Geflügelte Boten der Klimakrise

Seite 2: Solardeckel wird gelüftet

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Hierzulande hatten sich die Berliner Koalitionäre nach langem Gezerre endlich darauf geeinigt, den sogenannten Solardeckel abzuschaffen. Bisher heißt es im Erneuerbar-Energien-Gesetz, dass bei 52 Gigawatt Schluss ist.

Mehr Solaranlagen sollen nicht gefördert werden, hatte einst die schwarz-gelbe Koalition fast zeitgleich mit der Verlängerung der AKW-Laufzeiten beschlossen. Letzteres wurde schon ein gutes halbes Jahr später wieder kassiert, nachdem es im japanischen Fukushima zur mehrfachen Reaktorschmelze gekommen war.

Doch der Solardeckel blieb und der Ausbau stößt sich inzwischen an ihm. Bisher sind Anlagen mit einer Leistung von knapp 51 GW am Netz. Die Solarbranche hatte daher letzte Woche in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde gegen diese Einschränkung eingelegt. Immerhin geht es auch um einige 10.000 Arbeitsplätze.

Nun soll am Donnerstag der Deckel aufgehoben werden. Allerdings wird es wohl Förderung zunächst nur für Anlagen bis 750 Kilowatt geben, was eher kleinere Anlagen sind. Ein richtiger Durchbruch scheint noch nicht erfolgt.

Umso schlimmer ist es da für die Branche der Erneuerbaren, dass sich die SPD im Gegenzug eine pauschale 1000-Meter-Abstandsregelung für Windkraftanlagen abringen ließ. Um jedes einzelne Wohnhaus sollen in einem Radius von 1.000 Metern neue Windkraftanlagen tabu sein.

Zum Vergleich: Das neue, zunächst an einem Ort ohne Baugenehmigung errichtete Steinkohlekraftwerk Datteln 4, steht nur 600 Meter von den nächsten Wohnhäusern entfernt. Und der Reaktordruckbehälter des AKW Brokdorf an der Unterelbe wurde nur 300 Meter vom nächsten Bauernhof gebaut.

Braunkohle überflüssig

Kaum zu glauben, dass sich die Erneuerbaren trotzdem so gut schlagen. Derzeit werden die Früchte der vergangenen Jahre eingefahren. Würde der weitere Ausbau nicht so stark behindert, könnte vermutlich 2030 schon eine 100-prozentige Versorgung mit Grünstrom erreicht sein. Braunkohle erscheint hingegen schon jetzt weitgehend überflüssig.

Seit vier Wochen tragen zum Beispiel Gaskraftwerke mehr als Braunkohlekraftwerke zur Netto-Stromversorgung im öffentlichen Netz bei, schreibt Bruno Burger vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme auf Twitter. Das habe es in Deutschland nie zuvor gegeben. Nicht einmal eine Woche lang habe Gas bisher vor der Braunkohle gelegen.

Als Grund hat Burger die niedrigen Gaspreise und die gestiegenen Preise für CO2-Emissionen ausgemacht. Meist noch größer ist der Beitrag sowohl der Wind- als auch der Solarenergie, wie man hier sehen kann. Der Anteil der erneuerbaren Energieträger zur Netto-Einspeisung ins öffentliche Netz betrug 2020 nach den von Burger gesammelten Daten bisher beachtliche 56,4 Prozent. Die Schwankungsbreite lag zwischen 20,5 Prozent am 23. Januar und 78,5 Prozent am 22. Februar.

Vermischtes

Und wieder einmal ist in der vergangenen Woche rund ums Klima und in Sachen Energiepolitik wesentlich mehr geschehen, als sich hier in der gebotenen Ausführlichkeit mitteilen ließe. Neben vielem anderen wären da die erneuten US-amerikanischen Drohungen gegen den Bau der deutsch-russischen Gaspipeline Nordstream 2 oder die Berliner Diskussionen über eine Citymaut.

Außerdem hat Deutschland nun eine Wasserstoffstrategie, und wir müssen wohl aufpassen, dass nicht auf einmal die Kohlekraftwerke wieder mehr laufen, um Wasserstoff zu erzeugen.

Für den gibt es in der Industrie einen großen Bedarf, und außerdem ist er als Speichermedium fürs Stromnetz seit längerem im Gespräch. Aber ob er tatsächlich nur aus überschüssigem Wind- oder Solarstrom erzeugt wird, dürfte wohl eher ungewiss sein. Immerhin werden die Elektrolyseanlagen zu seiner Herstellung teuer sein und nach möglichst hoher Auslastung verlangen.

Ein Blick über den atlantischen Ozean zeigt derweil die schlimme Lage am Amazonas. Dort, im Amazonasbecken, müssen sich die Waldbewohner derzeit nicht nur gegen Holzfäller und Goldgräber wehren, die von einem rechtsradikalen Präsidenten unterstützt werden, sie leiden auch besonders unter der Corona-Pandemie, die sich in ihren Reihen ausbreitet.

Das internationale Fridays-for-Future-Netzwerk hat daher zu einer Spendensammlung aufgerufen, um die Gesundheitsversorgung in Manaus, der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Amazonas, zu unterstützen. Die sei mehr oder weniger zusammengebrochen. Täglich würden dort 100 Menschen sterben.

Am Dienstag waren in dem Teilstaat knapp 57.000 Infizierte gemeldet. 2512 Menschen sind dort bereits an Covid-19 gestorben. Landesweit sind in den letzte Tagen in Brasilien nach Angaben, die unter anderem aus der brasilianischen Presse zusammen getragen wurden, täglich zwischen 500 und 1.300 Menschen an den Folgen einer Corona-Erkrankung gestorben.