Gelbwesten: Nähe und Distanz zu Positionen von Le Pen
Seite 2: Weniger gegen Einwanderung, aber fast genauso gegen die EU
- Gelbwesten: Nähe und Distanz zu Positionen von Le Pen
- Weniger gegen Einwanderung, aber fast genauso gegen die EU
- Auf einer Seite lesen
Bei Le Monde wird anders als beim kürzeren Text von France Soir stärker hervorgehoben, dass es auch Nähen und Sympathien zu Le Pen gibt. Sehr deutlich ist das daran zu sehen, dass 39 Prozent derjenigen Befragten, die an einer Gelbwesten-Demonstration teilgenommen haben, Marine Le Pen als Kandidatin für die Präsidentschaftswahl 2022 sehen würde.
Dem wird ein 30 Prozent-Anteil der Franzosen entgegengehalten, die im Durchschnitt dafür sind, die nicht über ihre Teilnahme oder Unterstützung der Gelbwesten-Proteste definiert sind. Von den Sympathisanten der Gelbwesten sind es gar 44 Prozent die für eine Kandidatur von Marine Le Pen bei der nächsten Präsidentschaftswahl sind.
30 Prozent derjenigen, die sich als Gilets jaunes bezeichnen, glauben, dass die Rechtsnationalistin eine gute Präsidenten abgeben würde. Von den Anhängern der Gelbwesten gaben dies 28 Prozent an. Der Durchschnittswert der Franzosen liegt hier bei 19 Prozent. Hier liegen die Werte der befragten Gilets jaunes und ihrer Sympathisanten also weit darüber.
An der Befragung nahmen repräsentativ ausgewählte 1.000 Personen teil, also so viel wie beim ARD-Deutschlandtrend. Die Befragung fand zwischen dem 21. und 25. Februar statt. Von Le Monde wird sie als eine Art Barometer bezeichnet. Dieses zeigt wie gesehen unter den Gelbwesten und ihrer Unterstützer einen deutlich höheren Sympathiewert für Le Pen an als bei der übrigen Bevölkerung, aber es zeigt auch deutliche Abweichungen in einigen Punkten, die rechte Positionen markieren.
Einwanderung und Islam
Zum Beispiel bei der Frage danach, ob es zu viele Einwanderer in Frankreich gibt. Die Hälfte der "aktiven Gelbwesten" und 54 Prozent ihrer Sympathisanten waren dieser Auffassung. Im Durchschnitt sind es 44 Prozent der befragten Franzosen, die dieser Meinung zustimmten. Der Abstand zu Anhängern der Partei Le Pens ist aber recht deutlich. Dort sind 89 Prozent der Meinung, dass es zu viele Immigrés in Frankreich gibt.
Der Behauptung "Man fühlt sich nicht mehr wirklich zuhause in Frankreich" stimmen 79 Prozent der Unterstützer der Le Pen-Partei Rassemblement national (RN) zu und 72 Prozent der Wähler Le Pens. Von den befragten Gelbwesten sind es 40 Prozent. Unter ihren Anhängern sind es 46 Prozent. Der Durchschnitt liegt bei 35 Prozent.
81 Prozent der Unterstützer des Rassemblement national sind der Meinung, dass dem Islam und de Muslimen in Frankreich zu viele Rechte eingeräumt werden. Bei den aktiven Gelbwesten sind es 43 Prozent und bei ihren Unterstützern 51 Prozent. Der Durchschnitt wird hier mit 45 Prozent angegeben.
Polizei und Justiz
Nach den Erfahrungen, die die Teilnehmer von Gelbwesten-Demonstrationen mit der Polizei gemacht haben, ist es wenig erstaunlich, dass dort keine große Sympathie für eine Stärkung der Polizei; auch für die Stärkung der Justiz gibt es wenig Unterstützung.
Lediglich 31 Prozent der aktiven Gelbwesten unterstützen die Ansicht, dass die Polizei mehr Befugnisse haben sollte. Bei den Sympathisanten, die Tränengas nicht selbst erlebt haben, sind es 49 Prozent, das entspricht ungefähr dem Durchschnitt (45 Prozent), hat aber einen großen Abstand zu den Wählern von Le Pen, die mit 63 Prozent dafür sind, dass die Polizei "mehr Macht hat".
Ähnliche Abstände gibt es auch bei Fragen nach einer strengeren Justiz (60 Prozent der Gilets jaunes wären dafür, 64 Prozent im Durchschnitt und 86 Prozent der Unterstützer des RN).
EU und Euro
Eine größere Nähe zwischen Le Pen-Wählern und der Gelbwesten-Anhänger gibt es in Sachen Europäische Gemeinschaft:
Die Gelbwesten sind anscheinend noch deutlicher gegen die EU eingestellt als gegen die Einwanderung. 50 Prozent derjenigen, die an der Bewegung teilgenommen haben, stimmen der Aussage zu, dass der Aufbau Europas eine Bedrohung der Identität Frankreichs ist. Das sind 20 Prozentpunkte mehr als der Durchschnitt der befragten (31 Prozent). Bei den Unterstützern des RN waren es 70 Prozent. 40 Prozent, mehr als 17 Prozentpunkte über dem Durchschnittswert (23%), sprachen sich gegen den Euro aus und für die Rückkehr des Francs. Bei den Sympathisanten des RN waren es 56 Prozent.
Le Monde
Die kritische Haltung gegenüber dem Euro, die nicht mit rechtsnationalistisch gleichzusetzen ist, könnte man auf die wirtschaftliche Situation derjenigen zurückführen, die sich zu den Gelbwesten-Proteste an den Kreiselverkehren gestellt haben und später dann in den großen Städten auf die Straße gingen. "Das Geld reicht nicht bis zum Monatsende", hieß es am Anfang.
Man stellte die eigene Verlierersituation den Gewinnern der Wirtschaftspolitik der letzten Jahre gegenüber, die von Macron repräsentiert werden, von einer Elite, die von der EU-Politik, gekennzeichnet durch Lobby- und Konzerninteressen, in der bisherigen Form profitieren. Es geht aus dieser Perspektive mehr um Verteilungskämpfe als um Identitätspolitik, wo Ultranationalismus und Antisemitismus hübsche Plätzchen zum Gedeihen finden.
Pro Marine Le Pen?
Indessen ist Marine Le Pen ganz deutlich bemüht, ihre Nähe zu den Gelbwesten zu betonen. Von ihren 144 Vorschlägen, die sie zur letzten Präsidentschaftswahl vorgelegt habe, würden viele mit denen übereinstimmen, die als Forderungen von den Gilets jaunes erhoben werden, sagte sie in einem Interview.
Im Fazit von Le Monde heißt es dagegen, dass die "Pro-Marine Le Pen" nicht die Mehrheit bei den Gelbwesten stellen. Lediglich 36 Prozent der aktiven Gilets jaunes und 37 Prozent ihrer Sympathisanten würden die Ideen des RN gut finden.
Das sind 10 Prozent mehr als der Durchschnitt.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.