Gedruckte Kunststoff-Transistoren
Ein Durchbruch in der Polymerelektronik
Forschern der TU-Chemnitz ist der Massendruck von Plastik-Transistoren geglückt. Die Bauelemente sind nicht so leistungsfähig wie Siliziumchips, dafür aber viel billiger und schneller herzustellen.
Leitfähiger Kunststoff ist auf dem Vormarsch in der Elektronik, denn er ist in vielen Mischungen ein preiswertes, flexibles, leichtes, dauerhaftes und gut zu verarbeitendes Material. Jedenfalls im Vergleich zu Silizium, dem bisher gängigen Element, das in der Verarbeitung durchaus aufwändig ist. Bisher verwendet die Elektronikindustrie vor allem Silizium, aber die hohe Leistung dieses Materials ist nicht überall nötig.
Ein Transistor aus Plastik wurde 1990 das erste Mal von Francis Garnier und Denis Fichou vom Centre National de la Recherche präsentiert. Das war die Geburtsstunde der Plastikelektronik. Inzwischen gibt es sogar integrierte Schaltkreise, die komplett aus Plastik bestehen (vgl. Polymerelektronik an der Schwelle zum praktischen Einsatz).
Die Technische Universität Chemnitz forscht schon seit längerem über Polymer Electronic Printing, um kostengünstige Elektronikprodukte aus Kunststoff zu entwickeln. Es geht weniger um wissenschaftliche Innovation als um Wirtschaftlichkeit, um Verfahren für die Massenproduktion für die Industrie. Das angestrebte Ziel der gedruckten Polymerschaltungen ist "Billig-Elektronik". Was mit Silizium nie denkbar wäre, ist mit Plastik möglich, z.B. Etiketten für Verpackungen alltäglicher Waren im Supermarkt. Denkbar sind auch elektronische Wert- oder Briefmarken. Kunststofftransistoren sind einfache und günstige Alternativen für die Massenproduktion.
Nach zweijährigem Tüfteln zusammen mit wissenschaftlichen Arbeitsgruppen der Universität Wuppertal und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus sowie mit den Konzernen Siemens, Merck und MAN-Roland gelang den Chemnitzern nun ein Durchbruch in der Polymerelektronik. Sie stellten Kunststoff-Transistoren in einem Massendruckverfahren her.
Es handelt sich um Forschung mit Marktorientierung an einer Universität und das mit Unterstützung des Bundesministerium für Bildung und Forschung, das dem Projekt 700 000 Euro zukommen ließ.
Das Neue ist die Massenproduktion. Die Forscher der TU Chemnitz können die Polymertransistoren mit einer Druckgeschwindigkeit von zwei Metern pro Sekunde herstellen. Das ist für Fertigung in der Elektronik revolutionär schnell. "Mit einer modernen Hochleistungsdruckmaschine könnte man den Jahresausstoß eines klassischen Chipherstellers in 40 Minuten produzieren", erläutert der Institutsleiter Arved Hübler.
Entscheidend bei der neuen Drucktechnik ist die hohe Präzision. Kunststoffmoleküle, die entweder leitend, halbleitend oder isolierend sind, werden in hauchfeinen Schichten mit übereinander gedruckt. Von der Konsistenz her ist das Plastik wie Tinte zu verwenden. Aber selbst wenn so hochauflösend wie möglich produziert wird, kommen die Polymertransistoren bei weitem nicht an die Leistung von Silizium heran. Die Strukturen der Leiterbahnen sind sehr viel weniger fein, im Labor an der Probe-Druckmaschine ungefähr um das 1000fache geringer. Dafür können die Mini-Chips aber in millionenfacher Auflage gedruckt werden und eignen sich hervorragend als kurzlebige Elektronik-Bauteile wie z.B. als Gepäckanhänger oder Verpackungsetiketten. Die Forscher sehen als potenziell erste praktische Anwendung die RFID-Funkchips (Radio Frequency Identification), mit Hochfrequenz lesbare Identifikationslabels, die bald die heutigen Barcodes ersetzen sollen, aber aus Datenschutzgründen schon heute umstritten sind (vgl.Wo Daten anfallen und gesammelt werden, werden Begehrlichkeiten geweckt). Sie müssten vor allem sehr billig produziert werden, man geht von weniger als einem Cent pro Stück aus, und das könnte der elektronische Polymerdruck bieten, wenn er sich bewährt. Arved Hübler ist zuversichtlich:
Die Entwicklung von Kunststoffschaltungen verläuft deshalb auch nicht in Konkurrenz zur Entwicklung neuer Chips aus Silizium, sondern eröffnet ganz neue Marktchancen.
Aber die Konkurrenz schläft nicht. Weltweit arbeiten die Labore der großen Konzerne, mit und ohne Förderung der öffentlichen Hand, an ähnlichen Verfahren. Dazu gehören Siemens (vgl. Joint-Venture für die Polymer-Elektronik und XEROX (vgl. Printed Organic Electronics).