Doch Beijing hielt sich lange bedeckt. Man schickte den Nahost-Gesandten Zhai Jun vor. Aber weder Xi Jinping noch sein Außenminister Wang Yi haben die Region seit dem Ausbruch der Kämpfe besucht.

Xi rief zu einem Waffenstillstand auf, während Wang sagte, dass die Ursache des Konflikts "darin liegt, dass dem palästinensischen Volk keine Gerechtigkeit widerfahren ist" und die "kollektive Bestrafung" der Palästinenser beendet werden muss.

Die vorsichtige Herangehensweise ist nicht ungewöhnlich, wenn man bedenkt, wie sich Beijing bei früheren Gewaltausbrüchen im Israel-Palästina-Konflikt positioniert hat. Man äußerte sich meist vage, appellierte an Gewaltverzicht und forderte eine diplomatische Lösung.

Das wiederum hat damit zu tun, dass Beijing eine Balance anstrebt zwischen Israel und arabischen Akteuren in der Region. So pflegt man enge Beziehungen zu Tel Aviv, aber hält auch Verbindung zu palästinensischen und libanesischen Gruppen, einschließlich der Hamas und Hisbollah.

Jetzt könnte sich eine Neujustierung abzeichnen. So erklärt Giorgio Cafiero, Präsident der Denkfabrik State Analytics und Professor an der Georgetown University in Washington D.C. auf Responsible Statecraft:

Doch die israelische Kriegsführung drängt Beijing zu einer zunehmend pro-palästinensischen Haltung, die die Beziehungen zu Tel Aviv zu beeinträchtigen droht.

Für China sei es zentral, im Nahen Osten Stabilität herzustellen, betont Cafiero. So spiele die Region eine sehr wichtige Rolle für den Erfolg der "Gürtel- und Straße"-Initiative (BRI), die vor ernsthaften Problemen stehen würde, wenn die Region weiterhin von Kriegen heimgesucht wird.

Stabilisierung war dann auch das Ziel des Golf-Deals. Vor fast acht Monaten gelang es der chinesischen Diplomatie nach Verhandlungen, Iran und Saudi-Arabien nicht nur an einen Tisch zu bringen, sondern sogar ein Abkommen abzuschließen.

Nach sieben Jahren Eiszeit haben die beiden Länder nun ihre Beziehungen wieder zu normalisieren begonnen. Ein großer Erfolg für Beijing, wobei man die USA als die dominierende, nicht regionale Macht an die Seitenlinie schieben konnte.

Außerdem hat China über die Jahrzehnte enge wirtschaftliche Beziehungen mit Israel geknüpft. Das gilt für Bereiche wie Technologie, Infrastruktur oder Tourismus. Beim Waffenhandel gingen die Beziehungen so weit, dass die USA Tel Aviv schließlich aufforderten, diese "abzukühlen". Mit der palästinensischen Seite gibt es keinen nennenswerten wirtschaftlichen Austausch.

Allerdings wird der chinesische Handel mit Israel weit übertroffen von dem mit Saudi-Arabien und den anderen Golfstaaten. Er erreichte im Jahr 2022 ein Volumen von 106 Milliarden US-Dollar – fast doppelt so viel wie der Handel zwischen Saudi-Arabien und den USA. Dazu kommen die Ölimporte auch aus dem Iran.