Gegenangriff aus dem Islam

Mit einem Comic-Film über die Geschichte des Islam zieht man in den Kampf der Kulturen - auf der Grundlage der Hollywood-Strategie, aber mit Problemen wegen des Bilderverbots

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Geprägt wird die muslimische Kultur noch immer vom Bilderverbot. Vor allem ist aufgrund des Misstrauens in Bildern verboten, Allah und die wichtigen heiligen Persönlichkeiten darzustellen. Das betrifft selbstverständlich auch den Propheten Mohammed, was aber womöglich nicht gut in medialen Zeiten ist, in denen Gotteshäuser und Moscheen längst nicht mehr im Zentrum der Gesellschaft stehen. Das Christentum hingegen hatte es mit der Darstellung von Gott, Christus, Maria und den Heiligen seit jeher relativ leicht und konnte trotz mancher Bilderstürmer in Bildern schwelgen. Daher konnten christliche Geschichten auch in Bildern und neuerdings in Filmen weltweit zirkulieren. Jetzt durfte erstmals eine von geistlichen Experten autorisierte audiovisuelle Geschichte für das geneigte Publikum produziert werden: die Geschichte des letzten Propheten PBUH als Comic-Film. Aber das mit dem PBUH ist noch immer etwas schwierig.

Ob das Filmprojekt mit der Vorgeschichte des 11.9., dem Druck auf die arabischen Länder und dem Versuch zu tun hat, der Welt das Leben des nachprophetischen Daseins endlich nicht nur erzählen, sondern auch vor Augen führen zu können, sei dahin gestellt. Auf jeden Fall ist die arabische Welt dank des Bilderverbots, das zum letzten Mal durch die Sprengung der Skulpturen seitens der Taliban drastisch vor Augen geführt wurde (Bomben und Granaten auf Buddha), erheblich durch die westliche Kultur und deren Bilderwelt unter Druck geraten. Vor allem seit dem Fernsehen und nun auch dem Internet sind die muslimischen Menschen eingetaucht in Bilderwelten, die am Darstellungsverbot nagen. Der Comic-Film mit religiösen Inhalten könnte Exempel für den Zerfall oder die Veränderung der traditionelle Macht der Religion sein. Möglicherweise wird der Islam offener, auch was das Bild und die öffentliche Präsenz der Frauen betrifft, was selbst schon eine Revolution wäre.

Die Genehmigung für "MUHAMMAD: The Last Prophet (PBUH)" wurde bereits vor dem 11.9. an einem Tag im Jahr 1422 erteilt, was dem 20. August 2001 entspricht (PBUH heißt übrigens: Peace Be Upon Him). Und trotz der Lockerung des Bilderverbots wird verhalten vorangegangen, denn im Film darf Mohammed auch als Comic-Prophet nicht dargestellt werden. Eine schwierige Aufgabe also für einen Film über den Unabbildbaren.

Ein in Großbritannien angesiedeltes Unternehmen durfte nun den Comic-Film mit einer animierten Geschichte des Islam ohne die Hauptperson realisieren, der noch in diesem Monat in die Kinos gehen wird. Nachdem sich die Religionsexperten der ägyptischen Al Ashar Moschee, die schon seit langem Gutachten ausstellen, was den Gläubigen erlaubt und verboten ist, schließlich durchgerungen haben, die Tradition zu verabschieden und Neuland zu betreten, durfte Badr International, ganz auf der Höhe der Disney-Zeit, einen animierten Film machen. Der hat 10 Millionen Dollar gekostet und wird nun in Englisch und Arabisch in die Kinos kommen, auch mit französischen Untertiteln, um die Muslims 90 Minuten lang visuell im Glauben zu stärken und die Ungläubigen zu beeindrucken.

Die Geschichte des Propheten Mohammed (PBUH) auf faszinierende Weise der Welt zu erzählen, ist viel wichtiger als das Geld, das nötig war, um diesen Film zu realisieren. Wir sind sicher, dass der Film ein Erfolg werden wird.

Muwaffak Al Harithy, Vorstand von Badr

Geld also spielt angeblich keine Rolle für diese Geschichte, die eigentlich gar nicht die ist, die im Titel versprochen wird. Man sei sich von Anfang an klar gewesen, dass man womöglich die Investitionen nicht hereinspielen werde. Aber die Botschaft ist alles. Nicht nur glaubenstechnisch, sondern auch medial in der Qualität des Drehbuchs, der Regie, der Musik und der Animation. Geschichte wird geschrieben, der Islam auf moderne Weise erzählt. Allerdings, so Al Harithy, dürfe man den Film nicht mit einer Disney-Produktion vergleichen, die mehr als 75 Millionen Dollar kosten.

Das größte Problem sei gewesen, die Geschichte des letzten Propheten - kurz nach seinem Tod, also gewissermaßen stellvertretend durch andere, nicht ganz so heilige Personen - in nur 90 Minuten zu erzählen, also der schon ziemlich überspannten Aufmerksamkeitsdauer der Menschen anzupassen. Es gibt ja soviel über den Propheten zu berichten: "23 Jahre, die die Welt verändert haben, können nicht in solch kurzer Zeit erzählt werden." Aber man hat es doch gemacht, auf eine Weise, die "informativ und interessant" ist. Überhaupt sei die Animation eine gute Möglichkeit, islamische Geschichten darzustellen. Sie spreche Jung und Alt an, habe eine zeitlose Qualität und ziehe die Zuschauer aus ihrem Alltagsleben heraus.

Überdies sei der Film ein guter Test, ob der Markt derartige Produkte annimmt. Dann hätte Badr womöglich gute Chancen, zu einem islamischen Disney-Unternehmen zu werden, zum "wichtigsten Produzenten islamischer Unterhaltung" durch die "Kombination des Islam mit der Produktion im Hollywood-Stil". Und vielleicht darf man doch eines Tages dann selbst den PBUH zeigen, auch wenn die Chancen schlecht stehen, solange die nicht so heiligen Frauen nur mit Kopftuch oder ganz verschleiert in die Öffentlichkeit gehen dürfen. Auch diese "Bilder" scheinen einfach noch zu mächtig zu sein.