"Gefangen im Geschäftsmodell": Al Gore prophezeit Untergang der Ölindustrie
Gore kritisiert Öl- und Gasindustrie scharf. Er sieht Fortschritte bei der Dekarbonisierung, aber auch Hindernisse. Warum prophezeit er Untergang der Branche?
In einem Interview mit dem US-Onlineportal Axios hat sich der ehemalige US-Vizepräsident und langjährige Umweltaktivist Al Gore verhalten optimistisch zu den Fortschritten bei der Dekarbonisierung geäußert. Er sprach auch über die Hindernisse, die einem schnelleren Fortschritt im Wege stehen.
Zwischen Hoffnung und Frustration
Al Gore betonte, dass es immer mehr Anzeichen für eine Wende hin zu sauberer Energie gebe, dass aber die notwendigen Voraussetzungen bisher nicht gegeben seien. In einem optimistischen Ton sagte er:
Die Krise verschlimmert sich immer noch schneller, als wir die Lösungen umsetzen. Aber die neue Dynamik, die sich entwickelt, nimmt weiter zu. Und es gibt Grund zu der Annahme, dass wir die Krise selbst bald einholen können.
Gleichzeitig äußerte sich Gore deutlich kritischer gegenüber der Öl- und Gasindustrie und deren Einfluss auf die Klimapolitik. Im Juli hatte er in einem TED-Vortrag seine öffentliche Haltung gegenüber der Branche verschärft.
Kritik an der Öl- und Gasindustrie
Gore argumentierte, dass die fossile Brennstoffindustrie weiterhin auf fossile Brennstoffe als Kerngeschäft setzen wolle. Er kritisierte ihre Bemühungen, sich als vielfältigere Energieakteure zu präsentieren oder über ihre Öl- und Gasabteilungen hinauszugehen, als reine Greenwashing-Taktiken und Ablenkungsmanöver. Gleichzeitig würden diese Unternehmen weiterhin politischen Einfluss ausüben und politische Hindernisse schaffen.
Trotz der immer deutlicher werdenden Auswirkungen des Klimawandels sagte Gore mit Blick auf die US-amerikanische Politik:
Die Industrie für fossile Brennstoffe hat immer noch ein gewisses Maß an Kontrolle über die konservative Bewegung, die Republikanische Partei und ihre Verbündeten in verschiedenen Sektoren. Und ich muss glauben, dass das langsam nachlässt.
Wir sind nicht weit von einem echten politischen Wendepunkt entfernt", fügte er hinzu.
Kontroverse um COP-28-Präsidentschaft
In diesem Zusammenhang kritisierte Gore die Ernennung von Sultan Ahmed al-Jaber zum designierten Präsidenten der bevorstehenden Klimakonferenz in Dubai.
Al-Jaber leitet sowohl die nationale Ölgesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate, ADNOC, als auch die Erneuerbaren Energien des Landes. Gore sieht in der Nominierung Al-Jabers ein Zeichen dafür, dass die Industrie die UN-Klimadiplomatie übernommen habe.
Aufruf zum Umdenken
Gore glaubt, dass die fossilen Energiekonzerne in ihren derzeitigen Geschäftsmodellen gefangen sind. "Es war wahrscheinlich nie realistisch zu erwarten, dass die fossile Brennstoffindustrie eine wirklich bedeutende Rolle dabei spielen würde, uns bei der Dekarbonisierung der Gesellschaft zu helfen", sagte er gegenüber Axios.
Er betonte, dass diese Unternehmen aufhören sollten, ihre Strategien als klimafreundlich darzustellen, wenn sie es in Wirklichkeit nicht seien. "Wenn man nicht helfen kann und nicht helfen will, dann tritt man eben beiseite", sagte Al Gore.