Gefährlicher Tunnelblick auf Gesellschaft und Welt

Seite 4: Und nun das Wetter … Heute: Ein Fall für Karlsruhe? Von Wolfgang Pomrehn

Deutschland ist eines der am dichtesten mit Autobahnen durchzogenen Länder der Welt, doch das scheint immer noch nicht genug zu sein. Der Bundesverkehrswegeplan sieht bis 2030 den Bau von rund 800 weiteren Autobahnkilometern vor.

Lang sind die Zeiten eines kurzlebigen westdeutschen Ausbaumoratorium her. Heutigen Tags trauen sich nicht einmal grüne Minister der Asphaltierung der Landwirtschaft in den Weg zu stellen und lassen lieber mit massiver Polizeigewalt Wälder räumen, wie vor einem Jahr im Dannenröder Forst. (Telepolis berichtete mehrfach.)

Die Proteste im östlichen Hessen - der örtliche Widerstand gegen die dortigen Pläne reicht bis in die 1970er-Jahre zurück - gaben sozusagen den Startschuss. Inzwischen gibt es an einer ganzen Reihe geplanter Autobahnbaustellen Protestdörfer, und letzte Woche gab es auch noch Schützenhilfe von juristischer Seite.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat ein Rechtsgutachten vorgelegt, das zu einem bemerkenswerten Ergebnis kommt: Demnach verstößt der "Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen 2030 vom 23.12.2016" wegen fehlender Untersuchungen der Auswirkungen eines Teils der Projekte auf die Umwelt gegen EU-Recht.

Außerdem sei der Bedarfsplan und der ihm zugrundeliegende Bundesverkehrswegeplan verfassungswidrig. Begründung: Nach Artikel 13(1) Klimaschutzgesetz müssen die Behörden auf allen Ebenen bei ihren Vorhaben die "verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Klimaschutz" berücksichtigen. Da der Autobahnbau aber kaum mit diesen in Übereinstimmung zu bringen ist, sei es fraglich, ob "der Bedarfsplan für einzelne Fernstraßenprojekte noch eine Bindungswirkung entfalten kann".

Der BUND fordert daher von der künftigen Bundesregierung die Pläne grundlegend zu überarbeiten und Verkehr massiv auf die Schiene zu verlegen. 2022 steht eine routinemäßige Überprüfung der Planung an, und man darf nun wohl gespannt sein, ob diese gegebenenfalls vor dem Bundesverfassungsgericht landet.